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LG Münster: Wenn eine Kanzlei die Andere „vernichten“ will…

…endet das in einem Missbrauchsurteil (§ 8 Abs. 4 UWG).


LG Münster: Wenn eine Kanzlei die Andere „vernichten“ will…

In einem spektakulären Wettbewerbsstreit zwischen einer Rechtsanwaltskanzlei und einer Einzelanwältin hat sich das Landgericht Münster mit Urteil vom 16.06.2015 zum Aktenzeichen 025 O 133/13 intensiv mit der Frage des Rechtsmissbrauchs im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG auseinander gesetzt.

Aufgrund mehrerer (wechselseitiger) Abmahnungen und Gerichtsverfahren musste das Landgericht Münster zunächst den Rechtsmissbrauch gegen die grundsätzlich nicht zu beanstandende „Retourkutsche“ abgrenzen.

In dem vorliegenden Rechtsstreit sieht das Gericht die Grenze zum Rechtsmissbrauch jedoch als überschritten an.

Das LG Münster attestiert der klagenden Anwaltskanzlei, das Wettbewerbsrecht aufgrund einer persönlichen Auseinandersetzung ausgenutzt zu haben. Die Anwaltskanzlei habe sich unter dem Deckmantel des Wettbewerbsrechts für frühere Angriffe und Auseinandersetzungen revanchiert und dabei ruinöse Angriffe gegen die beklagte Einzelanwältin geführt.

Ebenfalls ist das Landgericht Münster davon überzeugt, dass es den klagenden Rechtsanwälten darum gehe, der beklagten Anwältin entscheidende Schläge zu versetzen, um dadurch ihre berufliche Existenz zu vernichten und ihrer persönlichen Existenz (jedenfalls) Schaden zuzufügen.

Lesen Sie nachfolgend den Volltext des Urteils des LG Münster vom 16.06.2015, Az. 025 O 133/13.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig (Stand: 18.06.2015).



025 O 133/13    

Verkündet am 16.06.2015

Landgericht Münster

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

(…)

hat die 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster auf die mündliche Verhandlung vom 21.04.2015 durch X für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

(…)

Tatbestand

Die Klägerin macht mit der am 25.11.2013 eingereichten Klage wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche und Abmahnkosten gegen die Beklagte geltend.

Bereits in der Vergangenheit hatte es zahlreiche, wechselseitige gerichtliche Verfahren zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits gegeben.

Gerichtsbekannt sind aus den Verfahren zwischen den beiden Parteien vor der hiesigen Zivilkammer aus den Jahren 2012-2015 die nachfolgend dargestellten Gerichtsverfahren. Es gab zu den hier gerichtsbekannten Verfahren zwischen den Parteien auch eine Vorgeschichte, die indes nicht gerichtsbekannt ist. Lediglich aus den Schriftsätzen lässt sich entnehmen, dass es schon vor den hier geführten Verfahren zu Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten gekommen ist. So hat die Klägerin in der Klageschrift vom 02.08.2012 im Verfahren 25 O 103/12 vorgetragen, sie sei nicht unbeteiligt an dem Umstand, dass die Beklagte bzw. deren alte GbR in diversen Rechtsmissbrauchsverfahren unterlegen sei. Folge hiervon sei, dass die Beklagte nunmehr ein offenkundiges Interesse habe, der Klägerin im Wege der Retourkutsche zu schaden. Weiter heißt es dort: „Wahrscheinlich deshalb, weil die Beklagte annimmt, dass die Klägerin aufgrund der katastrophalen wirtschaftlichen Lage der Beklagten sich aus Vollstreckungsgründen nicht mehr in Prozesse mit der Klägerin traut, veröffentlicht die Beklagte hierbei hemmungslos nach eigenem
Gusto.“

Sodann nahm im Verfahren 25 O 103/12 die Klägerin die Beklagte auf Unterlassung von vier verschiedenen werbenden Äußerungen im geschäftlichen Verkehr sowie Zahlung von außergerichtlichen Kosten in Anspruch. Gerügt wurde zum einen die Behauptung auf der Homepage der Beklagten

In dem Verfahren bot die Beklagte vor Durchführung der ersten mündlichen Verhandlung an, vor dem Hintergrund, dass sie selber ehrverletzenden und falschen Sachvortrag auf der Internetseite der Klägerin sichte, um Unterlassungsansprüche durchzusetzen, gegenseitig alle Interneteinträge zu löschen und künftig eine Stilhaltevereinbarung zu schließen. Außerdem beantragte sie in diesem Verfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Auf das Angebot der Beklagten reagierte die Klägerin nicht. In dem Verfahren wurde auch um die Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit des Vorgehens gestritten. Mit Schriftsatz vom 20.12.2012 erweiterte die Klägerin die Klage um einen weiteren Unterlassungsantrag in Bezug auf die Werbung mit dem Begriff XY (BI. 116 der Akte 25 O 103/12).

Im Schriftsatz vom 04.03.2013 gab die Beklagte sodann eine Unterlassungserklärung in Bezug auf die ersten vier Klagepunkte ab und hielt ihre Verteidigung nur noch in Bezug auf die begehrte Unterlassung der Verwendung des Begriffs XY aufrecht. Nach einer von der Klägerin verlangten
Nachbesserung durch die Beklagte erklärte die Klägerin letztlich mit Schriftsatz vom 15.03.2013 eine Teilerledigung bezüglich der Unterlassungserklärungen. Sie nahm die Unterlassungserklärungen an. Es kam am 21.05.2013 zu einem Versäumnisurteil mit anschließendem Einspruch durch die Beklagte. Mit Schriftsatz vom 09.08.2013 gab die Beklagte sodann auch bezüglich der Werbung mit den Begriffen XY eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. (Vergleiche BI. 324 ff. der Akte 25 O 103/12). Noch während des Verfahrens mahnte die Klägerin die Beklagte wegen Verstoßes gegen die Unterlassungserklärung vom 09.08.2013 ab (BI. 350 der Akte 25 O 103/12). Dies führte durch eine Klageerweiterung vom 04.10.2013 zur weiteren Beantragung der Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Vertragsstrafe i.H.v. 5.100 EUR (BI. 360 der Akte 25 O 103/12).

Bezüglich der Vertragsstrafe blieb die Klage letztlich in der ersten Instanz erfolglos.

Die Klägerin ging gegen das Urteil in Berufung. Auch die Beklagte ging in Berufung, ihre Berufungsbegründung erfolgte jedoch außerhalb der Frist. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand blieb erfolglos. Die Klägerin nahm letztlich die Berufung zurück.

