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Nichterhebung der Umsatzsteuer kein Wettbewerbsverstoß

OLG München, Urteil vom 15.03.2003, Aktenzeichen 29 U 1703/03


Nichterhebung der Umsatzsteuer kein Wettbewerbsverstoß

Durch Urteil vom 15.03.2003 zum Aktenzeichen 29 U 1703/03 hatte das Oberlandesgericht München einen wettbewerbsrechtlichen Streit zwischen privaten und öffentlichen Betreibern von Krematorien zu entscheiden. Die Klägerin, private Betreiberin eines Krematoriums im Großraum München, klagte mit dem Ziel, es den Beklagten untersagen zu lassen, Einäscherungsleistungen unter Verzicht auf die gesetzliche Mehrwertsteuer anzubieten. Die Klage richtete sich zum einen gegen die Landeshauptstadt München, zum anderen gegen den Freistaat Bayern, die beide jeweils im Zusammenhang mit dem Betrieb des städtischen Krematoriums in München in Anspruch genommen wurden. Nach Ansicht der Klägerin handelte es sich dabei um privatwirtschaftliches, wettbewerblich relevantes Handeln. Die Klägerin vertrat die Ansicht, dass die Beklagten als Anbieter einer Leistung, die sowohl von der öffentlichen Hand als auch von privaten Unternehmen angeboten werden kann, zur Erhebung der in der Bundesrepublik Deutschland gesetzlich geschuldeten Mehrwertsteuer verpflichtet gewesen wären. Lediglich bei Geschäften mit Unternehmen, die zum Umsatzsteuervorabzug berechtigt seien, wäre ein Verzicht auf die Berechnung der Mehrwertsteuer zulässig gewesen. Zur Verdeutlichung ihrer Ansicht nahm die Klägerin Bezug auf verschiedene europarechtliche Richtlinien und Regelungen. Das Aufeinandertreffen von als Nicht-Steuerpflichtige behandelten öffentlichen Krematorien mit privat geführten Krematorien habe eine Verzerrung des Wettbewerbs zur Folge und stelle deshalb einen Verstoß gegen die Grundsatzregelung in § 1 und § 3a UWG dar, weil durch Gesetzesverstoß ein wettbewerblicher Nachteil für Mitbewerber verursacht würde.

Die Stadt München als Beklagte zu 1) wies darauf hin, dass für Bestattungsleistungen, die sie durch die Friedhofsverwaltung in Ausübung hoheitlicher Aufgaben ausüben lässt, keine Verpflichtung zur Ausweisung von Mehrwertsteuer auf Abrechnungen besteht. Aufgaben, die im Rahmen von Bestattungsleistungen anfallen, gehörten zur Daseinsvorsorge, die von der öffentlichen Hand ohne Erhebung von Umsatzsteuer gewährleistet werden muss. Einäscherungskosten des städtischen Krematoriums gegen Einäscherungskosten privat betriebener Krematorien aufzurechnen, sei nach Ansicht der Beklagten zu 1) aufgrund unterschiedlicher Voraussetzungen nicht sachgerecht. Die Klägerin versuche, im Bereich hoheitlichen Handelns ein wirtschaftliches Wettbewerbsverhältnis zu konstruieren. Die Änderung des Bayerischen Bestattungsgesetzes habe nicht zur Einführung privatwirtschaftlicher Wettbewerbsregeln geführt.
Der Freistaat Bayern als Beklagter zu 2) widersprach den von der Klägerin erwähnten Bezügen zu europarechtlichen Regelungen grundsätzlich, weil keine Grenzüberschreitung gegeben sei. Die gesetzlichen Regelungen zur Besteuerung von Leistungen enthalten keine Marktverhaltensregeln. Selbst dann, wenn ein Verstoß vorgelegen hätte, würde die Anwendung des § 3a UWG dadurch nicht gerechtfertigt.

Die Klägerin erhob Klage vor dem Landgericht München I- Die Klage wurde abgewiesen. Gegen das Urteil legte die Klägerin Berufung bei dem Oberlandesgericht München ein. Die Berufung wurde zurückgewiesen. Sowohl hinsichtlich der Beklagten zu 1 als auch hinsichtlich des Beklagten zu 2 erklärten die Richter des 29. Senats am Oberlandesgericht München die Berufung für zulässig, jedoch nicht für begründet. Das Bestehen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses, das Ansprüche aus dem UWG überhaupt erst möglich macht, wurde in beiden Fällen bejaht. Nach Ansicht der Richter war es nicht entscheidend, ob in den städtischen Krematorien von München zu Recht oder zu Unrecht keine Umsatzsteuer auf Einäscherungsleistungen berechnet worden ist. Der von der Klägerin geltend gemachte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch wurde vom Oberlandesgericht schon deshalb abgelehnt, weil der sachliche Regelungsbereich des UWG nicht berührt worden ist. Die Richter erkannten keine marktregelnden Auswirkungen bei den von der Klägerin zitierten Steuergesetzen. Umsatzsteuergesetze dienen der Erkenntnis des Oberlandesgerichts München nach ausschließlich hoheitlichen Zielen und haben weder verbraucherschützende noch marktregulierende Nebenwirkungen. Europarechtliche Vorschriften würden nur dann einschlägig werden, wenn grenzüberschreitendes Handeln im Streit gestanden hätte. Dies war unbestritten nicht der Fall. Selbst dann, wenn zeitweise auf die Erhebung von Umsatzsteuer bewusst verzichtet worden wäre, lag nach Ansicht der Richter kein Fall von Beihilfe nach den Vorschriften des EG vor. Auch die Regelung des § 1 UWG kann deshalb, anders als von der Klägerin vorgetragen, nicht zu einer Anwendbarkeit der UWG-Normen auf den streitgegenständlichen Sachverhalt führen.

OLG München, Urteil vom 15.03.2003, Aktenzeichen 29 U 1703/03


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