Prestigeschutz von Markenartikeln bei Discounter
Wer wundert sich nicht zuweilen darüber, dass Markenwaren oder Produkte elitärer Hersteller bei Discountern oder im Onlinehandel zu kleinen Preisen angeboten werden? Das mag den Absatz der Fabrikate steigern – kann aber ebenso das Image eines Unternehmens beeinflussen. Der Europäische Gerichtshof sprach daher im Jahre 2009 ein Grundsatzurteil, in dem die Rechte der Marken gestärkt wurden.
Allgemeines zum Vertrieb
Der folgende Fall ist lediglich dann verständlich, wenn ein kurzer Einblick in das Vertriebsnetz der Firmen vorgenommen wird. Gerade solche Designer und Konzerne, die sich an eine ausgesuchte Klientel richten, verkaufen ihr Sortiment entweder in eigenen Shops oder unter Zuhilfenahme von lizenzierten Händlern als Vertragspartner. Damit soll gewährleistet werden, dass ein luxuriöses und teures Kleidungsstück, ein Schmuckaccessoire oder ein edles Parfüm eben nicht im Supermarkt landet, sondern lediglich einem kleinen Kreis aus Käufern zur Verfügung steht. Der Hersteller bleibt also der Inhaber aller Rechte an dem Produkt und an der Marke – der Vertragshändler hingegen veräußert die Waren lediglich, besitzt aber keinerlei Einflussnahme auf diese.
Dior klagt gegen einen Discounter
In den Jahren 2008 und 2009 musste sich der Europäische Gerichtshof indes mit einem Fall befassen, bei dem das zuvor genannte Schema umgangen wurde. Der Modekonzern Dior hatte eigene Kreationen durch Vertragshändler verkaufen lassen. Dennoch fanden sich die Produkte alsbald in den Regalen des Discounters Copad wieder. Auch in der Internetpräsenz des Billiganbieters konnten Artikel von Dior erworben werden. Natürlich fürchtete das französische Unternehmen um seinen elitären Ruf – konnte sich bis dahin auf dem Rechtswege aber nicht gegen Copad durchsetzen. Denn nach herrschender Ansicht besaß Dior zwar eine juristische Handhabe gegen den Vertragshändler, nicht jedoch gegen Copad: Zwischen Copad und Dior bestand keine vertragliche Verbindung.
Ein Bruch des Vertrages
Vorliegend war es so, dass der lizenzierte Vertragshändler es nicht schaffte, alle Waren zu veräußern, die er seinerseits von Dior erworben hatte. Daher bot er sie dem Discounter an, der sie wiederum preiswert erwarb und einen guten Gewinn durch diese Transaktion generieren konnte. Und das bis dahin nach französischem Recht gar nicht einmal illegal – denn eine Vertragsbindung zwischen dem Händler und dem Discounter war nicht untersagt. Die Einflussnahme von Dior war damit verhindert. Erst der Gang vor den Europäischen Gerichtshof wendete das Blatt. Denn hier standen die Rechte Diors an den Waren im Mittelpunkt, die der Modekonzern ja nie abgegeben hatte und derer er auch nicht verlustig gegangen sein konnte.
Wurden die Waren verändert?
Dior strebte mit seiner Klage gegenüber Copad ein Unterlassen an. Copad sollte die Artikel nicht weiter veräußern dürfen. Argumentiert wurde mit der Richtlinie des europäischen Rechts 89/104/EWG. Ein weiterer Verkauf der Waren wäre demnach immer dann ausgeschlossen, wenn die Rechte Diors an ihnen erschöpft gewesen wären. Und dazu hätte es des Umstandes bedurft, dass das Sortiment durch Copad in seinem Zustand verändert oder sogar verschlechtert worden ist. Doch war es dafür nicht notwendig, dass die Produkte in ihrer materiellen Qualität beeinträchtigt wurden – es genügte bereits, dass diese nicht durch Dior oder deren Vertragshändler in den Verkauf gelangten. Der Europäische Gerichtshof bestätigte damit, dass elitäre Hersteller ihr Angebot nicht durch einen Discounter vertreiben lassen müssen.
Ein Urteil mit Folgen
Dior hatte seine Rechte an den Waren daher nicht verloren und konnte das Unterlassen gegen Copad einklagen. Der Fall sorgte für Aufsehen und erschwert es seither vielen Discountern und Onlinehändlern, luxuriöse Güter – egal welcher Herkunft – zu Ramschartikeln verkommen zu lassen. Denn bereits dadurch, dass der Discounter Copad die Waren Diors in seinen Regalen ausstellte, sank nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofes das Ansehen der Marke Dior. Doch ihr Ruf und ihre Rechte wurden durch das weitreichende Urteil gestärkt. In vergleichbaren Fällen ist nun also stets davon auszugehen, dass dem Anliegen auf Unterlassen stattgegeben wird.
EuGH, Urteil vom 23.04.2009, Az. C 59/08