Die Klägerin hatte bezüglich der Unterlassungsanträge Streitwerte von jeweils 30.000 EUR angesetzt.
In diesem Verfahren 25 O 103/12 hatte die hier erkennende Kammer durch ihren Vorsitzenden im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 16.01.2013 vor dem Hintergrund des zu diesem Zeitpunkt bekanntermaßen angespannten und zerrütteten Verhältnisses zwischen den Parteien und der Tatsache, dass die Beklagte im Termin zeitweise weinte und jedenfalls nervlich nach ihrem Bekunden der Sache psychisch nur noch eingeschränkt gewachsen war und vor dem Hintergrund dass verschiedene Verfahren in der Vergangenheit und zu dieser Zeit zwischen den Parteien schon anhängig waren, den Parteien dringend empfohlen, eine Deeskalationsstrategie dahingehend zu fahren, dass beide Parteien sich darum bemühen sollten, Angriffe auf die Gegenseite zu unterlassen und weitere Gerichtsverfahren zu vermeiden. Der damalige Terminsvertreter der Klägerin erklärte damals, er nehme diesen Vorschlag zur Kenntnis und trage ihn auch an die Klägerin weiter. Die Beklagte kündigte an, versuchen zu wollen, dieser Empfehlung Folge zu leisten.

Mit Klage vom 06.01.2013, eingegangen also vor der mündlichen Verhandlung vom 15.01.2013 im Verfahren 25 O 103/12, hat die Beklagte unter dem Az. 25 O 10/13 PKH-Antrag zu einem Klageentwurf gegen die Klägerin gestellt, in dem sie die Verurteilung zur Unterlassung von Äußerungen über die Beklagte auf der Homepage der Klägerin begehrte. (Hinsichtlich des genauen Inhalts des Begehrens wird auf den Klageentwurf vom 06.01.2013 (BI. 2 ff. der Akte 25 O 10/13 Bezug genommen). Auch hier ging es auch um den Vorwurf rechtsmissbräuchlicher Abmahnungen. Die Kammer bewilligte Prozesskostenhilfe für einen leicht abgeänderten Antrag, was letztlich zu Klageerhebung mit Schriftsatz vom 4.6.2013 (BI. 71 der Akte 25 O 10/13) führte. Hier wiederum stützte sich die Klägerin (also dortige Beklagte) auf rechtsmissbräuchliches Vorgehen.

Im Termin vom 07.11.2013 vereinbarten die Parteien den Abschluss eines Vergleiches dahingehend, dass der Rechtsstreit erledigt sei und die Kosten gegeneinander aufgehoben werden. Die Parteien behielten sich einen Widerruf bis zum 21.11.2013 vor. Aufgrund eines Versäumnisses der Kammer war der Vergleich indes nicht nochmals vorgespielt worden, so dass er nicht wirksam werden konnte. Die Kammer unterbreitete daher noch am Tag des 07.11.2013 den geschlossenen Vergleich als Vergleichsvorschlag gemäß § 278 Abs. 6 ZPO. Die Beklagte erklärte nochmals ihre Zustimmung zu diesem Vergleich, während die Klägerin gar keine Erklärung abgab. Somit kam es zu einer streitigen Entscheidung der Kammer, mit der der Klage stattgegeben wurde. (Urteil vom 21.01.2014, BI. 233 ff. der Akte 25 O 10/13). Die (hiesige) Klägerin ging gegen dieses Verfahren in die Berufung. Dort schlossen die Parteien dann den Vergleich, der auch in der ersten Instanz abgeschlossen werden sollte, wonach der Rechtstreit also bei Kostenteilung für erledigt erklärt wurde.

Mit Urteil vom 22.11.2012 wies die Kammer einen im Wege der einstweiligen Verfügung geltend gemachten Antrag der Beklagten ab, die Klägerin zu verurteilen, es zu unterlassen, über die Beklagte unter ihrer Homepage Folgendes zu behaupten: XY

Der Antrag wurde mangels Vorliegen eines Verfügungsgrundes zurückgewiesen.

Unter dem Az. 25 O 108/12 beantragte die Klägerin am 10.9.2012 gegen die Beklagte den Erlass einer einstweiligen Verfügung und begehrte die Verurteilung, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Zusammenhang mit Berichterstattung über das Abmahnverhalten der Klägerin die Phrase XY zu verwenden. Bezüglich des genauen Inhalts des Antrages vergleiche Bl. 3 ff. der Akte 25 O 108/12. Die einstweilige Verfügung wurde antragsgemäß erlassen (11.9.2012). Die Beklagte legte Widerspruch ein. Unter dem 07.11.2012 gab die Beklagte dann eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, um das Verfahren zu beenden. Der Rechtsstreit wurde daraufhin für erledigt erklärt. Die Kosten wurden der Beklagten auferlegt. Hiergegen ging die Beklagte erfolglos in die Beschwerdeinstanz. In dem Verfahren hatte die Beklagte auch rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin geltend gemacht.

Den Streitwert hatte die Klägerin mit 20.000 EUR angesetzt.

In dem Verfahren 25 O 138/12 ging die Beklagte gegen die Klägerin im Wege der einstweiligen Verfügung vor und begehrte die Unterlassung, auf der Homepage der Klägerin folgendes zu behaupten: XY. Der Antrag wurde allerdings ausdrücklich unter der Bedingung der Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt. Wegen Überholung der Internetseite nahm die Beklagte den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurück.

Unter dem Az. 25 O 145/12 beantragte die Klägerin im Wege der einstweiligen Verfügung die Verurteilung der Beklagten, es zu unterlassen, zu Zwecken des Wettbewerbs im Zusammenhang mit der Berichterstattung über das Abmahnverhalten der Klägerin zu berichten, dass die Klägerin vor dem Oberlandesgericht XY vergeblich versucht habe, die Veröffentlichung der Missbrauchsentscheidung des Landgerichts XY löschen zu lassen. Hinsichtlich des genauen Wortlauts des Begehrens wird auf die Antragsschrift vom 28.12.2012 (BI. 3 ff. der Akte 25 O 145/12) Bezug genommen. Die Beklagte gab eine Unterlassungserklärung ab, die von der Klägerin jedoch als nicht geeignet zurückgewiesen wurde. Im Termin vom 16.01.2013 gab die Beklagte eine Unterlassungserklärung ab, die die Klägerin annahm, was zu einer Erledigung des Rechtsstreites führte. Der Streitwert wurde von der Klägerin mit 20.000 EUR taxiert. Das Gericht setzte ihn auf 15.000 EUR fest.

