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mytaxi-Rabatte verstoßen gegen Wettbewerbsrecht

LG Stuttgart, Urteil vom 16.06.2015, Az. 44 O 23/15 KfH


mytaxi-Rabatte verstoßen gegen Wettbewerbsrecht

Die Geschäftspraktik der Betreiber des Buchungsservices mytaxi, wonach dieser 50 % des Taxifahrpreises übernimmt, sofern der Taxikunde den Auftrag über die mytaxi-App bucht und darüber auch bezahlt, verstößt nach einer Entscheidung des LG Stuttgart gegen geltendes Wettbewerbsrecht. Es sei gesetzlich festgelegt, dass die von den Kommunen festgelegten Beförderungstarife nicht über- oder unterschritten werden dürfen. An diese Maßgabe haben sich alle Marktbeteiligten zu halten. Es spielt dabei keine Rolle, dass ein Taxiunternehmer grundsätzlich den vollen Fahrpreis – abzüglich einer an mytaxi zu bezahlenden Vermittlungsprovision – erhält, während dem Kunden 50 % des vollen Fahrpreises von mytaxi erstattet bekommt.

Beachtung der Marktverhaltensregeln
Die Stuttgarter Richter verwiesen auf die Marktverhaltensregeln des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG), die u. a. auch das Beförderungsentgelt festschreiben. Diese Marktverhaltensregeln dienen dem Erhalt eines funktionsfähigen Taxigewerbes. Die Beförderungsentgelte für Taxen sind Festpreise, die keine Abweichungen zulassen.

Mytaxi beschränkt sich nicht nur auf die Vermittlung von Taxifahrten und die Gewährung eines Rabatts in Höhe von 50 % für die Taxikunden. Vielmehr bestehen mit den Taxiunternehmern Vereinbarungen über die eine Abtretung der jeweiligen Forderungen gegen die Kunden. Darüber hinaus regelt mytaxi die Zahlungsmodalitäten als Voraussetzung für den Rabatterhalt, nämlich durch die Zahlung über die App. Insgesamt trägt mytaxi damit einen Teil des unternehmerischen Risikos und verdient in mehrfacher Hinsicht bei der Durchführung einer Taxifahrt. Die Betreiberin des Buchungsservices ist zwar selber keine Unternehmerin im Sinne des PBefG, doch durch die Vermittlung der Taxifahrten, der Regelung der Zahlungsmodalitäten sowie durch Forderungsabtretung des Beförderungsentgelts müsse sie dem LG Stuttgart zufolge wie eine Unternehmerin nach dem PBefG behandelt werden.

Öffentliche Aufgabe der Taxiunternehmen
Dem Taxiverkehr kommt als Ergänzung zum öffentlichen Personennahverkehr eine öffentliche Aufgabe zu. Durch eine angemessene Preisgestaltung und die Festlegung von Festpreisen im Pflichtfahrgebiet soll den Taxiunternehmen ein auskömmliches Dasein ermöglicht werden, zugleich die Tätigung und Abzahlung erforderlicher Investitionen, während ein ruinöser und unbilliger Preiswettbewerb durch eine Festpreisregelung im PBefG verhindert werden soll.

Durch Abtretung der Beförderungsentgeltforderung gegen den Kunden bei gleichzeitiger Vermittlung der Taxifahrt und Festlegung der konkreten Zahlungsmodalitäten ist mytaxi so wesentlich in die Abwicklung der Taxifahrt und vor allem des Bezahlvorganges eingebunden, dass die Geltung der Beförderungsentgelte als Festpreise auch auf sie Anwendung finden muss. Für eine angemessene Würdigung der Beteiligung und der Funktion von mytaxi sind sämtliche Vorgänge zu berücksichtigen, in die sie involviert ist und die sie bestimmt. Eine Gesamtschau ergibt, dass gerade die Koppelung von Vermittlung, Abtretung der Forderung und Zahlungsabwicklung dazu führt, dass die Festpreisbestimmung des PBefG im Pflichtfahrgebiet auch auf mytaxi Anwendung findet.

Wettbewerbswidrige Reduzierung des Beförderungsentgelts
In der Reduzierung des Beförderungsentgelts auf bis zu 50 % ist ein Verstoß gegen eine wettbewerbswidrige Marktverhaltensregel zu erblicken. Der Einwand, dass die Taxifahrer den vollen Fahrpreis erhalten, ist unerheblich, denn die mytaxi-Betreiberin ist Inhaberin des Anspruches auf den vollen Fahrpreis. Der Fahrer/Taxiunternehmer erhält einen um eine Vermittlungsprovision in Höhe von 3 bis 15 % gekürzten Betrag, wobei er „freiwillig“ die Höhe der Provision festlegt. Da zunächst der Taxiunternehmer mit der höchsten Provision vermittelt wird, demzufolge also typischerweise der Unternehmer, der die Fahrt am nötigsten hat und daher zur Zahlung der höchsten Provision bereit ist, greift die Betreiberin des Buchungsservice auch in die geschäftliche Tätigkeit der Unternehmer ein, weshalb sie sich einer Pflicht wie der Preisbindung nicht entziehen kann.

Die Stellungnahme der Verwaltungsbehörde der Hansestadt Hamburg, die die Rabattaktion von mytaxi nicht für beanstandungsbedürftig hält, ist zum einen nicht bindend, und zum anderen geht aus der Stellungnahme nicht hervor, dass ihr die Abtretung der Forderung gegen den Kunden überhaupt bekannt war oder von ihr in ihre Überlegungen mit einbezogen worden ist.

LG Stuttgart, Urteil vom 16.06.2015, Az. 44 O 23/15 KfH


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