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Post mit „Tap-Tags“ auf Instagram

Post mit „Tap-Tags“ auf Instagram muss als Werbung gekennzeichnet werden


Post mit „Tap-Tags“ auf Instagram

Mit Urteil vom 21.03.2019, Az. 13 O 38/18 KfH entschied das Landgericht Karlsruhe, dass ein Influencer seine Instagram-Posts, in welchen er sog. „Tap-Tags“ (anklickbare Schilder, die erst erkennbar werden, wenn das Bild einmal angeklickt ist) verwendet, deutlich als Werbung kennzeichnen muss. Grund hierfür sei, dass derart gestaltete Beiträge geschäftliche Handlungen darstellen und die angesprochene Zielgruppe den Umständen aufgrund ihres Alters nicht unmittelbar entnehmen kann, dass es sich hierbei um Werbung handelt.

Posts mit „Tap-Tags“ auf Instagram
Die Entscheidung beschäftigt sich erneut mit unzulässiger Schleichwerbung einer Influencerin mit über vier Millionen Follower (Beklagte) auf Instagram. Streitgegenständlich waren drei Posts auf deren Business Account, welche von einem eingetragenen Verein (Kläger), zu dessen Aufgaben die Einhaltung der Regeln des unlauteren Wettbewerbs gehört, beanstandet worden waren.
Der erste Post zeigte die Beklagte vor einem Hotel in Paris. Die von ihr in das Foto integrierten „Tap Tags“ bezogen sich dabei auf drei verschiedene Marken-Accounts. Auf dem Bild des zweiten Beitrags war ebenfalls die Influencerin oberhalb von Ischgl im Schnee zu sehen. Die diesbezüglich verwendeten Tags machten wiederum auf drei Marken-Accounts aufmerksam, zudem enthielt der Begleittext des Bildes neben Bemerkungen zum Wetter eine Empfehlung für ein Hotel in Ischgl. Auch in dem dritten in Rede stehenden Post war die Influencerin selbst zu sehen. Sie stand in einer Gewerbehalle, der zugehörige Text handelte von Bedeutung und Wert des Scheiterns. Zusätzlich war der Beitrag mit einem Marken-Tag versehen.

Kläger warf der Beklagten Schleichwerbung vor
In allen drei Fällen fehlte bei der Veröffentlichung der Hinweis darauf, dass es sich bei den besagten Posts um Werbung handelt. Diesen Umstand nahm der Kläger zum Anlass, der Beklagten eine unzulässige getarnte Werbung gemäß § 5a Abs. 6 UWG vorzuwerfen. Nach dem Vorbringen des Klägers erwecke die Beklagte den Eindruck, privat tätig zu sein, während sie in Wirklichkeit jedoch kommerzielle Werbung betreibe. Derartige müsse von ihr aber als solche kenntlich gemacht werden.

Beklagte bestritt Charakter der geschäftlichen Handlung
Die Beklagte wehrte sich gegen die Vorwürfe des Klägers, indem sie behauptete, ihren Instagram-Account vorwiegend kommerziell zu nutzen und dieser Umstand auch ohne weiteres für die Nutzer erkennbar sei. Darüber hinaus bestritt sie den Charakter der von ihr gesetzten „Tap-Tags“ als geschäftliche Handlung im Sinne des UWG. Ihrer Ansicht nach entscheide der jeweilige Nutzer, ob er das Bild bzw. die Tags anklicke, sodass eine ihrerseits vorgenommene geschäftliche Handlung klar ausscheide. Ebenso berief sie sich auf den Aspekt, dass die streitigen Verlinkungen dazu dienen, den häufigen Fragen ihrer Follower nach der Herkunft der abgebildeten Gegenstände vorzubeugen.

Landgericht gab der Klage statt
Das Landgericht Karlsruhe entschied allerdings zu Ungunsten der Beklagten und sprach dem Kläger den begehrten Unterlassungsanspruch aufgrund eines unlauteren Verhaltens der Beklagten gemäß § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 6, § 3, § 5a Abs. 6 UWG zu.

Schleichwerbung als Täuschung über den werblichen Charakter
Nach der Vorschrift des § 5a Abs. 6 UWG handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich diese nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Es sei nach den Ausführungen des Gerichts somit verboten, eine Werbebotschaft in ein scheinbar objektives und neutrales Gewand zu hüllen, da ansonsten über den werblichen Charakter der Aussage getäuscht werde.

Sind die Posts eine geschäftliche Handlungen nach dem UWG?
Voraussetzung für den vom Kläger begehrten Anspruch war insbesondere die Qualifizierung der besagten Posts als geschäftliche Handlungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Hiernach definiere sich eine solche als jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrages über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt.

Beklagte förderte eigenes und fremdes Unternehmen
Das Landgericht qualifizierte alle drei streitigen Beiträge als geschäftliche Handlung. Dies lasse sich daran festmachen, dass die Veröffentlichungen einerseits der Förderung fremder Unternehmen dienen, schließlich soll durch die Produktpräsentation das Interesse an der Marke und somit der Absatz der Waren gesteigert sowie das Image des beworbenen Herstellers hervorgehoben werden. Andererseits fördere die Influencerin durch die Posts aber auch ihr eigenes Unternehmen, schließlich erweise sich ihr Account als Business Account. Unerheblich für die Beurteilung einer geschäftlichen Handlung sei, ob die Beklagte für die fraglichen Posts ein Entgelt erhalten habe.

