Parkplatzklau unter Taxi-Betreibern ist Wettbewerbsbehinderung
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat am 06.03.2014 zum Aktenzeichen 6 U 246/13 ein Urteil in einem wettbewerbsrechtlichen Berufungsverfahren verkündet. Geklagt hatte ein zur gemeinsamen, gewerblichen Interessenvertretung gegründeter Zusammenschluss mehrerer Taxiunternehmen, der auch als Vermieter von Taxenstellplätzen auftritt. Der Beklagte war ein Taxifahrer, der bei einem der durch die Klägerin vertretenen Unternehmen beschäftigt war.
Der Kläger stellt den Taxiunternehmen gegen Entgeltzahlung Stellflächen als Warteparkplätze zur Verfügung, die sich auf einem in Privatbesitz stehenden Gelände in Flughafennähe befinden. Der Kläger hat die Flächen von den Grundstückseigentümern selbst gemietet und ist diesen gegenüber dazu befugt, die Stellplätze jeweils gegen Zahlung an die Taxiunternehmen weiter zu geben.
Das Taxiunternehmen, bei dem der Beklagte beschäftigt war, hatte vom Kläger Stellplätze gemietet.
Neben der Zahlung einer Mietgebühr verlangte der Kläger von den Nutzern seiner Standflächen den Erwerb sogenannter „X-Karten“ für die jeweiligen Taxifahrer. Diese Berechtigungskarten gab der Kläger selbst aus. Dabei erhob er eine Gebühr und machte die Ausstellung davon abhängig, dass der Fahrer eine Prüfung ablegt. Der Beklagte war nicht im Besitz einer solchen „X-Karte“.
Als der Beklagte trotzdem einen der vom Kläger zur Verfügung gestellten Parkplätze dazu nutzte, sich und das von ihm genutzte Taxi potentiellen Fahrgästen zum Dienst anzubieten, sah der Kläger dies als eine rechtswidrige Behinderung anderer Taxifahrer an, die von ihren Unternehmen mit der „X-Karte“ ausgestattet worden waren und denen der unbefugt parkende Beklagte einen Stellplatz wegnahm. Der Kläger sah darin eine gezielte Behinderung anderer Wettbewerber, die nach § 4 Nr.10 UWG wettbewerbswidrig wäre.
Das zunächst angerufene Landgericht hatte den vom Kläger geltend gemachten Unterlassungsanspruch zunächst zurückgewiesen. Die vom Kläger daraufhin eingereichte Berufung führte zur Entscheidung durch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main. Der 6.Senat des Oberlandesgerichts gab der Berufung statt und erließ die vom Kläger begehrte Unterlassungsverfügung.
Die Richter des 6.Senats am Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschieden, dass der Mieter von Stellplätzen auf Privatgelände, das zur öffentlichen Nutzung freigegeben ist, die Nutzungsbedingungen bei Erlaubnis zur Weitervermietung selbst festlegen kann. Eine Widmung für den öffentlichen Verkehr wird nicht allein durch die tatsächliche Freigabe eines privaten Grundstücks bewirkt, sondern muss durch Verwaltungsakt vorgenommen werden. Fehlt die Widmung, handelt es sich nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes lediglich um „tatsächlich-öffentliche“ Flächen. Hier gilt zwar die Straßenverkehrsordnung, es gibt jedoch keinen allgemeinen öffentlichen Nutzungsanspruch, auf den sich der Nutzer eines Taxenstellplatzes dem Mieter dieser Plätze gegenüber berufen kann. Der Beklagte, der, ohne die Voraussetzungen, die der Kläger für die Nutzung der Stellplätze bestimmt hat, zu erfüllen, einen solchen Platz belegt hatte, hat sich diesbezüglich wettbewerbswidrig verhalten. Er hat die in § 4 Nr. 10 UWG beschriebene wettbewerbswidrige Handlung, nämlich das gezielte Behindern eines Mitbewerbers, verwirklicht, indem er einem anderen, zur Nutzung des Platzes berechtigten, Taxifahrer die Möglichkeit nahm, den Stellplatz zu nutzen, um seine Fahrdienste den dort vorbeikommenden möglichen Kunden anzubieten. Er hat den Vorteil des günstigen Stellplatzes genutzt, ohne dazu berechtigt gewesen zu sein.
Der Unterlassungsanspruch richtet sich direkt gegen den Handelnden, also gegen den Taxifahrer, nicht gegen das Unternehmen, das ihn beschäftigt hat. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der begünstigende Effekt des wettbewerbswidrigen Handelns eigentlich nicht beim Beklagten, sondern bei seinem Arbeitgeber eintritt. Der Vorteil besteht darin, dass der Beklagte einem Mitbewerber Fahrgäste abwerben kann, obwohl dessen Arbeitgeber mit höherem finanziellen Aufwand ein Recht, den besonders günstig gelegenen Stellplatz zu nutzen, erworben hatte. Der Erwerb der X-Karte für den Fahrer war nämlich mit Kosten verbunden, die vom jeweiligen Unternehmer aufgewendet werden mussten, bevor der Kläger die Zugangskarte ausstellte. Ohne inhaltliche Bewertung der Voraussetzungen, die für den Erwerb der X-Karte vorliegen mussten, liegt wettbewerbsrechtlich eine Benachteiligung vor, wenn ein Mitbewerber ohne X-Karte die für Mitbewerber mit X-Karte reservierten Vorteile für sich in Anspruch nimmt.
OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 06.03.2014, Aktenzeichen 6 U 246/13