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“Rabatt auf fast alles” ohne Mitteilung der Einschränkungen wettbewerbswidrig

Oberlandesgericht München, Urteil vom 08.02.2018, Az. 6 U 403/17


“Rabatt auf fast alles” ohne Mitteilung der Einschränkungen wettbewerbswidrig

Eine Rabattaktion mit der Werbung „25 % auf fast alles“ sei wettbewerbswidrig, wenn wesentliche Informationen zu den einschränkenden Bedingungen nicht mitgeteilt werden, entschied das Oberlandesgericht München mit Urteil vom 08.02.2018. Ein Sternchenhinweis mit weiteren Einschränkungen genüge nicht. Denn es werde nicht hinreichend vermittelt, welche Waren und Produkte von der Rabattaktion ausgenommen seien. Bei einer Formulierung „fast alles“ dürften die angesprochenen Kunden erwarten, dass auch tatsächlich ein Großteil des Warenangebotes darunter falle. Erfolgten die Informationen zu den Einschränkungen erst durch die Mitarbeiter im Ladenlokal selbst, sei dies zu spät. Denn zu diesem Zeitpunkt habe der Kunde bereits den Entschluss zum Besuch des Geschäfts aufgrund der Werbung gefasst.

Wettbewerbswidrige Rabattaktion ohne Aufzählung der davon umfassten Waren?
Klägerin war ein Verbraucherschutzverein, Beklagte die Betreiberin einer Möbelhauskette. Zum Geburtstag der Beklagten veranstaltete sie eine Aktion “25 % Geburtstagsrabatt auf fast alles”, versehen mit einem Sternchenhinweis und der Einschränkung “Gültig nur bei Neuaufträgen, ausgenommen bereits reduzierte Ware und alle Angebote aus unseren Prospekten, Anzeigen und Mailings“. Die Klägerin erachtete die Rabattaktion als wettbewerbswidrig, da für den Verbraucher nicht eindeutig erkennbar sei, welche Waren von der Rabattaktion umfasst seien. Sie mahnte die Beklagte daher ab und klagte später auf Unterlassung. Das erstinstanzliche Gericht wies die Klage zunächst ab. Es befand, dass die Werbeanzeige nicht wettbewerbswidrig sei. Mit dem Sternchenhinweis sei hinreichend klar und verständlich zum Ausdruck gebracht worden, welche Artikel nicht unter den Preisnachlass fielen. Die Kunden seien somit ausreichend informiert. Die Kunden, denen die Rabattaktion nicht bekannt gewesen sei, benötigten ohnehin keine näheren Ausführungen. Hiergegen richtete sich die Klägerin mit ihrer Berufung.

Nicht unter Rabatt fallende Produkte stellen wesentliche Information dar
Das Gericht betrachtete die von der Rabattaktion ausgenommenen Waren als eine wesentliche Information, deren Umfang dem Kunden mitgeteilt werden müsse. Denn bei Preisnachlässen gehörten hierzu auch Angaben, unter welchen Bedingungen die Waren mit Preisnachlässen erworbenen werden können. Eine Rabattwerbung auf Teile des Sortiments sei für die Kunden von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung, das Einrichtungshaus wegen der Werbeaktion aufzusuchen oder gar ein beworbenes Produkt zu erwerben.

Aufzählung der nicht rabattierten Waren war zumutbar
Der Beklagten wäre es zumutbar gewesen, die Angaben zu den von der Rabattaktion ausgeschlossenen Waren in der Werbeanzeige anzugeben, so das Gericht. Denn es falle in den Risikobereich eines Werbenden, dafür Sorge zu tragen, dass sein Werbeangebot den gesetzlichen Informationspflichten entspricht. Könne aufgrund der Besonderheiten des gewählten Werbemediums der Informationspflicht nicht nachgekommen werden, müsse gegebenenfalls von der Werbung Abstand genommen werden.

Verbraucher haben einen Anspruch auf umfassende Information zur Rabattaktion
Das Gericht befand, der Kunde habe einen Anspruch auf umfassende Information zur Rabattaktion. Über wesentliche Informationen sei der Kunde zu unterrichten. Daher greife auch nicht das Argument, es bedürfe keiner gesonderten Aufzählung der von der Rabattaktion ausgenommenen Ware, da bereits die Ursprungswerbung „25 % auf fast alles“ nicht näher darauf einging. Das Informationsbedürfnis des Kunden könne nicht deswegen vermeint werden, weil die Werbung nicht mit einer unmittelbaren Kaufmöglichkeit einhergehe. Die von der Rabattwerbung angesprochenen Kunden würden bei dem Wortlaut erwarten, dass sie in den Möbelhäusern im erblichen Umfang reduzierte Möbel und sonstige Waren vorfänden.

Auch Kunden, die von der Rabattaktion nichts wissen, müssen aufgeklärt werden
Der Kunde erwarte bei einer Rabattwerbung auf „fast alles“, dass auch tatsächlich der Großteil des Warenangebots gemindert sei. In der Werbung der Beklagten werde durch den einschränkenden Sternchenhinweis nicht vermittelt, welche Waren vom Rabatt ausgenommen seien. Der Kunde müsse daher auf andere Quellen zurückgreifen, um nähere Informationen zu erhalten. Außerdem sei es lebensfremd anzunehmen, dem potentiellen Kunden seien die von der Beklagten veröffentlichten Prospekte, Anzeigen und Mailings bekannt. Daher könne auch nicht der Argumentation gefolgt werden, die Kunden, die von der  Rabattaktion nichts wüssten, hätten keine Aufklärung über die Einschränkungen des Rabattangebots nötig.

Informationen durch Mitarbeiter vor Ort nicht ausreichend
Es sei auch nicht ausreichend, wenn Mitarbeiter der Beklagten vor Ort nähere Informationen über die von der Rabattaktion betroffenen Produkte erteilen würden. Denn darin sei keine ausreichende Konkretisierung der Werbeaktion zu sehen. Die Anlockwirkung, die durch die Werbeaktion bezweckt werde, erreiche den Kunden bereits durch die Bewerbung der angekündigten Maßnahme. Wenn der Kunde – motiviert durch die Werbung - in das Ladenlokal gehe, habe er bereits eine geschäftliche Entscheidung getroffen.

Keine Fehlvorstellung erforderlich bei Irreführung durch Unterlassen
Zudem werde bei einer Irreführung durch Unterlassen eine Fehlvorstellung der angesprochenen Verkehrskreise gerade nicht vorausgesetzt, so das Gericht. Unabhängig davon liege aber eine derartige Fehlvorstellung trotzdem vor, da ein erheblicher Teil der Kunden gerade durch die Werbeanzeige zum Besuch des Einrichtungshauses veranlasst wurde. Vor Ort werde der Kunde dann aber vom Ausmaß der geltenden Einschränkungen überrascht.

Oberlandesgericht München, Urteil vom 08.02.2018, Az. 6 U 403/17

von Jana Krzewsky


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