Im vorliegenden Verfahren hat nun die Klägerin erneut verschiedene Anträge gestellt.

Die Klägerin hat zunächst mit der Klage vom 25.11.2013 3 weitere Unterlassungsanträge gestellt und sodann die Verurteilung zur Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 941,70 € und sodann zur Zahlung von Vertragsstrafen in Höhe von 10.200 € und 7.500 € beantragt.

Bei den Unterlassungsanträgen ging es zum einen erneut um die Verwendung der Bezeichnung XY und zum anderen um Werbung, die darauf schließen lässt, dass mehr als nur die Beklagte in der Kanzlei als Anwälte arbeiten sowie Werbung auf der Homepage mit Äußerungen, die einen Kanzleibeginn implizieren, der vor dem tatsächlichen Beginn der aktuellen Kanzlei liegt.

Bei der Abmahngebühr handelt es sich um eine 0,65-Gebühr für eine Abmahnung vom 21.10.2013 nach einem Streitwert i.H.v. 90.000 €. Es ging um die Werbung mit weiteren Anwälten sowie mit der Dauer des Bestehens der Kanzlei und um einen Passus, in dem auf der Homepage angebotenen Vollmachtsvordruck mittels dessen XY erklärt wird.

Am 28.10.2013 gab die Beklagte eine Unterlassungserklärung in Bezug auf die erhobenen Vorwürfe ab. Diese wurde angenommen. Bzgl. des genauen Wortlauts wird auf BI. 38 GA Bezug genommen.

4 Tage später, unter dem 01.11.2013 mahnte die Klägerin die Beklagte erneut ab, weil diese nach Abgabe der Unterlassungserklärung am 28.10.2013 ihre Homepage noch nicht hinreichend abgeändert habe bzw. immer noch werbende Äußerungen verwende, die auf mehrere Anwälte und eine längere Kanzleidauer schließen ließen. Dabei ging es um Stellen der Homepage, die bislang noch nicht Gegenstand der vorangegangenen Abmahnung gewesen waren.

Hierfür machte die Klägerin 2 Vertragsstrafen über je 5.100 € geltend. Darüber hinaus waren diese Verstöße Anlass für die Stellung der ersten beiden Unterlassungsanträge.

Eine weitere Vertragsstrafe in Höhe von 7.500 € macht die Klägerin wegen eines Verstoßes gegen die Unterlassungsverpflichtung in Bezug auf die Verwendung des Begriffes XY vom 09.08.2013 geltend. Als Verstoß sieht die Klägerin die Verwendung eines Briefbogens mit einem Schriftzug XY im Verfahren 25 O 103/12 vom 06.11.2013 (vgl. Bl. 54 GA). Deshalb verlangte die Klägerin außergerichtlich eine erneute Unterwerfungserklärung sowie die Zahlung der 7.500 €. Die Höhe rechtfertige sich aus der Tatsache, dass die Beklagte bereits wegen eines Verstoßes gegen die Unterwerfungserklärung im Verfahren 25 O 103/12 im Anspruch genommen wurde.

Die Beklagte macht geltend, alle Verstöße beseitigt zu haben. Die Parteien streiten darum, ob es sein kann, dass die Beklagte alle Verstöße beseitigt hat und trotzdem bei Aufruf am Computer der Klägerin noch Verstöße festgestellt worden sein können.

Mit weiterem Schriftsatz vom 28.01.2014 erweiterte die Klägerin die Klage um einen Antrag auf Zahlung einer weiteren Vertragsstrafe in Höhe von 5.100 €.

In einem Streitwertfestsetzungsantrag im Verfahren 25 O 10/13 hatte die Beklagte erneut einen Briefbogen verwendet, auf dem der Schriftzug XY steht. Bzgl. der Vertragsstrafenanträge wurde aufgrund fehlender Zuständigkeit des Landgerichts Münster das Verfahren abgetrennt und an das LG XY verwiesen.

Im Termin vom 11.09.2014 wurde auf Vorschlag der Kammer, nachdem diese darauf hingewiesen hat, dass sie eine Beweisaufnahme für erforderlich hält, eine Lösung diskutiert, wonach ohne Präjudiz für das Verfahren beim LG XY die Unterlassungsanträge vollständig wie von der Klägerin beantragt tituliert, die Abmahnkosten geteilt und die Verfahrenskosten nach § 91a ZPO verteilt werden und dafür der aktuelle Stand der Homepage der Beklagten festgehalten und von der Klägerin überprüft wird und die Klägerin dann - was Voraussetzung für die weiteren Vergleichspunkte sein sollte - zusagt, auf Basis dieses Status Quo keine weiteren Vertragsstrafenansprüche oder Ordnungsgeldanträge mehr geltend zu machen. Die Beklagte signalisierte, diesen Vergleich abschließen zu wollen.

Der Terminsvertreter der Klägerin erreichte nach seiner Auskunft Herrn RA XY nicht und konnte dem Vergleich so keine Zustimmung erteilen. Als Begründung führte er unter anderem aus, dass der Vergleich deshalb nicht sinnvoll erscheine, weil er gerade kein Präjudiz für das Verfahren in XY habe.

Der Vergleich wurde auf Bitten des Terminsvertreters nochmals schriftlich am Schluss der Sitzung unterbreitet (vgl. BI. 202, 203 GA).

Mit Schriftsatz vom 14.10.2014 teilte die Klägerin mit, dass eine vergleichsweise Erledigung nicht zielführend sei. Es müsse durch Vertragsstrafen sichergestellt werden, dass die Beklagte die Unterlassungsverpflichtung auch zukünftig erfülle.

