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Rabatt in der Kaskoversicherung bei Werkstattbindung

OLG Bamberg, Urteil v. 23.09.2015 – 3 U 77/15


Rabatt in der Kaskoversicherung bei Werkstattbindung

Viele Kasko-Versicherer bieten ihren Kunden einen Rabatt auf die Versicherungsprämie für ihr Fahrzeug, wenn sie im Schadensfall eine Werkstatt in Anspruch nehmen, welche die Versicherung vorschlägt. In der Regel nennen die Versicherungen in einem solchen Falle ihren Kunden mehrere Werkstätten.

Im vorliegenden Rechtsstreit ist der Kläger "ein rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen", also keine private Einzelperson. In der Klage gegen eine Versicherung geht es um den Fall, dass ein Kunde im Schadensfall sein Fahrzeug eben nicht in einer der von der Versicherung bindend vorgeschlagenen Werkstätten hat reparieren lassen. Der Vorwurf gegen die Versicherung lautet, sie habe einerseits in ihren Vertragsbedingungen erklärt, "dass bei Reparatur in einer anderen Werkstatt grundsätzlich 85% der Kosten im Falle grober Fahrlässigkeit geleistet würden", andererseits aber im gleichen Vertrag erläutert, dass "im Falle der groben Fahrlässigkeit nicht immer 85% der Kosten erstattet würden." Dies sei irreführend, so der Vorwurf gegenüber der Versicherung.

In den Augen der Versicherung liegt keine Täuschung oder Irreführung des Versicherten vor. Entscheidend sei der Begriff "grundsätzlich", der darauf verweise, dass Ausnahmen die Regel bestimmen. Hinzu komme, dass die Versicherung bei einem Erstverstoß immer 85% der Kosten übernehme.

In einem ersten Urteil vom 09.04.2015 durch das Landgericht Coburg, Az. 1 HKO 68/14, wurde der Klage recht gegeben. In diesem Urteil stand die Frage im Vordergrund, wie der Begriff 'grundsätzlich' im Zusammenhang des Versicherungsvertrages verstanden werden muss und kann. Das Gericht war der Ansicht, 'grundsätzlich' werde von einem durchschnittlichen Versicherten im Sinne von 'immer', 'ohne Ausnahme' oder 'in jedem Falle' verstanden. Demgegenüber "wiesen die Vertragsbedingungen aber die Möglichkeit auf, eine weit höhere Kürzung als 15% in Fällen der groben Fahrlässigkeit vorzunehmen."

In der Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Bamberg stand erneut der Begriff 'grundsätzlich' im Mittelpunkt der Argumentation. Die Versicherung verwies darauf, dass sich 'grundsätzlich' auf den Erstfall beziehe. Wenn ein Kunde zum ersten Mal einen entstandenen Schaden nicht in einer vertraglich vereinbarten Werkstatt beheben lässt, übernimmt die Versicherung immer und ohne Ausnahme mindestens 85% des Schadens. Erst im Wiederholungsfall kann die Versicherung diesen Anteil weiter kürzen. Wichtig ist nach Ansicht der Versicherung der Unterschied zwischen grob fahrlässig beim ersten Mal und vorsätzlich im Wiederholungsfall. Grob fahrlässig bedeutet so viel wie 'nicht mit Absicht' und 'nicht im Wissen um die Konsequenzen'. Nachdem der Kunde aber bei einem zweiten Schaden wissen sollte, dass er den Schaden in einer vertraglich vereinbarten Werkstatt beheben muss, kann man im Wiederholungsfall davon ausgehen, dass er genau wusste, was er tat, dass er also den festen Vorsatz hatte, nicht die vertraglich vereinbarte Werkstatt zu beauftragen.

Das Oberlandesgericht gibt der Versicherung recht und weist die Klage in zweiter Instanz ab. Eine Täuschung der Versicherungskunden liege nicht vor. Der Begriff 'ausnahmslos' dürfe nicht auf die Duden-Definition festgelegt werden, also im Sinne von 'ausschließlich', 'immer', 'ohne Ausnahme', 'ohne Unterschied', sondern er müsse im Zusammenhang des Vertragstextes betrachtet werden. Begründung des Oberlandesgerichts: "Denn der Einleitungssatz der Werbeaussage weist klar und deutlich darauf hin, dass die Versicherungsleistung je nach dem Grad des Verschuldens bei Auswahl der Werkstatt gekürzt oder gestrichen werden kann." Ein weiteres Argument des Gerichtes lautet, dass ein Kunde, der den Vertragstext verstehen will, sehr wohl weiß, "dass es von dem dargestellten Grundsatz auch Ausnahmen geben kann."
Auch weist das Oberlandesgericht darauf hin, dass die Versicherung mit der Zusage, im ersten Schadensfall grundsätzlich 85% der Kosten zu übernehmen, selbst wenn der Kunde sich nicht an die Vertragsbedingungen hält, damit mehr leiste, "als er gesetzlich verpflichtet wäre." Auch aus diesem Grund könne nicht von einer Täuschung des Kunden die Rede sein.
Das Urteil ist rechtskräftig, eine Revision ist nicht zugelassen.

OLG Bamberg, Urteil v. 23.09.2015 – 3 U 77/15


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