Online-Portal muss Kündigung per Email akzeptieren
Das Oberlandesgericht München hat am 09.10.2014 ein unter dem Aktenzeichen 29 U 857/14 geführtes Berufungsverfahren durch Verkündung eines Urteils entschieden. Gestritten worden war über die Geltung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die von den Betreibern einer Online-Plattform verwendet worden waren.
Geklagt hatte der „Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände“, ein in Form eines eingetragenen Vereins organisierter Vertreter kollektiver Verbraucherinteressen. Der Kläger war auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der in Form einer GmbH organisierten Betreiberin einer Dating-Plattform im Internet aufmerksam geworden. Wer die Mitgliedschaft auf dieser Plattform kündigen wollte, der wurde durch eine Klausel dazu angehalten, seine entsprechende Erklärung „in Schriftform“, aber nicht per E-Mail abzugeben. Die Kündigung in elektronischer Form wurde ausgeschlossen.
Nach der Ansicht des Klägers verletzte diese Klausel berechtigte Verbraucherinteressen und verstieß gegen die Verbraucherschutzrichtlinien, die im BGB gesetzlich festgeschrieben sind. Nachdem die Beklagte auf die zunächst ausgesprochene Abmahnung des Klägers nicht in gewünschter Weise reagiert hatte, reichte der Kläger bei dem Landgericht München I Klage ein. Die Richter am Landgericht gaben dem Kläger Recht und verkündeten ein antragsgemäßes Urteil. Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung bei dem Oberlandesgericht München ein.
Auch das Oberlandesgericht entschied im Sinne des Klägers und wies die Berufung kostenpflichtig zurück.
In ihrer Urteilsbegründung wiesen die Richter des 29. Senats am Oberlandesgericht München darauf hin, dass es zulässig ist, für die Kündigung von Mitgliedschaften in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Schriftform zu vereinbaren. Allerdings dürfe die Kündigung in Schriftform dem Verbraucher nicht zusätzlich erschwert werden. Dies sei jedoch dann der Fall, wenn bestimmte, gesetzlich anerkannte Varianten der Schriftform durch eine besondere Klausel ausgeschlossen werden würden.
Die elektronische Form ist in Deutschland als gleichwertige Ausführungsweise der Schriftform anerkannt. Das ergibt sich aus den Regelungen in den §§ 126 BGB und 127 BGB. Als Voraussetzung für die elektronische Schriftform definiert der Gesetzgeber in § 126 a BGB, das das elektronisch übermittelte Schriftstück seinen Aussteller durch Anfügen einer qualifizierten Signatur erkennen lassen muss. Diese qualifizierte, elektronische Signatur steht dann der eigenhändigen Unterschrift unter einem auf herkömmlichem Wege übermittelten Schriftstück gleich.
Grundsätzlich steht es den Vertragsparteien bei einem Vertragsabschluss frei, zu vereinbaren, in welcher Form eine mögliche Kündigung des Vertragsverhältnisses erfolgen soll. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn einer der Vertragspartner ein Unternehmer und der andere ein Verbraucher ist. Will der Unternehmer einseitig durch Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die für eine große Anzahl von Verträgen vorformuliert wurden, eine Beschränkung von Formvorgaben durchsetzen, muss er die Verbraucherschutzbestimmungen, die in den §§ 305 ff BGB festgeschrieben sind, beachten. Eine im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendete Klausel kann gemäß § 309 Ziffer 13 BGB dann unwirksam sein, wenn sie für den Fall einer Vertragskündigung durch den Verbraucher eine Regelung vorsieht, die strenger ist als das Schriftformerfordernis.
Die Richter am Oberlandesgericht München haben in ihrer Urteilsbegründung festgestellt, dass der Ausschluss der Möglichkeit, eine Mitgliedschaft auf einer Internet-Plattform per E-Mail zu kündigen, solch eine Verschärfung des Schriftformerfordernisses darstellt. Sie haben die entsprechende Klausel in den von der Beklagten verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen deshalb für unwirksam erklärt. Wenn die im BGB für den elektronischen Schriftverkehr vorgesehenen Formvorschriften eingehalten werden, muss der Kunde die Möglichkeit haben, seine Mitgliedschaft auch durch die Übersendung einer E-Mail aufzukündigen. Diese Entscheidung ist nachvollziehbar, weil nach dem Stand der Technik auch der elektronische Schriftverkehr ausreichende Sicherheit dafür bietet, den Aussteller zu identifizieren. Darüber hinaus wäre es unbillig, wenn eine Vertragsbindung an eine Online-Plattform zwar elektronisch eingegangen, aber nicht wieder gekündigt werden könnte.
OLG München, Urteil vom 09.10.2014, Aktenzeichen 29 U 857/14