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Rabatt-Aktion von myTaxi doch rechtskonform

OLG Stuttgart, Urteil vom 19.11.2015, Az. 2 U 88/15


Rabatt-Aktion von myTaxi doch rechtskonform

Das OLG Stuttgart hat im November 2015 entschieden, dass die vom Taxi-Vermittler „mytaxi“ über eine Handy-App angebotenen Rabatte nicht gegen das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) verstoßen. Mytaxi werde durch den Betrieb der App oder den gewährten Rabatt nicht zu einem Taxiunternehmer im Sinne des (PBefG) und unterliege daher nicht dem Rabattverbot.

Mytaxi hatte unter anderem im Raum Stuttgart damit geworben, dass Kunden für über die mytaxi-App gebuchte Taxifahrten vom App-Betreiber ein fünfzigprozentiger Preisnachlass gewährt würde. Dieser Nachlass wurde für auf elektronischem Wege bezahlte Fahrten gewährt. Im Taxi wurde der reguläre Fahrpreis berechnet, die Abrechnung mit dem Kunden erfolgte aber über mytaxi. Ein Branchenverband hatte gegen den App-Betreiber eine einstweilige Verfügung erwirkt, mit der ihm diese Praxis untersagt wurde. Ein Widerspruch gegen das Verbot blieb vor dem Landgericht Stuttgart erfolglos, weshalb das Unternehmen in die Berufung ging, die nun vom Oberlandesgericht verhandelt wurde.

Das Landgericht hatte in seinem Urteil ausgeführt, dass die in den Paragraphen 9 Abs. 3 S. 1 und 51 Abs. 5 PBefG aufgestellten Marktverhaltensregeln im Interesse der Allgemeinheit dazu dienten, ein funktionsfähiges Taxigewerbe zu erhalten. Dazu seien unter anderem Festpreise für Taxifahrten vorgeschrieben. Zwar sei der Beklagte nicht Unternehmer im Sinne des Gesetzes, er sei aber mittelbar an die dort aufgestellten Regeln gebunden. Die an das mytaxi-System angeschlossenen Taxiunternehmen treten ihre Forderungen gegenüber den Fahrgästen an mytaxi ab und erhalten von mytaxi den Fahrpreis abzüglich einer Vermittlungsprovision. Damit wird nach Ansicht des Landgerichts auch das Ausfallrisiko an mytaxi übertragen. Das beklagte Unternehmen rücke auf diese Art „in die Nähe der Stellung eines Taxiunternehmers“ und unterliege deshalb dem PBefG. Das Gesetz enthalte auch ein Umgehungsverbot, weshalb die Preisbindung auch für mytaxi gelten müsse.

Der Beklagte trug in der Begründung seiner Berufung vor, dass der Vertrag über die Taxifahrt nur zwischen dem Fahrgast und dem Taxifahrer abgeschlossen würde. Der Kunde habe nicht nur die Möglichkeit, über Kreditkarte und Paypal zu bezahlen, sondern könne die Rechnung auch in bar beim Fahrer begleichen. Eine von der Vorinstanz angenommene mittelbare Geltung des PBefG gebe es nicht, der Betreiber von mytaxi werde durch die Abtretung von Ansprüchen nicht zum Taxiunternehmen, letztendlich führe er ja keine Taxifahrten durch. Es bestehe auch keine Exklusivitätsvereinbarung zwischen mytaxi und den angeschlossenen Taxiunternehmern, diese könnten also auch auf anderem Wege – etwa über Taxizentralen – Aufträge annehmen. Das Grundgesetz verbiete zudem über den Bestimmtheitsgrundsatz und das Analogieverbot die Anwendung des Personenbeförderungsgesetzes auf Kreise, die nicht ausdrücklich seine Adressaten seien. Zudem sei dem Kunden jederzeit transparent, dass es sich bei mytaxi lediglich um den Vermittler der Fahrt handele und dass mytaxi nicht Partei des Beförderungsvertrages sei. Wettbewerblich sei die Gewährung von Rabatten ebenfalls nicht zu beanstanden. Mytaxi nehme keine Monopolstellung ein, die Aktion sei nicht geeignet gewesen, Mitbewerber aus dem Markt zu verdrängen. Die Rabattaktion sei außerdem nur über einen Zeitraum von 14 Tagen angeboten worden.

Der Verfügungskläger beantragte die Zurückweisung der Berufung und berief sich unter anderem auf die Urteilsbegründung der Vorinstanz. Der Betreiber von mytaxi unterliege dem PBefG, da seine Tätigkeit über die eines reinen Vermittlers weit hinausgehe. Für gleiche Beförderungsleistungen hätten zudem immer auch gleiche Beförderungsentgelte zu gelten.

Das OLG Stuttgart hob den Verfügungsbeschluss auf. Dabei verwies es insbesondere darauf, dass es nicht allgemein über die Zulässigkeit des Geschäftsmodells von mytaxi zu entscheiden habe, sondern über die Rechtmäßigkeit der Rabattaktion im Tarifgebiet Stuttgart. Das beklagte Unternehmen falle nicht unter die Vorgaben der Marktverhaltensregeln des PBefG. Diese Norm gelte nur für diejenigen, die gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes Personen befördern. Die von der Vorinstanz vorgenommene analoge Anwendung des Gesetzes auf mytaxi sei nicht zulässig. Vertragspartner seien nur der Taxifahrer und der Fahrgast. Aufgrund der auf elektronische Zahlungsmedien beschränkten Rabattaktion komme auch der Übernahme des Ausfallrisikos keine Bedeutung zu. Die auf 14 Tage beschränkte Rabattaktion sei nicht ohne weiteres als unlauter anzusehen, wenn nicht noch weitere Umstände dafür sprächen, derartige Umstände seien aber im Verfügungsantrag nicht aufgeführt worden. Es sei nicht Aufgabe des Gerichts, derartige Sachverhalte zu ermitteln. Deshalb könne der Antrag auf ein Verbot der Rabattaktion keinen Erfolg haben.

OLG Stuttgart, Urteil vom 19.11.2015, Az. 2 U 88/15


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