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Persönlichkeitsrechte prominenter Persönlichkeiten

Kammergericht Berlin, Urteil vom 06.02.2012, Az.: 10 U 50/11


Persönlichkeitsrechte prominenter Persönlichkeiten

Das Kammergericht Berlin hat entschieden, dass auch bekannte Persönlichkeiten mit Leitbildfunktion ein Recht auf Privatsphäre haben. Die Medien sind in ihrer Wort- und Bildberichterstattung in dem Moment eingeschränkt, wo ihre Tätigkeit gegen das Persönlichkeitsrecht einer prominenten Persönlichkeit verstößt.

Der Kläger ist eine prominente Persönlichkeit, der gegen eine Wort-/Bildberichterstattung der Beklagten vorgeht. Abgebildet waren sein Anwesen und eine Fotomontage, die ihn und seinen Vater zeigt. Darüber hinaus wurde die Frage erörtert, ob der Prominente seinen Vater mit in die neue Immobilie einziehen lassen würde. Damit handelt es sich um einen Eingriff in die geschützte Privatsphäre des Klägers, die die Beziehung zwischen Vater und Sohn thematisiert. Die privaten Verhältnisse sind nicht von übergeordnetem Interesse für die Öffentlichkeit. Dem Kläger steht jedoch nicht zu, die komplette Berichterstattung untersagen zu lassen. Es handelt sich um eine Teilbarkeit der angegriffenen Berichterstattung. Eine Berichterstattung über den Kläger ist grundsätzlich nicht rechtswidrig, solange sie nicht seine Privatsphäre verletzt. Diese Teilbarkeit erkennt der Kläger an.

Demnach muss er unterschiedliche Wahrnehmungen seiner öffentlichen Person auch in Form von Berichterstattungen hinnehmen. Der streitgegenständliche Bericht behandelt jedoch nicht die Diskrepanz zwischen der Außendarstellung des prominenten Klägers und dessen tatsächlichen Lebensverhältnissen, sondern lediglich das Verhältnis zu seinem Vater, einem Harz IV-Empfänger mit einer Wohnung in einem Plattenbau. Zudem stellt die Beklagte reine Spekulationen darüber an, ob der Kläger bereit sein wird, seinen Vater in diese neue Immobilie mit einziehen zu lassen oder nicht. Diese Spekulationen gehen über die übliche Berichterstattung hinaus. Das Gericht geht davon aus, dass der durchschnittliche Leser als Zielgruppe dieser Berichterstattung nicht grundsätzlich mit der öffentlichen Darstellung des Klägers aufgrund früherer Berichterstattungen vertraut ist. Die Richter stellen alleine auf den streitgegenständlichen Artikel der Beklagten und seine Wirkung ab. Die Beklagte berichtet nicht von „sozial berichtenswerten Umständen“. Die rechtliche Verpflichtung des Klägers zum Unterhalt für seinen Vater ist nicht Gegenstand der Berichterstattung. Der Beklagten geht es ausschließlich darum, das familiäre Zerwürfnis und die unterschiedlichen sozialen Lebensbedingungen des Klägers und seines Vaters darzustellen. Zudem stellt die Berichterstattung den Kläger als Ursache für diesen familiären Konflikt und die sozialen Missstände seines Vater dar, ohne nähere Kenntnisse um die tatsächlichen Umstände anzuführen.

Dem Kläger bleibt nur übrig, seine Sicht der Dinge darzustellen. Um diese Darstellung vorzunehmen, müsste er lange zurückliegende und sehr private Lebensumstände offenlegen, was jedoch unzumutbar ist. Der Kläger muss die Berichterstattung auch nicht hinsichtlich seiner Leitfunktion in der Öffentlichkeit und dem Gesichtspunkt der „Selbstöffnung“ hinnehmen. Eine Selbstöffnung liegt nur dann vor, wenn eine prominente Persönlichkeit Umstände, die ihren privaten Bereich treffen, freiwillig öffentlich macht. In diesem Fall kann sich der Betreffende jedoch nicht mehr auf einen öffentlichkeitsabgewandten Schutz der Privatsphäre berufen. Eine derartige Selbstöffnung liegt bei dem Kläger nicht vor, und es ist auch nicht erkennbar, dass er sich in der Vergangenheit zu den streitgegenständlichen Lebensverhältnissen geäußert hat.

Nicht hinnehmen muss der Kläger die exakte Beschreibung und Abbildung seines Wohnortes. Der Bericht beschreibt nicht nur den Standort des Anwesens, sondern viele Details wie Kaufpreis, Zimmeranzahl, Quadratmeteranzahl und sonstige Ausstattung. Dem Kläger steht gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der erneuten Verbreitung der Aufnahme seines Anwesens zu. Die Aufnahme des Anwesens ist dazu geeignet, Schaulustige anzuziehen und das Privatleben des Klägers in der streitgegenständlichen Immobilie nachhaltig einzuschränken. Die Anonymität wird unter Nennung des Namens und des Standortes aufgehoben. Eine Verletzung der Privatsphäre liegt auch dann vor, wenn die Aufnahme lediglich die Außenansicht des Grundstückes und Gebäudes von einer allgemein zugänglichen Seite zeigt.

Das Gericht hat die gebotene Abwägung gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG mit den Rechten der Beklagten gemäß Art. 5 GG vorgenommen und kommt zu dem Entschluss, dass die Interessen des Klägers auf geschützte Privatsphäre die Rechte der Beklagten auf freie Berichterstattung und Meinungsäußerung überwiegt.

Kammergericht Berlin, Urteil vom 06.02.2012, Az.: 10 U 50/11


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