Online-Händler muss keine Telefonnummer angeben
Mit Urteil vom 08.07.2016 hat das Oberlandesgericht Köln unter dem Aktenzeichen 6 U 180/15 bestätigt, dass der Betreiber eines Online-Shops den fernabsatzrechtlichen Informationspflichten auch dann genügen würde, wenn er die technischen Möglichkeiten zu einer schnellen Kontaktaufnahme realisieren würde. Hierfür könne bereits eine E-Mail-Adresse genügen; Angaben von Telefon- oder Faxnummer seien nicht notwendig.
Sachverhalt und Verfahrensgang
Die Beklagte betreibt unter amazon.de einen Onlineshop. Verbrauchern, die in diesem Shop eine Bestellvorgang starten, erscheint eine Seite mit dem Verweis "kontaktieren Sie uns". Wird dieser Verweis angeklickt, erscheint eine Seite mit diversen anderen Optionen zur Kontaktaufnahme. U.a. erscheint der Verweis "rufen Sie uns an". Beim Anklicken dieser Seite öffnet sich eine weitere Seite, die u.a. auf "allgemeine Hilfenummern" verweist. Über diesen Verweis gelangt der Verbraucher an Telefonnummern der Beklagten. Das Impressum der Beklagten enthält weder eine Telefon- noch eine Faxnummer. Dies monierte ein Dachverband von u. a. 16 Verbraucherzentralen und sah darin einen Verstoß gegen die Vorschrift des 312d Abs. 1 i. V. m. Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EGBGB. Dieser vertrat die Auffassung, dass die Beklagte Telefon- und Faxnummer angeben müsse. Der Verweis auf einen Rückrufservice sei nicht ausreichend. Die Klägerin reichte daher unter dem Aktenzeichen 33 O 233/14 Klage beim Landgericht Köln ein. Nachdem das Landgericht Köln die Klage abgewiesen hatte, ging die Klägerin vor dem Oberlandesgericht Köln in die Berufung.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln
Das Oberlandesgericht Köln wies die Berufung zurück. Im Wesentlichen argumentierte das Berufungsgericht mit der Vorschrift der Richtlinie 2011/83/EU, die Regelungen zu den fernabsatzrechtlichen Informationspflichten beinhaltet. Diese müssten durch Bundesrecht, hier durch Art. 246a EGBGB umgesetzt werden. Nach Art. 246a EGBGB müsse zwar zwingend die Telefonnummer angegeben werden und lediglich "gegebenenfalls" Telefaxnummer und E-Mail-Adresse. Anders jedoch die Vorschrift des Art. 6 Abs.1 der Richtlinie 2011/83/EU. Das Berufungsgericht stützt sich im Rahmen seiner rechtlichen Argumentation vorwiegende auf den Wortlaut dieser Verbraucherrichtlinie. Diese sieht nämlich im Gegensatz zu Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EGBGB gerade nicht die Verpflichtung vor, eine Telefonnummer anzugeben. Allerdings enthält die europarechtliche Verbraucherrichtlinie dafür das "Erfordernis einer schnellen Kontaktaufnahme und einer effizienten Kommunikation". Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Köln bedeute dies allerdings nicht zwingend die Angabe einer Telefonnummer. Letztendlich stellte sich das Oberlandesgericht Köln auf den Standpunkt, dass nach einer Verbraucherrichtlinie wie Art. 6 Abs.1 der Richtlinie 2011/83/EU, welche vorrangig eine zügige Kontaktaufnahme und eine schnelle Kommunikation mit dem Unternehmer ermöglichen solle, die Angabe einer Telefonnummer fakultativ sei. Vor dem Hintergrund des Art. 6 Abs.1 der Richtlinie 2011/83/EU erfolgte eine insoweit einschränkende Auslegung des Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EGBGB. Sofern ein Unternehmer also ausreichende Möglichkeiten zu einer zügigen und effizienten Kontaktaufnahme geschaffen hat, bedarf es der Angabe einer Telefonnummer nicht mehr. Da die Beklagte diesen Anforderungen Genüge getan hatte, indem sie u. a. mit ihrem Rückrufsystem eine zügige Kontaktaufnahme und eine effiziente Kommunikation ermöglicht hatte, liegt somit kein Verstoß gegen den richtlinienkonform ausgelegten Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EGBGB vor. Somit hat das Oberlandesgericht Köln die Berufung mit einer nachvollziehbaren und tragfähigen Argumentation zurückgewiesen. Die Entscheidung OLG Köln, Urteil vom 08.07.2016, Az. 6 U 180/15 ist somit ein Beispiel für eine nachvollziehbare richtlinienkonforme Auslegung deutscher Rechtsvorschriften im Sinne des Verbraucherschutzes.
OLG Köln, Urteil vom 08.07.2016, Az. 6 U 180/15