Vielmehr erweitere die Klägerin die Klage nochmals um einen weiteren Punkt in dem Unterlassungsantrag bzgl. der Werbung mit Mitarbeitern der Kanzlei. Die Beklagte werbe mit einem Foto der Kanzlei, auf dem mehrere nicht mehr tätige Mitarbeiter seien. Damit erwecke sie den Eindruck mehr Leute beschäftigen zu können als dies tatsächlich der Fall ist, was eine höhere Kompetenz vermittle. Auch werde der Eindruck erweckt, es seien mehrere Anwälte tätig.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ehemalige Mitarbeiter als Teil der Kanzlei benennen/als Mitarbeiter zu bewerben, insbesondere bezogen auf nicht mehr für die Kanzlei tätige Rechtsanwälte/-innen,

a) … wie aus den Anlagen FN 14 und FN 15 ersichtlich geschehen;

b) wie aus der Anlage FN 38 ersichtlich geschehen,

2. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs wie aus den Anlagen FN 16 und FN 17 ersichtlich, in der geschäftlichen Außendarstellung eine Aussage zu verwenden, die einen Geschäftsbeginn der Kanzlei impliziert, der vor deren Geschäftsaufnahme steht, wie beispielhaft: …

3. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs, wie aus der Anlage FN 21 ersichtlich, sich, bzw. die eigene Kanzlei, mit dem Terminus XY zu bewerben,

4. der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtungen im Antrag zu Ziffer 1.-3. ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ersatzordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anzudrohen,

5. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 941,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seitdem 05. 11.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, sie habe die beanstandeten Inhalte der Homepage entfernen lassen. Sie hält das Vorgehen der Beklagten für rechtmissbräuchlich.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.



Entscheidungsgründe

Die Klage ist hinsichtlich der Unterlassungsanträge gem. § 8 Abs. 4 UWG unzulässig und bzgl. der Abmahnkosten wegen durch Rechtsmissbräuchlichkeit gegebenen Verstoßes gegen § 242 BGB unbegründet.

Bzgl. der Unterlassungsanträge ist die Klage unzulässig, weil die Klägerin rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG handelt. Durch diese Spezialregelung sind der Berechtigung zum Vorgehen gegen einen Mitbewerber Grenzen gesetzt.

Ein Missbrauch im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG setzt voraus, dass das beherrschende Motiv des Mitbewerbers bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremde Ziele sind. Als typischen Beispielsfall des sachfremden Motivs umschreibt das Gesetz das Gebührenerzielungsinteresse. Damit wird die Art der unzulässigen Geltendmachung eines solchen Anspruchs näher charakterisiert, aber der Weg zu anderen Missbrauchsformen durch die Rechtsverfolgung offen gelassen. Das beschriebene Vorgehen selbst oder jedenfalls die Art des Vorgehens muss rechtsmissbräuchlich sein. Der Anspruchsberechtigte muss mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen verfolgen und diese müssen unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (vgl. u.a. BGH GRUR 2002, 260 - Vielfachabmahner; OLG Hamm, GRUR-RR 2005, 141, 142; Köhler/Bornkamm, 31. Aufl., § 8 UWG, Rn. 4.10).

Vorliegend ist die Kammer überzeugt, dass die Klägerin von sachfremden Motiven geleitet ist. Triebfeder der Klägerin sind nach Überzeugung der Kammer nicht die Suche nach Schutz vor Wettbewerbsverletzungen oder der Schutz des Wettbewerbs im Allgemeinen, sondern persönliche Motive, die aus dem zerrütteten Verhältnis zu der Beklagten resultieren. Dieses ist die Folge des intensiven Konkurrenzverhältnisses zwischen der Klägerin und der früheren Kanzleien der Beklagten und wird letztlich ihren Ursprung in tatsächlichen Wettbewerbsverstößen der Beklagten und den damit zusammenhängenden zahlreichen wettbewerbsrechtlichen Verfahren haben. Aber die Kammer ist nach Durchführung einer Gesamtschau und Würdigung aller ihr bekannten Umstände überzeugt, dass es der Klägerin nicht mehr um die Wettbewerbsverstöße als solche und eine damit verbundene Schutzbedürftigkeit der Klägerin, sondern darum geht, der Beklagten entscheidende Schläge zu versetzen, um ihre berufliche Existenz zu vernichten und ihrer persönlichen Existenz jedenfalls Schaden zuzufügen. Auch das ist ein missbräuchliches Motiv (vgl. etwa Bornkamm/Köhler, UWG, § 8 Rn. 4.13).

Sinn und Zweck des Wettbewerbsrechtes ist nicht, einem Wettbewerber dabei zu helfen, einen anderen Wettbewerber auszuschalten. Daher ist dieses Motiv der Klägerin nicht schützenswert.

Die Überzeugung der Kammer beruht auf der Würdigung des Verhaltens der Klägerin in diesem Verfahren, das letztlich in der Gesamtwürdigung des Zusammenhangs mit den vorangegangenen Verfahren und den dortigen Verhaltensweisen nur den Schluss darauf zulässt, dass es hier nicht mehr um die Sache selbst, sondern um persönliche Auseinandersetzung mit der Beklagten als solche geht.

Die Kammer verkennt bei dieser Gesamtschau nicht, dass Retourkutschen zur täglichen Praxis des Wettbewerbsrechts gehören. Daher hat auch das Oberlandesgericht Hamm klargestellt, dass eine Retourkutsche an sich nicht gleich als rechtsmissbräuchlich angesehen werden kann. Es ist nicht zu beanstanden, wenn Auslöser eines - ansonsten aber schützenswerten - wettbewerbsrechtlichen Vorgehens eine „Retourkutsche" für eine vorangegangene Inanspruchnahme durch den Gegner ist (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 10.09.2013, 4 U 48/13 Rn. 59, zit. nach juris). So hat es sich hier in der Vergangenheit zugetragen. Die Parteien haben sich wechselseitig mit zahlreichen Ansprüchen und Verfahren überzogen, die für sich gesehen wettbewerbsrechtlich schützenswert waren. Die Tatsache, dass das eine oder andere Verfahren ohne die vorangegangenen Verfahren möglicherweise nicht angestrengt worden wäre, machte das Vorgehen nicht gleich rechtsmissbräuchlich, da immer noch davon auszugehen war, dass es zumindest im Kern um den Schutz der eigenen wettbewerbsrechtlichen Belange ging, wenngleich auch in der Vergangenheit die Grenze zur Rechtsmissbräuchlichkeit in vielen Fällen schon recht nah lag.

Die Umstände im hier vorliegenden Verfahren in Verbindung mit denen aus den Vorprozessen haben indes bei der Kammer zu der Überzeugung geführt, dass es nicht mehr um die Sache selbst geht.

Schon die Art der Prozessführung, die Vielzahl der Angriffe, die engmaschige Kontrolle des Verhaltens der Beklagten, die finanziell folgenschweren Anträge und der Umgang mit Kompromissmöglichkeiten lassen für die Kammer allein den Schluss zu, dass es hier nur noch um Ziele geht, die mit der Suche nach dem Schutz vor Wettbewerbsverletzungen nichts mehr zu tun haben.

