OLG Düsseldorf zu Optiker-Empfehlungen durch Augenärzte
Die Berufsordnung der nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte (BOÄ NRW) verbietet in § 31 Abs. 2 die Empfehlung bestimmter Anbieter von gesundheitlichen Leistungen ohne einen hinreichenden Grund. Dass ein Zuwiderhandeln gegen diese Vorschrift einen Verstoß gegen § 4 Nr. 11 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) darstellt, hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem Urteil vom 19. März 2013 festgestellt (Az. I-20 U 41/42). Diese Beschränkung sei auch im Hinblick auf die verfassungsmäßig garantierte Berufsfreiheit im Sinne von Artikel 12 zulässig. Denn sie diene in verhältnismäßiger Weise dem Schutz der Bevölkerung vor Beeinflussung ohne sachlichen Grund und vor einer Gefährdung der medizinischen Versorgung. Dies gelte insbesondere dann, wenn sich ein Arzt bei Empfehlungen in erster Linie von geschäftlichen Gesichtspunkten leiten ließe.
Im konkreten Fall hatten die Düsseldorfer Richter darüber zu entscheiden, ob ein Augenarzt, der zugleich als Augenoptiker tätig ist, seinen Kunden die Abgabe der vom ihm selbst ermittelten Refraktionswerte mit der Begründung verweigern dürfe, diese Werte würden zum Kauf einer Korrektionsbrille in einem anderen Optiker-Geschäft verwendet. Zudem entschied das Gericht darüber, ob es dem Beklagten in seiner Eigenschaft als Augenarzt verboten werden dürfe, einem Patienten sein eigenes Augenoptikergeschäft zur weiteren Brillenversorgung zu empfehlen, ohne dass der Patient ihn gebeten habe, eine Empfehlung auszusprechen.
Ein vom Augenarztpatienten als „Brillenrezept” wahrgenommenes Papier, das die Refraktionswerte des Patienten enthält, spiele für den Patienten eine wichtige Rolle, so das Oberlandesgericht in der Begründung. Es werde aus Patientensicht durchaus als Beeinträchtigung aufgefasst, wenn die Ausgabe dieses Schriftstücks mit der Begründung verweigert wird, dass die Refraktionswerte in einem anderen Optikergeschäft vorgelegt werden sollen. Es sei eine verbreitete Verkehrserwartung, dass ein Augenoptiker den Patienten nach der Untersuchung mit einem „Brillenrezept” entlasse, das der Patient einem Augenoptiker seiner Wahl zur Anpassung einer individuellen Brille vorlegen könne. Zur Vermeidung einer unangemessenen Einflussnahme hätte der Augenarzt nach Auffassung des Gerichts seine Patienten deshalb schon vor der Behandlung darauf hinweisen müssen, dass sie das betreffende Papier nur dann ausgehändigt bekommen, wenn sie damit kein anderes Augenoptiker-Geschäft als das von ihm selbst betriebene aufsuchen.
Auch die unaufgeforderte Empfehlung des eigenen Augenoptikergeschäfts stelle eine unzulässige Beeinflussung des Patienten dar. Das Verhalten des Augenarztes sei nicht durch die Berufsfreiheit gemäß Art. 12 des Grundgesetzes gedeckt, weil der Schutz der Verbraucher vor einer unsachgemäßen Beeinflussung in diesem Fall als ausschlaggebend zu beurteilen sei. Weder werde die Berufsfreiheit durch die Norm der BOÄ NRW als solche verletzt, noch durch die Anwendung der Norm im konkreten Einzelfall. Dabei wiesen die Düsseldorfer Richter ausdrücklich darauf hin, dass Empfehlungen auf einen geäußerten Wunsch des Patienten hin durchaus zulässig seien. Dies hatte bereits der Bundesgerichtshof festgestellt (BGH, GRUR 2011, 345 Tz. 24).
Das OLG Düsseldorf gab dem Kläger daher in vollem Umfang Recht und sprach ihm einen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch zu, der sich aus § 8 UWG ergibt. Der Verstoß gegen die Regelung der Berufsordnung stelle eine Vorschrift dar, die auch dazu bestimmt sei, „im Interesse der Marktteilnehmer das Markverhalten zu regeln” (§ 31 Abs. 2 BOÄ NRW, vor dem 1. Mai 2012 § 34 Abs. 5 BOÄ NRW, § 4 Nr. 11 UWG). Dem beklagten Augenarzt fielen demnach Handlungen zur Last, die nach § 3 Abs. 1 UWG unzulässig seien.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.03.2013, Az. I-20 U 41/12