Influencer-Werbung vermischt Privates und Geschäftliches
Das Vorbringen der Beklagten, dass sie durch die Vorgehensweise Nachfragen ihrer Abonnenten, wie in etwa „Woher hast du das Kleid?“ zuvorkommen möchte, stehe dem verfolgten geschäftlichen Zweck nach Ansicht des Gerichts nicht entgegen. Auch der phasenweise private Charakter des Accounts, welcher beispielsweise durch Verweise auf die Mutter der Influencerin oder ihren Urlaub unterstrichen werde, ändere nichts an dem Vorliegen einer geschäftlichen Handlung, so das Landgericht weiter. Es sei schließlich gerade das Wesen von Influencer-Werbung, dass die in der Öffentlichkeit stehende Person immer zugleich an ihrem Image und ihrer Authentizität arbeitet und nicht als bloßes Model agiert, sondern vielmehr als Mensch und Freundin, um den Abonnenten das Gefühl einer Community zu eröffnen. Poste eine solche Person nämlich nur noch Werbung, setze sie ihre Nähe zur Gemeinschaft sowie ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel. Zusätzlich gestehe die Beklagte den vorwiegend kommerziellen Zweck ihres Auftretens ausdrücklich zu; nach eigenen Angaben werde sie im Jahresdurchschnitt für ca. 50 % ihrer Posts bezahlt.

Insbesondere dritter Post kein redaktioneller Beitrag
Insbesondere der dritte Beitrag, der sich von den anderen beiden dadurch abgehoben habe, dass der beigefügte Text nicht der Werbung diente, lasse sich in Abgrenzung zur geschäftlichen Handlung nicht als redaktioneller Beitrag einstufen. Das Gericht hielt diesbezüglich fest, dass der verwendete „Tap-Tag“ und die Inhalte des Accounts, zu dem der gesetzte Link führte, gerade keinen erkennbaren Bezug zu dem Text- und Bildbeitrag der Beklagten aufgewiesen habe. Das Setzen des Tags habe lediglich die Neugier des Besuchers und die Erwartung, durch einen Klick Weiteres erfahren zu können, bezweckt. Der Post diene somit nicht allein, zumindest aber auch nicht vorrangig der Information und Meinungsbildung seiner Adressaten.

Beiträge nicht als Werbung kenntlich gemacht
Im Weiteren führte das Gericht an, dass die Beklagte den kommerziellen Zweck ihrer geschäftlichen Handlung weder in noch über oder unter dem jeweiligen Foto oder im zugehörigen Begleittext kenntlich gemacht hat, obwohl dies aufgrund des jungen Alters ihrer Hauptnutzergruppe der 16- 24-Jährigen erforderlich gewesen wäre. Da sich jener ebenfalls nicht unmittelbar aus den Umständen ergäbe, der Werbecharakter also beim bloßen Betrachten des Bildes nicht „ins Auge falle“, könne der Beklagten auch keine Entbehrlichkeit der Werbekenntlichmachung zugestanden werden. Das Gericht hob weiterhin hervor, dass der kommerzielle Zweck den Nutzern gerade nicht schon deswegen einleuchten müsse, weil jeder, der einen Beitrag anklicke, dessen Urheber über vier Millionen Follower habe, wisse, dass er es mit einem Influencer zu tun hat, oder weil kostenlose Internetdienste meist durch Werbung finanziert werden würden. Diesbezüglich spiele laut Gericht auch eine Rolle, dass die Beklagte private Inhalte mit werblichen mische, die Erkennbarkeit von Werbung also gezielt reduziere.

Nichtkenntlichmachung als Werbung erhöht Klicks
Zuletzt führte das Gericht aus, dass sich aufgrund der mangelnden Kennzeichnung der Beiträge als Werbung die Wahrscheinlichkeit erhöhe, dass Nutzer dem gegenständlichen Posts überhaupt Beachtung schenken, weil von vornherein erkennbare Werbung grundsätzlich eher abschreckend wirke. Irrelevant sei nach Ansicht der Kammer, ob das konkret beworbene Produkt im Folgenden auf der Seite des Drittunternehmers überhaupt noch erhältlich sei. Es sei nämlich gerade typisch für eine Influencer-Werbung, dass „nur“ die Marke und das Image des Herstellers beworben werden, sich aber dies bereits mittelbar auf die Absatzsteigerung auswirken könne. Zuletzt stellte das Landgericht fest, dass das ausgesprochene Verbot die Beklagte entgegen deren Ansicht nicht in ihrer Meinungs- und Medienfreiheit verletzt, schließlich werde ihr dadurch keine Werbung als solche untersagt, vielmehr müsse sie diese lediglich als derartige kennzeichnen.

Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 21.03.2019, Az. 13 O 38/18 KfH

von Sabrina Schmidbaur, Dipl.Jur.-Univ.


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