Die Klägerin hat im Termin vom 21.04.2015 - und auch noch ergänzend im am Tag vor dem Verkündungstermin beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz vom 12.06.2015 - ausführlich dargelegt, weshalb sie die hier verfolgten Wettbewerbsverstöße der Beklagten für besonders schwerwiegend hält und weshalb aus ihrer Sicht eine Verfolgung dieser Verstöße zum Schutz des Wettbewerbs zwingend erforderlich ist. Auch hat sie dargelegt, weshalb aus ihrer Sicht die Beklagte durch ihr Verhalten in diesem Verfahren und in den letzten Jahren ganz besonderen Anlass dafür gegeben habe, die geltend gemachten Verstöße nicht auf sich beruhen zu lassen, sondern unnachgiebig zu verfolgen.

Diese Argumentation vermag in der nachfolgend dargestellten Gesamtschau die Überzeugung der Kammer von dem Vorliegen sachfremder Motive indes nicht zu erschüttern.

Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass Anlass für die angestrengten Verfahren auch in den Fällen, in denen Rechtsmissbrauch vorliegt, in aller Regel tatsächliche Wettbewerbsverstöße sein werden. Daher kommt hier also zunächst der Frage, ob tatsächlich Wettbewerbsverstöße vorliegen, keine übergeordnete Bedeutung zu.

Auch wird es auch in den Fällen des Rechtsmissbrauchs häufig um besonders schwerwiegende Verletzungen gehen. Das ist aber im Grundsatz zunächst nicht entscheidend, weil es nur darauf ankommt, was die Treibfeder des konkreten Vorgehens des Gläubigers ist. Da mag zwar die Schwere des Eingriffs eine Rolle spielen, weil ein besonders schwerer Eingriff in den Wettbewerb ein Indiz für ein besonderes wettbewerbsrechtliches - also sachnahes - Interesse des Abmahnenden sein könnte.

Aber dieses Indiz muss sich mit allen anderen Indizien, die für ein sachfremdes Vorgehen sprechen, messen lassen. Und in der insoweit vorzunehmenden Gesamtwürdigung, die nachfolgend vertieft wird, träte nach Auffassung der Kammer angesichts der gewichtigen Indizien für Rechtmissbrauch die Qualität des geltend gemachten Wettbewerbsverstoßes auch dann in den Hintergrund, wenn sie - mit der Auffassung der Klägerin - als besonders schwerwiegend anzusehen wären. Aber schon das ist nach Auffassung der Kammer nicht der Fall. Die Kammer hält die in diesem Verfahren geltend gemachten Verstöße nicht für herausragend schwerwiegend. Die hier geltend gemachten Verstöße durch die Inhalte der Homepage sind „Reste" nach einer von der Beklagten bereits vorgenommenen Korrektur der Homepage. Die Kammer verkennt nicht, dass es etwa für die Mandantenakquise von zentraler Bedeutung sein könnte, wenn ein ‚Einzelkämpfer oder eine Kleinkanzlei sich als Großkanzlei mit einer Vielzahl von Rechtsanwälten darstellen.

Hier aber geht es darum, dass etwa im Rahmen einer Fachrubrik im Fließtext erwähnt ist, dass man sich an Rechtsanwältin XY wenden könne oder dass im Impressum bei den Angaben nach § 5 TMG noch XY als angestellte Rechtsanwältin erwähnt ist.

Diese Angaben sind aber nicht an exponierter Stelle und mit großer Werbewirkung erfolgt, betreffen darüber hinaus nur eine einzige weitere Anwältin. Weshalb solche Falschangaben an solchen Stellen mit einer solchen optischen Aufmachung besonders tragend bei der Mandantenakquise sein sollen, erschließt sich der Kammer nicht. Vielmehr ist die Kammer überzeugt, dass der durchschnittliche Rechtssuchende durch diese Angaben bei seiner Entscheidungsfindung nicht maßgeblich beeinflusst wird.

Gleiches gilt für die im Einzelfall vorgekommene weitere Benutzung des Wortes XY wie im Schriftsatzlayout in einem Schriftsatz, der an das Landgerichtet gerichtet war. Die Kammer vermag nicht zu erkennen, weshalb dieser konkrete Verstoß so schwerwiegend und wettbewerbsrechtlich im Kampf um Mandanten so bedeutend sein soll, dass sich daraus erschließt, dass der Klägerin - wie von ihr dargestellt - gar keine andere Wahl blieb, als diesen weiteren Verstoß zu verfolgen.

Auch sind die Angaben, die zur Dauer der Erfahrung der „Kanzlei" gemacht wurden, nicht so sehr irreführend und markant, dass ihnen eine tragende Wirkung bei der Mandantenakquise zukommt. Sind die Formulierungen sprachlich auch irreführend und darum möglicherweise wettbewerbswidrig, ist es nicht so, dass hier Fähigkeiten suggeriert werden, die in Wahrheit nicht bestehen. Denn immerhin verfügt die Beklagte tatsächlich über entsprechende Berufserfahrung, auch wenn die konkrete Kanzleiform noch nicht so lange Bestand hatte. Auch hierin kann aber kein so eklatanter Verstoß gesehen werden, dass ein Vorgehen für die Klägerin praktisch unverzichtbar wäre.

Es ist auch zu berücksichtigen, dass es im vorliegenden Fall - anders als in vorangegangenen Fällen - nicht etwa um Verstöße ging, die einen unmittelbaren Bezug zur Klägerin hatten. Es liegt auf der Hand, dass die Schwelle zur Rechtsmissbräuchlichkeit sehr viel höher liegt, wenn es etwa um Inhalte auf der Homepage geht, die ausdrücklich auf die Klägerin abzielen, diese nennen und in Verruf bringen. Im vorliegenden Fall geht es aber nicht um irreführende oder unwahre Äußerungen in Bezug auf die Klägerin, sondern um allgemein werbende Aussagen der Beklagten. Die Schwere eines dadurch bewirkten wettbewerbsrechtlichen Angriffs steht in unmittelbarer Abhängigkeit zur Intensität des Wettbewerbsverhältnisses. Je konkreter durch solche Handlungen der Wettbewerb in Bezug auf den Anspruchsteller beeinträchtigt wird, desto schwerwiegender ist ein Eingriff. Je enger das unmittelbare Konkurrenzverhältnis in Bezug auf die Akquise von Kunden ist, desto mehr Notwendigkeit ergibt sich für ein Vorgehen gegen ein solches Verhalten. Gemessen daran sind die Verstöße hier vor dem Hintergrund der räumlichen Distanz der Kanzleien, der jedenfalls in Vergleich zu früher geringer gewordenen Konkurrenz auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts und der ohnehin nur geringen Wettbewerbssituation im Bereich der Bußgeldsachen als nicht sehr schwerwiegend anzusehen.

