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Nachträgliches Auffinden biologischer Zusammenhänge

Nachträgliches Auffinden biologischer Zusammenhänge die einem Arzneimittel zugrunde liegen nicht patentierbar


Nachträgliches Auffinden biologischer Zusammenhänge

Eine sich innerhalb eines bereits bekannten Bereichs bewegende Dosierungsanleitung in einem Patentanspruch führt nur dann zur Annahme der Patentfähigkeit, wenn zusätzliche Voraussetzungen - wie eine durch die Dosierung begründete besondere technische Wirkung - erfüllt sind.

Die Auswirkungen der Erhöhung des Anteils an Omega-Drei Fettsäuren in der Ernährung auf den Gesundheitszustand sind bereits seit längerer Zeit Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen. Patente für die Verwendung dieser Fettsäuren in Medikamenten sind hart umkämpft, wie eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zeigt:

Die Klägerin hatte beim Bundespatentgericht eine Nichtigkeitsklage gegen die Beklagte eingebracht. Die Beklagte war Inhaberin eines im Jahr 2000 angemeldeten europäischen Patents, welches die Verwendung essenzieller Fettsäuren zur Herstellung eines Medikaments zur Behandlung von Patienten nach einem Herzinfarkt zum Gegenstand hatte. Die Verwendung der Fettsäuren wurde im Streitpatent in Form einer Mischung aus den Ethylestern von EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure) mit einem Gehalt von 85 Gewichtsprozent vorgeschlagen. Das Medikament sollte nach der Fassung des Patents oral in einer Dosierung von 0,7-1,5 g täglich verabreicht werden.

Grundlage der Entscheidung des Bundesgerichtshofs war eine Veröffentlichung von Burr u.a. aus dem Jahr 1989, in der eine mit der Abkürzung „DART“ bezeichnete klinische Studie beschrieben worden war. Die Studie hatte die Untersuchung der Auswirkungen einer Änderung von Ernährungsgewohnheiten auf die Sterberate und das erneute Auftreten eines Herzinfarkts von männlichen Infarktpatienten unter 70 Jahren zum Gegenstand. Die untersuchten Maßnahmen bestanden in der Reduzierung der Fettaufnahme unter gleichzeitiger Erhöhung des Anteils an mehrfach ungesättigten Fettsäuren, in dem Verzehr von fettem Fisch und in der erhöhten Aufnahme von Getreidefasern. Patienten mit einer Abneigung gegen Fisch erhielten die Anweisung, täglich eine bestimmte Dosis eines Medikaments mit den Wirkstoffen EPA und DHA in Form von Triglyceriden oral einzunehmen. Die Veröffentlichung gelangte zu der - nach den Ausführungen im Urteil als nicht sicher dargestellten - Schlussfolgerung, dass eine Verringerung der Sterberate sowohl durch erhöhten Verzehr von Fisch als auch durch die Einnahme des Medikaments erreicht werden konnte.

Die Verwendung essenzieller Fettsäuren zur Herstellung eines Medikaments in oraler Verabreichungsform zur Verringerung der Sterberate bei Patienten nach einem Herzinfarkt war in der Veröffentlichung somit bereits beschrieben worden. Die in der Veröffentlichung angegebene Dosierung des Medikaments lag abgeleitet aus der Behandlungsvorgabe bei 0,9 g pro Tag und damit innerhalb des im Patent der Beklagten definierten Bereichs. In der Veröffentlichung war der Wirkstoff DHA zwar nicht ausdrücklich erwähnt worden, aus der Behandlungsvorgabe ergab sich allerdings nach der Ansicht des Bundesgerichtshofs die zwingende Schlussfolgerung, dass auch dieser mit dem Medikament verabreicht worden war. Die in der Beschreibung des Patents der Beklagten geschilderten Wirkungen unterschieden sich in Bezug auf die Verringerung der Sterberate nicht wesentlich von den in der Veröffentlichung bereits aufgezeigten Ergebnissen. Aus der im Patent der Beklagten definierten Dosierungsanleitung, die im Vergleich zur Veröffentlichung eine geringfügig höhere Dosis vorsah, war für den Bundesgerichtshof keine besondere technische Wirkung ableitbar. Nach den Ausführungen im Urteil war zudem am Prioritätstag bereits ein Medikament bekannt, das EPA und DHA in Form von Ethylestern mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 85 % enthalten hatte.

Der Bundesgerichtshof nahm aus diesen Gründen keine erfinderische Tätigkeit an und erklärte das Patent der Beklagten mangels Patentfähigkeit in vollem Umfang für nichtig.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.09.2013, Az. X ZR 40/12 


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