Kostentragung bei einstweiliger Verfügung ohne Abmahnung
Das Oberlandesgericht (OLG) in Frankfurt am Main hat mit seinem Beschluss vom 10.07.2014 unter dem Az. 6 W 51/14 entschieden, dass ein Anlass für einen Eilantrag ausnahmsweise dann vorliegen könne, wenn eine Abmahnung von vornherein keinen Sinn hat. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn der Antragsgegner schon im Voraus signalisiert hat, dass er eine gerichtliche Klärung einer Einigung vorzieht oder ihr jedenfalls nicht auszuweichen gedenkt.
Auf die von der Antragstellerin eingelegte Beschwerde wurde das Urteil der Vorinstanz (Landgericht Frankfurt am Main) geändert und die einstweilige Verfügung bestätigt. Dem Antragsgegner sind die Kosten auferlegt worden.
Die Antragstellerin erwirkte gegen den Antragsgegner eine einstweilige Verfügung, nach der er bestimmte Äußerungen auf seinem Internetauftritt zu unterlassen hat. Der Antrag war ursprünglich auf auch noch einen zweiten Punkt bezogen, den die Antragstellerin später jedoch zurückgenommen hat.
Der Antragsgegner hat die Verfügung abgesehen von der hälftigen Kostenauferlegung anerkannt. Gegen diesen Kostenbescheid legte er Widerspruch ein. Das LG hat mit einem Anerkenntnisurteil die Kosten insgesamt der Antragstellerin auferlegt. Dagegen richtet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde. Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
Das OLG ist der Auffassung, die Beschwerde der Antragstellerin sei zulässig und insbesondere sei sie auch begründet.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens hänge nur davon ab, ob der Antragsgegner dem Antragsteller Anlass zur Stellung eines Eilantrages gegeben habe (§ 93 ZPO). Das sei in der vorliegenden Sache zu bejahen. Es obliege zwar dem Gläubiger einer Forderung, den Schuldner zunächst abzumahnen, in Ausnahmefällen könne dies jedoch entbehrlich sein und von vornherein sinnlos erscheinen. Das sei hier der Fall. Die Antragstellerin hatte per E-Mail Äußerungen des Antragsgegners mit der Überschrift „Mundstücke“ moniert. Das Schreiben genüge zwar nicht den Anforderungen an eine Abmahnung, doch ließ die darauf vom Antragsgegner gezeigte Reaktion die Zwecklosigkeit einer förmlichen Abmahnung erkennen. Der Antragsgegner teilte mit, dass er zwar bereit sei, bestimmte Formulierungen ggf. zu ändern, wies aber darauf hin, dass „Abmahnungen uns in keinster Weise schrecken und uns niemals zu niemals zu rechtfertigenden Zugeständnissen an der Wahrheit bewegen werden.“ Im Nachgang behauptete er, die Antragstellerin wolle "juristischen Krieg und solle ihn auch bekommen". Damit hat er nach Ansicht des OLG Anlass zur Stellung des Verfügungsantrags geboten. Denn er habe damit zu erkennen gegeben, dass er eine gerichtliche Klärung in Kauf nehmen will. Es sei daher nicht damit zu rechnen gewesen, dass eine Abmahnung hätte Erfolg haben können. Es könne auch nicht aus der Anerkennung der einstweiligen Verfügung geschlossen werden, dass er sich der Antragstellerin auch ohne gerichtliche Hilfe unterworfen hätte. Er habe also das Verfahren verursacht. Daher sei es gerechtfertigt, ihm die Kosten aufzuerlegen.
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 10.07.2014, Az. 6 W 51/14