Es überwiegen in der Gesamtwürdigung jedenfalls klar die Indizien, die für sachfremde Motive für das Vorgehen sprechen.

Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die im Tatbestand zitierten vorangegangenen Verfahren sich bereits stets - wohlbemerkt von beiden Seiten - durch einen aggressiven und sehr persönlichen Ton auszeichneten. In vielen Schriftsätzen wurden persönliche Vorwürfe gegen die Gegner erhoben, was die Auseinandersetzungen bereits teilweise auf eine ungewöhnlich unsachliche Ebene geführt hat aber auch zeigt, wie zerrüttet das Verhältnis der Parteien ist. Auch im letzten Schriftsatz vom 12.06.2015 zeigt sich die persönliche Ebene im Umgangston, soweit die Klägerin den Ehemann der Beklagten, den sie in ihren Schriftsätzen immer wieder in die Argumentation einbezieht und den sie als maßgeblichen Einflussnehmer in das Verhalten der Beklagten sieht, wegen des Nummernschildes des von ihm genutzten Fahrzeuges in Zusammenhang mit Rechtsradikalismus stellt.

Dabei zeichnete sich indes ab, dass die Beklagte -wenngleich sie auch gelegentlich mit ihren Angriffen oder Verteidigungen Erfolg hatte, wobei die Klägerin im letzten Schriftsatz sogar ausführt, die Beklagte sei im Endergebnis stets erfolglos geblieben - in eine immer defensivere Position rutschte. Sie war in mehreren Verfahren bestrebt, eine Lösung für einen künftig besseren Umgang mit dem zerrütteten Verhältnis zwischen den Parteien zu suchen. Natürlich verkennt die Kammer nicht, dass es einer Partei frei steht, ob sie eine gütliche Lösung anstrebt, oder nicht. Es besteht selbstverständlich kein Zwang für die Klägerin, sich auf Vergleichsvorschläge einzulassen. Daraus erwachsen der Klägerin keine unmittelbaren Nachteile. Das Verhalten kann aber ein Indiz für die Motivlage der Klägerin und ihre Intentionen sein. Und allein darum geht es bei dieser Gesamtwürdigung. Die Kammer hat zur Kenntnis genommen und gewürdigt, dass die Klägerin Vorschläge des Gerichts und der Beklagten mit einer sehr stringenten und klaren Linie abgelehnt hat. Auf den Rat der Kammer im Verfahren 25 0 103112, sich um eine Deeskalation zu bemühen, hat die Klägerin ebenso wie auf den Vergleichsvorschlag im Verfahren 25 0 10/13 nicht reagiert. In den anderen Verfahren hat sie stets erklärt, an einer gütlichen Einigung nicht interessiert zu sein.

Wenngleich das prozessual nicht vorgeworfen werden kann, ist es ein Indiz dafür, dass es der Klägerin wichtig war, der Beklagten nicht entgegen zu kommen.

Die Beklagte hat hingegen in den letzten Verfahren zunehmend defensiv und deeskalierend gehandelt. Sie hat im Verfahren 25 0 103112 zeitnah bzgl. von vier Anträgen Unterwerfungserklärungen abgegeben. Dann hat sie auch bzgl. des noch offenen fünften Antrages ebenfalls eine entsprechende Erklärung abgegeben.

In den Verfahren 108/12 und 145112 hat sie sodann ebenfalls Unterlassungserklärungen abgegeben, um die Streitigkeiten jeweils beizulegen.

Dabei hat sie durch die Erklärungen in Kauf genommen, künftig im Falle von Verstößen der Klägerin Vertragsstrafen in erheblicher Höhe zahlen zu müssen, anstatt - möglicherweise niedrigerer - Ordnungsgelder. Kostenmäßig haben ihr die Erklärungen in der Regel stets kaum nennenswerte Vorteile gebracht.

Natürlich kann die Triebfeder hierfür gewesen sein, dass sie schlechte Erfolgsaussichten sah. Aber vor dem Hintergrund, dass sie sich teilweise zuvor mit großem Einsatz gegen die Ansprüche verteidigt hat und dann teilweise ohne entsprechenden gerichtlich gesetzten Anlass doch plötzlich die Erklärungen abgegeben hat, ist sie jedenfalls - anders als in früheren Verfahren - erkennbar in die Defensive gegangen, um sich weiteren Angriffen zu entziehen.

Das zeigte sich insbesondere im vorliegenden Verfahren.

Der Klägerin ging aufgrund der früher bereits bewilligten Prozesskostenhilfe und auch nach ihren eigenen Ausführungen (vgl. etwa Klageschrift vom 02.08.2012 im Verfahren 25 O 103/12 oder Klageschrift im hiesigen Verfahren) davon aus, dass die Beklagte finanziell bereits sehr schlecht dastand. Auch dies gab der Klägerin keinen Anlass, von der sehr intensiven Prozessführung Abstand zu nehmen. Die Kammer verkennt auch nicht, dass es keine Pflicht gibt, gegenüber finanziell schlecht gestellten Personen nachsichtig zu sein, weshalb auch dies wieder für sich betrachtet der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen kann. Aber es spricht dafür, dass das Verhältnis zur Beklagten aus Sicht der Klägerin unerschütterlich zerrüttet ist.

Soweit die Klägerin im Termin vom 21.04.2015 ausgeführt hat, dass die finanzielle Lage der Beklagten unklar sei und im letzten Schriftsatz vom 12.06.2015 die finanzielle Lage der Beklagten sogar gänzlich anders dargestellt hat, ist zum einen zu berücksichtigen, dass es nicht auf den jetzigen Zeitpunkt ankommt und zum anderen, dass die Klägerin bislang selbst davon ausging, dass die Beklagte im Falle des vollen Obsiegens der Klägerin den Urteilen finanziell nicht standhalten könnte, denn diesbezügliche Zweifel hatte die Klägerin selbst - sogar schon vor der Klageerhebung - angeführt. Im Verfahren 25 0 103/12 hatte sie etwa angeführt, sie gehe davon aus, dass die Beklagte meine, mangels Vollstreckbarkeit der Entscheidungen „hemmungslos“ sein zu können.

