Ping-Anrufe sind Betrug
Das Oberlandesgericht (OLG) in Oldenburg hat mit seinem Beschluss vom 20.08.2010 unter dem Aktenzeichen 1 Ws 371/10 entschieden, dass ein so genannter Ping-Anruf, mit dem Ziel, den Rückruf bei einer Mehrwertnummer zu erzeugen, als Betrug geahndet werden kann.
Damit gab das OLG der sofortigen Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen einen Beschluss des Landgerichts Osnabrück statt, insoweit mit ihm die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt worden ist. Die Hauptverhandlung werde nunmehr zugelassen, wenn ein hinreichender Tatverdacht gegen die Angeschuldigten besteht.
Gegenstand der Anklage ist das "Anpingen", dem sich die Angeschuldigten schuldig gemacht haben sollen. Es handelt sich dabei um ein kurzes Anwählen mit einmaligem Klingeln und Hinterlassen einer Nummer, die zu einem Mehrwertdienst gehört. Dies geschieht unter Vortäuschung eines dringenden Kommunikationswunsches einer anderen Person. Der Angerufene werde dazu gebracht, die Mehrwertdienstenummer anzuwählen, die mit einer kurzen Ansage an den Anrufer reagiert und 98 Cent berechnet. Die Angeschuldigte R habe, nachdem der Angeschuldigte T zur Verschleierung auch gegenüber dem Netzbetreiber eine Internetseite hat einrichten lassen, auf der zum Zweck einer Abstimmung auf die Mehrwertdienstenummer hingewiesen worden ist, unter Kenntnis des Tatplanes in der Erwartung, dafür entlohnt zu werden, Werbebanner auf anderen Webseiten mit Hinweis auf die vom Angeschuldigten T eingerichtete Homepage platziert.
Das LG hat die Eröffnung eines Hauptverfahrens abgelehnt, da es seiner Ansicht nach an einer Täuschungshandlung gefehlt habe. Es spreche nichts für die Annahme, der Ping-Anruf täusche ein wichtiges Kommunikationsanliegen vor. Ein solcher Anruf bestehe nur aus einer kurzen Verbindungsherstellung mit Hinterlassen einer Rufnummer. Selbst wenn daraus geschlossen werden könne, dass er Rückruf erwünscht war, liege darin ja keine Täuschung. Dass ein bestimmter Vorgang zu einem Irrtum führe, reiche nicht als Begründung eines Betrugstatbestandes. Es spreche dafür auch die neue Fassung des Telekommunikationsgesetzes (TKG), nach der es nicht mehr gestattet ist, bei einem Werbeanruf die Telefonnummer zu unterdrücken.
Dieser Auffassung schließt sich das OLG Oldenburg jedoch nicht an. Seiner Ansicht nach gibt es hinreichende Verdachtsmomente für einen Betrugstatbestand. Denn es sei zu knapp 800000 Rückrufen gekommen, die einen entsprechenden Gewinn einkehrten. Zu einer Auszahlung sei es jedoch nicht gekommen, weil die Bundesnetzagentur eine Abschaltung der Nummern sowie ein Rechnungslegungsverbot angeordnet habe.
Die Angeschuldigte R habe um die geplante Ping-Aktion gewusst und hat auf die Veranlassung des O einen Hinweisbanner platziert und sich hierfür eine Entlohnung erhofft.
Aus der Neuregelung des TKG lasse sich auch nicht schließen, die Übermittlung der Rufnummer erschöpfe sich lediglich in der Identifizierungsmöglichkeit des Anrufenden. Vielmehr gehe es dabei auch um das Verhindern missbräuchlicher Nutzung von Telekommunikationsdiensten. Durch den Ping-Anruf sei ein nicht vorhandener Wunsch nach Kommunikation als ein vorhandener vorgetäuscht worden.
Denn der Anruf werde dann zur Täuschung, wenn er geeignet ist, in die Irre zu führen und dies planmäßig erfolgt um unter dem Schein formal verkehrsgerechten Verhaltens eine Schädigung des Adressaten herbeizuführen. Es liege eine Täuschung auch deshalb vor, wenn Adressaten durch einen Aufmerksamkeitsmangel irren und irren sollen. Dies sei hier der Fall. Ausdrücklich habe dies der Angeschuldigte T auch eingeräumt, indem er erklärt habe,
zur Weihnachtszeit und zum Jahreswechsel seien die Leute bereit, auf Botschaften zu antworten. Die Angerufenen sollten durch die Anrufe zu einer Vermögensverfügung veranlasst werden. Dem stehe nicht entgegen, dass eventuell einzelne von ihnen aus reiner Neugier den Rückruf tätigen würden.
Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg, Beschluss vom 20.08.2010, Aktenzeichen 1 Ws 371/10