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OLG Köln: Grundpreis muss auch Gratis-Flaschen mit einbeziehen

OLG Köln (Aktenzeichen 6 U 174/11): Grundpreis muss auch Gratis-Flaschen mit einbeziehen


Ende Juni hatte das Oberlandesgericht Köln mit seinem Urteil vom 29.06.2012 (Aktenzeichen 6 U 174/11) über einen Fall zu entscheiden, bei dem die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e.V. gegen einen Getränkehändler vorgehen wollte, der bei der Berechnung des Literpreises der betroffenen Softdrinks den Inhalt zweier Gratis-Flaschen mit einrechnete.

Rechtliche Grundlagen

Verbraucherzentralen, die in Deutschland die Rechtsform eingetragener Vereine haben, sollen die Rechte der Verbraucher gegenüber Unternehmern stärken und gegebenenfalls durchsetzen. Insbesondere im Bereich der Wettbewerbsverstöße sind die Verbraucher selbst nämlich nicht direkt abmahn- oder klagebefugt. Einen Wettbewerbsverstoß nahm die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e.V. auch in vorliegendem Fall an.
Ihre Klage stützte sie daher auf das Verbot irreführender Werbung aus §5 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb), Anhang Nr. 21 zu §3 UWG sowie §2 PAngV (Preisangabenverordnung).
§5 I Nr. 2 UWG verbietet einem Unternehmer, irreführende geschäftliche Handlungen vorzunehmen, die über den Preis des Produktes täuschen sollen. Darunter können auch wahre Angaben fallen, wenn sie dazu geeignet und bestimmt sind, in irgendeiner Weise über den Preis zu täuschen.
Der Anhang Nr. 21 zu §3 UWG normiert das Verbot, Waren als „gratis“ zu bezeichnen, wenn dafür in Wirklichkeit, wenn auch nur indirekt, bezahlt werden muss.
Die Preisangabenverordnung regelt in ihrem § 2, dass ein Händler neben dem Endpreis des Produktes auch dessen Grundpreis angeben muss, also den Preis der Ware pro Liter, Kilogramm, etc. Dieser muss bereits die Umsatzsteuer enthalten.

Urteil des OLG Köln vom 29. Juni 2012 (Az.: 6 U 174/11)

Oben genannte Gesetze sah die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e.V. durch einen bekannten Getränkegroßhändler verletzt. Dieser bot 12er- Kisten mit gemischten Softdrinks (Cola, Fanta,…) an, zu denen es jeweils zwei Flaschen gratis geben sollte. Ausgeschildert wurden die Aktionskästen mit einem Litergrundpreis von 57 Cent, was allerdings dem Durchschnittsliterpreis von 14 Flaschen entsprach und nicht den in einem Kasten üblichen 12, welcher ansonsten 67 Cent betragen hätte.
Dies sah die Organisation als für den Verbraucher irreführend an, da dieser laut ihr davon ausgehen müsste, dass es bei dem Grundpreis die „Gratis“-Flaschen nicht miteingerechnet wären. Zudem dürften nach §2 der Preisangabenverordnung keine Gratisflaschen mit eingerechnet werden, da diese dann nicht mehr umsonst seien.
Die Richter des Oberlandesgericht folgten dieser Argumentation jedoch nicht und entschieden somit auch abweichend vom vorausgehenden Urteil des Landgerichts (Az.: 84 O 91/11).
Das OLG entschied zu Gunsten des Händlers mit der Begründung, dass dieser den Grundpreis nicht nur inklusive der zwei Bonusflaschen berechnen durfte, sondern vielmehr sogar musste.
Damit ein Kunde den Literpreis der Getränke mit dem anderer Hersteller vergleichen könne, müsse er wissen, wie viel der Liter im Ergebnis kostet und dies waren in vorliegendem Fall eben 57 Cent. Hätte der Händler den Grundpreis ohne die Gratis-Flaschen ermittelt, so hätte ein Verbraucher diese umständlich selbst miteinrechnen müssen, um herauszufinden, wie viel er für einen Liter der Softdrinks tatsächlich bezahlen muss.
Das OLG wies somit die Klage der Verbraucherzentrale ab und legte dieser die Kosten in Höhe von mehr als 30.000 Euro auf.
Höchstrichterlich wurde ein solcher Fall bislang noch nicht entschieden, eine Revision ist daher zugelassen.

Bewertung und Fazit

Das Urteil erscheint zwar auf den ersten Blick unfair, da Gratis-Produkte im Gesamtpreis angegeben werden müssen, letztlich ist genau dies aber zwingend notwendig, damit ein Verbraucher Waren sinnvoll vergleichen kann. Sonst bestünde die Gefahr, dass verschiedene Hersteller oder Händler durch unterschiedliche Bonus-Angebote den richtigen Preis eines Produktes verschleiern könnten und eine Vergleichsmöglichkeit, wie sie die Preisangabenverordnung verlangt, nicht mehr gegeben wäre.

Generell sollten Verbraucher sich nicht von vermeintlichen Angeboten täuschen lassen, sondern die Grundpreise vergleichen. Mit diesen hat der Gesetzgeber ihnen nämlich einen großen Gefallen getan und viel Kopfrechenarbeit erspart.
Wer sich dennoch als Kunde von einem Angebot getäuscht oder irregeführt fühlt, kann zwar nicht persönlich gegen den Händler vorgehen, seinen Verdacht aber bei der jeweils zuständigen Verbraucherzentrale anzeigen, die dann von sich aus tätig wird.


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