Obwohl die Klägerin also selber ausführt, dass die Beklagte finanziell schlecht gestellt sei, erhebt sie eine umfangreiche Klage und begehrt zunächst (wegen vermeintlicher erneuter Verstöße) drei Unterlassungsanträge hinsichtlich von Verstößen, für die schon Unterwerfungserklärungen vorlagen. Dann begehrt sie die Abmahnkosten nach einem Streitwert, der mit 90.000 € eher überdurchschnittlich bemessen ist. Zwar macht sie - worauf sie zutreffend hinweist - nur eine 0,65-Gebühr geltend. Sie wusste dabei aber auch, dass die Beklagte - auch schon vor der erkennenden Kammer - geltend gemacht hat, dass ein Anwalt für eine Abmahnung in eigener Sache eine solche Gebühr überhaupt nicht geltend machen dürfe und dass diese Frage in der Rechtsprechung noch kontrovers diskutiert wurde. Daher vermag die Kammer hierin kein großzügiges Entgegenkommen zu erkennen, wie es die Klägerin darstellt. Sodann beantragt sie drei Vertragstrafen in Höhe von insgesamt 17.700 €‚ was für drei Verstöße - auch wenn einer ein Wiederholungsfall sein sollte - in der Summe viel ist. Insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Beklagte wie die Klägerin selber anführt, finanziell am Boden z liegen schien und darüber hinaus die wettbewerbsrechtliche Konkurrenzsituation zwischen den Beteiligten sich im Vergleich zu der Anfangszeit der Auseinandersetzungen deutlich abgeschwächt hatte.., Dann stellte sie noch einen weiteren Bestrafungsantrag, erneut in Höhe von 5.100 €.

Die Zahl der Anträge und die Höhe der Vertragsstrafen zeigen, dass die Klägerin bestrebt ist, die Beklagte empfindlich zu treffen. Sie ging davon aus, dass die gestellten Anträge in ihren Konsequenzen für die Beklagten schwerwiegend sein würden.

Als gewichtiges Indiz für sachfremde Motive der Klägerin kommt hinzu, dass die empfindlichen Vertragsstrafen für Verstöße verlangt wurden, die gerade mal ein bis vier Tage nach Abgabe der Unterwerfungserklärung auf der Homepage noch vorhanden gewesen sein sollen. So trägt die Klägerin vor, die Inhalte seien am 29.10.2013 und 31.10.2013 überprüft worden. Es mag sein, dass von einer Partei verlangt werden kann, in einer so kurzen Zeit auf ihrer Homepage die Unterwerfungserklärung umzusetzen. Gleichwohl zeigt es einen gewissen Verfolgungstrieb, wenn schon so kurze Zeit nach Abgabe der Erklärung auf einer derart großen Homepage unmittelbar nach Verstößen gesucht wird. Dieses Verhalten lässt den Schluss darauf zu, dass es der Klägerin gerade darum ging, Material gegen die Beklagte zu sammeln. Die Kammer glaubt der Klägerin aufgrund aller vorstehend und nachstehend aufgeführten Indizien nicht, dass sie nur deshalb die Homepage überprüft hat, um sich vor Wettbewerbsverstößen zu schützen, weil sie „Wettbewerbsvorteile" der Beklagten abwehren wolle. Vielmehr ist die Kammer überzeugt, dass es der Klägerin nur darum ging, Verstöße zu finden, um die Beklagte weiter angreifen zu können. Die Beklagte hat ja auch Veränderungen vorgenommen. Die Klägerin behauptet nur, sie habe noch weitere Verstöße weiterhin vorgefunden. Es lag auch für die Klägerin auf der Hand, dass es denkbar war, dass die Beklagte diese weiteren Verstöße schlichtweg noch übersehen hat. Und auch wenn das möglicherweise formal betrachtet wettbewerbsrechtlichen kein Hinderungsgrund ist, sich auf erneute Verstöße zu berufen, ist es ein gewichtiges Indiz für die Motivlage bzgl. dieses Vorgehens. Das Verhalten zeigt, dass es der Klägerin darauf ankam, gegen die Beklagte vorzugehen.

Dabei unterstellt die Kammer zugunsten der Klägerin, dass es dieser nicht darum ging, mit diesem Verhalten Gelder zu generieren, was als sachfremdes Motiv schon zur Rechtsmissbräuchlichkeit des Vorgehens führen würde. Zumal die Klägerin erklärt hat, an eine fehlende Vollstreckbarkeit zu glauben. Die Kammer geht vielmehr davon aus, dass es der Klägerin gerade darum ging, die Beklagte nochmals derart hohen Forderungen auszusetzen, dass es zu ihrem Ruin führt oder - sofern dieser schon gegeben wäre - diesen zu verstärken.

Dieser Eindruck wurde durch das Verhalten im Zusammenhang mit den Versuchen, eine Lösung zur Deeskalation für die Zukunft zu finden, verstärkt. Natürlich verkennt die Kammer nicht, dass es das gute Recht er Klägerin ist, einen Vergleich - auch aus grundsätzlichen Erwägungen - oder sogar schon überhaupt ein Vergleichsgespräch abzulehnen. Daraus zieht die Kammer auch keine nachteiligen Folgen. Sie analysiert das Verhalten jedoch für die Frage, ob darin ein Indiz für ein sachfremdes Motiv zu sehen ist. Und das bejaht sie.

Die Beklagte hat sich vorliegend bemüht, eine Lösung zu finden, die weitere zukünftige Verfahren verhindert und war hierfür bereit, die hier noch streitgegenständlichen Unterlassungsanträge antragsgemäß titulieren zu lassen. Die Klägerin hätte nach dem letzten Vergleichsvorschlag nahezu vollständig gewonnen. Nur bei den Abmahnkosten, an deren Realisierung sie ohnehin Zweifel hatte und die in der Rechtsprechung umstritten sind, wären Zugeständnisse von Nöten gewesen. Die Verfahrenskosten sollten nach § 91 a ZPO verteilt werden. Insoweit ist es für die Kammer auch nicht nachvollziehbar, wenn die Klägerin im Termin vom 21.04.2015 ausführt, die Zustimmung zu diesem Vergleich sei wegen der Außenwirkung der „Kostenaufhebung" nicht darstellbar gewesen. Das Gericht hätte die Kosten verteilt und im Übrigen hätte die Klägerin nahezu alles erlangt.

