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Prepaid-Nutzer können keine Schulden ansammeln

OLG Frankfurt, Urteil vom 09.01.2014, Az. 1 U 98/13


Prepaid-Nutzer können keine Schulden ansammeln

Das Oberlandesgericht Frankfurt urteilte am 09. Januar 2014, dass Nutzer von Prepaid-Mobilfunkverträgen nicht über das vorbezahlte Guthaben hinaus telefonieren und damit Schulden anhäufen können, da genau dies Kunden mit Prepaid-Verträgen vermeiden wollen.

Geklagt hatte ein Verbraucherschutzverband, der eine entsprechende Klausel in den AGB eines Mobilfunkanbieters beanstandete. Der Anbieter, der kein eigenes Netz betreibt und nur als Reseller tätig ist, verkauft über das Internet einen Prepaid-Dienst, der beim Abschluss eines Vertrages unter anderem mit den Worten "automatische Aufladung" beschrieben wird. Ruft der Kunde weitere Informationen auf, wird erklärt, dass der Vertrag es ermöglicht, das Guthaben zu überziehen. Des Weiteren kann durch Verbindungen, die verzögert abgerechnet werden, ebenfalls ein Negativsaldo entstehen. Werden diese Schulden nicht bezahlt, wird der Anschluss gesperrt, dem Kunden entstehen jedoch weiterhin Kosten für nutzungsunabhängige Dienste, wie beispielsweise für eine Flatrate.

Der Verbraucherschutzverband hielt diese Regelung für rechtswidrig und "überraschend". Kunden würden nach Auffassung der Verbraucherschützer gezielt zu Prepaid-Verträgen greifen, um bereits im Voraus alle entstehenden Kosten zu begleichen und damit ungeplante Belastungen auszuschließen. Diese Kostenkontrolle macht die Verträge vor allem für Kinder und Jugendliche attraktiv, die damit das Risiko, unbewusst hohe Kosten anzuhäufen, verringern können. Das beklagte Unternehmen verteidigte sich mit der Beschreibung des Vertrags als "Pseudo-Prepaid", das den Erwartungen der Kunden nicht entsprechen muss, da das Unternehmen die eigene Tarifstruktur frei festlegen dürfe. Des Weiteren haben es die eigentlichen Netzbetreiber dem Anbieter nicht ermöglicht, einen normalen Prepaid-Tarif mit sofortiger Verrechnung aller Kosten anzubieten. Dem Kunden, der auf die Konditionen hingewiesen würde, wäre diese Form des Vertrages bekannt. Ein Verbot des Tarifmodels würde das Unternehmen zur Umgestaltung des gesamten Abrechnungssystems zwingen, was wirtschaftlich unzumutbar ist und die Möglichkeit, das Guthaben zu überziehen sowieso einen Vorteil für den Kunden darstellt.

Das Oberlandesgericht entschied zugunsten der Verbraucherschützer. Die AGB des Unternehmens widersprachen grundsätzlich der Transparenzpflicht, die sich für die Richter aus § 307 BGB ergibt. Jegliche Nachteile, die einem Kunden durch die Regelungen der AGB entstehen, müssen so deutlich wie möglich definiert werden. Weicht, wie in diesem Fall, die Regelung weit von den Erwartungen des Durchschnittskunden ab, muss der Verbraucher entsprechend deutlicher darauf aufmerksam gemacht werden. Das Oberlandesgericht bestätigte die Meinung der Verbraucherschützer und der vorherigen Instanz, dass der Kunde in der Annahme, ein Prepaid-Vertrag würde keine nachträglichen Kosten zulassen, berechtigt ist. Die AGB, die neben den kritisierten Klauseln auch Beschreibungen von für Prepaid-Verträge üblichen Einschränkungen enthält, unterstützt diese Erwartung. Die Richter wiesen den Einwand des Unternehmens, der Kunde würde während des Vertragsabschlusses auf die Bedingungen hingewiesen, mit der Begründung zurück, dass diese Erklärung nur über eine übersehbare, weiterführende Verknüpfung erreichbar ist und dass eine solche Erklärung Teil der AGB selbst hätte sein müssen.

Auch das Argument, das Unternehmen könne im Falle der Verurteilung ihren Pseudo-Prepaid-Vertrag nicht mehr anbieten, traf auf wenig Verständnis. Die Richter verdeutlichten, dass nicht das Produkt selbst, sondern lediglich die unklare Präsentation, die sich "im Gewande eines Prepaid-Vertrages" zeigt, rechtswidrig ist. In der beanstandeten Form des Vertrages zahle der Kunde nämlich nicht die Kosten im Voraus, sondern leiste lediglich einen Vorschuss. Damit stelle der Vertragsanbieter die eigenen Interessen weit über die der Kunden.

OLG Frankfurt, Urteil vom 09.01.2014, Az. 1 U 98/13


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