Einzige Bedingung der Beklagten war, dass die Klägerin (nach eigener Prüfung des aktuellen Homepageinhalts) erklärt, auf Basis dieses aktuellen Inhaltes keine weiteren Ansprüche geltend zu machen. Trotzdem lehnte die Klägerin den Vorschlag kategorisch ab. Zur Begründung führte sie schon in der mündlichen Verhandlung vom 11.09.2014 aus, dass es am Präjudiz für die Vertragsstrafen fehlte. Das erscheint schon nicht nachvollziehbar, weil die Tatsache, dass die Unterlassungsanträge tituliert worden wären, allenfalls positive Signale für das Vertragsstrafenverfahren, keinesfalls aber negatives Präjudiz gehabt hätte. Allerdings wäre das Landgericht XY aber ohnehin nicht an die hiesige Rechtsauffassung gebunden. Daher zeigt diese Haltung, dass es der Klägerin tatsächlich in erster Linie nur um die Vertragsstrafen ging, also um die Punkte, die die Beklagte finanziell massiv treffen würden und - wenn überhaupt Gelder realisiert werden könnten - zu Einnahmen der Klägerin führen würden. Diese Vertragsstrafen - davon ging auch die Klägerin aus - hätten wirtschaftlich weitreichende Folgen für die Beklagte. Das ist ein weiteres Indiz für das Vorliegen sachfremder Motive, wenngleich die Kammer nicht verkennt, dass es ein grundsätzlich wettbewerbsrechtlich schützenswertes Interesse daran gibt, Vertragsstrafen zu realisieren, um damit wettbewerbskonformes Verhalten zu erzwingen. Es ist aber eine Frage der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit, in welchem Maße darauf hingewirkt werden muss, um dieses Ziel zu erreichen.

Die endgültige Mitteilung, eine solche Lösung für nicht zielführend zu halten, verband die Klägerin sodann sogar gleich mit einem weiteren Angriff in Gestalt der Klageerweiterung um den Vorwurf eines weiteren Verstoßes. Dieses Verhalten zeigte dann nicht nur, dass die Klägerin in keiner Weise an Deeskalation interessiert ist, sondern vielmehr den Druck auf die Beklagte noch weiter erhöhen will.

Die Kammer legt Wert darauf, klarzustellen, dass sie nicht der Ansicht ist, die Beklagte sei ein reines „Opfer", weil sie sich etwa stets standesgemäß und anständig verhalten habe. Vielmehr sieht die Kammer, dass auch die Beklage und die frühere Kanzlei eine fragwürdige Vergangenheit haben und vor allem auch, dass einige der Verfahren und Auseinandersetzungen und möglicherweise auch die Feindseligkeit der Klägerin von der Beklagten verursacht und herbeigeführt wurden. Auch verkennt die Kammer nicht, dass die Beklagte oder jedenfalls ihre frühere Kanzlei - worauf die Klägerin im letzten Schriftsatz vom 12.06.2015 hinweist - selbst massiv wettbewerbsrechtlich agiert hat und es mag auch sein, dass sie dabei ihrerseits die Rechtsmissbrauchsschwelle überschritten hat. Die Kammer würde daher auch - gäbe es ein neues Verfahren der Beklagten gegen die Klägerin - sehr kritisch prüfen, ob auch insoweit Rechtsmissbrauch zu bejahen wäre. Diese Aspekte sind indes nicht entscheidend für die Bewertung des Vorgehens der Klägerin, das allein Gegenstand dieses Verfahrens ist. Um eine Bewertung des Verhaltens der Beklagten geht es hier nicht.

Es geht allein um die Frage, ob die aktuelle Klage auf Seiten der Klägerin noch von vom Wettbewerbsrecht geschützten Motiven oder nur noch von persönlichen und sachfremden Motiven getragen wird und zwar - und das ist entscheidend - unabhängig davon, wodurch diese sachfremden Motive verursacht wurden. Und das ist nach Gesamtschau aller oben aufgeführten Argumente zur Überzeugung der Kammer der Fall. Auch wenn die einzelnen Maßnahmen und Verhaltensweisen jede für sich betrachtet grundsätzlich rechtmäßig und vom Wettbewerbsrecht geschützt sind, beinhalten die oben genannten Punkte ausreichend Anhaltspunkte dafür, dass sachfremde Motive maßgeblich sind. Und ist auch keiner dieser Anhaltspunkte allein betrachtet geeignet, zur Annahme der Rechtsmissbräuchlichkeit zu führen, führt eine Gesamtbetrachtung der Anhaltspunkte, eine Bewertung ihrer Vielzahl und ihrer Aussagekraft, zu einer ausreichenden Indizienlage, um zur Überzeugung der Kammer zu führen, dass das Vorgehen hier rechtsmissbräuchlich ist. Die Kammer glaubt der Klägerin nicht, dass sie sich von der Beklagten noch wettbewerbsrechtlich bedroht fühlt und eine Notwendigkeit sieht, zum Schutz des Wettbewerbs in solch massiver Weise gegen die Beklagte vorzugehen. Die Tätigkeiten der Beklagten im Wettbewerbsrecht waren bereits überschaubar geworden. Im Bußgeldbereich besteht zwischen den Parteien so wenig räumliche Überschneidung, dass eine tatsächliche Bedrohung der Stellung der Klägerin kaum vorstellbar ist Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die nun noch geltend gemachten Verstöße nicht sehr schwerwiegend sind. Es handelt sich nicht etwa um klare Werbeaussagen mit ausdrücklichen Inhalten wie „Wir haben mehrere Anwälte", „Wir haben X Mitarbeiter", Diese Kanzleien existiert in der aktuellen Form schon seit X Jahren", sondern die mit solchen Äußerungen nur im Kern vergleichbaren Werbebotschaften ließen sich in den erhobenen Vorwürfen nur durch Auslegung und teilweise mit Hintergrundwissen herauslesen. Mögen solche Werbeaussagen auch wettbewerbswidrig sein, sind sie natürlich von erheblich geringerer Qualität und Auswirkung für die Mitwettbewerber als ausdrückliche, irreführende Kernaussagen. Auch deshalb glaubt die Kammer der Klägerin nicht, dass sie sich tatsächlich durch die beanstandeten Maßnahmen oder von der Beklagten bedroht fühlt.

Vielmehr nutzt die Klägerin das Wettbewerbsrecht, um sich unter dessen Deckmantel für frühere Angriffe und Auseinandersetzungen zu revanchieren, ihrer Antipathie für die Beklagten und ihrem Ehemann Ausdruck zu verschaffen und ruinöse Angriffe gegen die Beklagte zu führen. Das ist rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG, was zur Unzulässigkeit der Klage führt.

Aus den vorgenannten Gründen ist die Klage in Bezug auf die Abmahnkosten wegen Verstoßes gegen Treu und Glaube (§ 242 BGB) unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.



Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig (Stand: 18.06.2015)

 


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