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Kosten für Zusatzleistungen nur auf "Opt-in"-Basis

EuGH, Urt. v. 19.07.2012, Az: C-112/11


Kosten für Zusatzleistungen nur auf "Opt-in"-Basis

Beim Online-Verkauf von Flugreisen darf ein Vermittler eine Reisrücktrittsversicherung nicht als Voreinstellung vorsehen, sondern muss diese im sogenannten Opt-In-Verfahren anbieten. Mit diesem Verfahren muss der Kunde seine ausdrückliche Zustimmung zum Abschluss einer derartigen Versicherung geben. Es handelt sich um eine fakultative Zusatzleistung.

Grundlage für diese Rechtsprechung ist die Verordnung Nr. 1008/2008, die für mehr Transparenz hinsichtlich der Preisgestaltung im Flugverkehr sorgen soll. Die Anbieter von Flugreisen sind verpflichtet, regelmäßig den Endpreis der ausgewählten Flugreise anzugeben. In diesem Endpreis sind alle für den jeweiligen Flug unerlässlichen Entgelte, Gebühren, Zuschläge und Steuern enthalten. Nicht obligatorische Zusatzkosten, die als fakultative Zusatzleistungen bezeichnet werden, müssen zu Beginn des Buchungsvorgangs klar erkennbar getrennt vom Endpreis ausgewiesen werden. Diese Zusatzleistungen kann der Kunde mit dem sogenannten Opt-In-Verfahren mit seiner ausdrücklichen Zustimmung hinzubuchen.

Die Beklagte ist das Unternehmen ebookers.com Deutschland. Über ihr Online-Portal vermittelt sie Flugreisen. Beim Buchungsvorgang bekommt der Kunde unter dem Punkt „Ihre aktuellen Reiskosten“ die Kosten für den Flug inklusive Steuern, Entgelt, Gebühren und Zuschläge angezeigt. Voreingestellt ist der Punkt Reiserückrittskostenschutz, dessen Betrag in den Endpreis für den Flug einfließt. Entscheidet sich der Kunde, diese Versicherung nicht abzuschließen, muss er die Voreinstellung durch das sogenannte Opt-Out-Verfahren abwählen. Den von dem Kunden gezahlten Preis entrichtet ebookers.com an das Flugverkehrsunternehmen und führt die Steuern und Gebühren ab. Hat der Kunde sich für den Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung entschieden, leitet ebookers.com den entsprechenden Betrag an die nicht mit dem Luftverkehrsunternehmen wirtschaftlich verbundene Versicherung ab.

Eine deutsche Vereinigung für den Verbraucherschutz klagte gegen die Geschäftspraxis des Flugreisenvermittlers. Die Klägerin verfolgte einen Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Voreinstellung der Reiserücktrittsversicherung, die in den Endpreis eingerechnet wird. Im Rahmen einer Vorabentscheidung hat das OLG Köln dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob Dienstleistungen Dritter, die der Flugvermittler in den Endpreis für die jeweilige Flugreise einrechnet, als fakultative Zusatzkosten anzusehen sind. Wird diese Frage durch den Gerichtshof bejaht, muss die entsprechende Zusatzleistung von den Kunden durch das Opt-In-Verfahren mit ausdrücklicher Zustimmung hinzugebucht werden. Der Gerichtshof weist auf das Unionsrecht hin, das die Verbraucher mit der Richtlinie 1008/2008 ausführlich informieren und die nötige Transparenz hinsichtlich der Preisgestaltung garantieren soll. Fakultative Zusatzleistungen sind Dienstleistungen, die den Luftverkehrsdienst unterstützen. Diese Zusatzleistungen sind für die Beförderungen des Fluggastes oder der Flugfracht nicht obligatorisch, so dass der Kunde die Wahl hat, ob er diese hinzubucht oder nicht. Aufgrund dieser Wahlfreiheit schreibt das Unionsrecht vor, dass die Beträge für diese Zusatzleistungen transparent und eindeutig am Beginn des Buchungsvorgangs getrennt von dem Endpreis auszuweisen sind. Die Annahme muss im Opt-In-Vorgang erfolgen.

Dieses rechtliche Erfordernis soll verhindern, dass sich Kunden durch die Voreinstellung dazu verleiten lassen, nicht obligatorische Zusatzleistungen für ihre Flugreise auszuwählen. Die Voreinstellung einer optionalen Zusatzleistung, die im Gegensatz zum Flugpreis nicht obligatorisch sind, ist irreführend. Die Lebenserfahrung besagt, dass Verbraucher Zusatzleistungen hinzuwählen und nicht, wie im vorliegenden Rechtsstreit, abwählen müssen. Die Zustimmung des Kunden kann nicht mit einer Voreinstellung eingeholt werden, sondern muss durch eine ausdrückliche Zustimmungserklärung im Opt-In-Verfahren erfolgen. Mit dem Zweck des Kundenschutzes ist es nicht vereinbar, wenn dieser davon abhängt, ob die fakultative Zusatzleistung von einem Luftverkehrsunternehmen oder einem anderen, nicht wirtschaftlich mit ihm verbundenen Unternehmen geleistet wird. Es kommt darauf an, dass diese Zusatzleistungen im Rahmen des Buchungsvorgangs im Zusammenhang mit der Flugreise angeboten werden.

Fazit
Der Gerichtshof definiert fakultative Zusatzleistungen als Kosten, die im Zusammenhang mit der Flugreise stehen und die durch ein anderes Unternehmen als dem Luftverkehrsunternehmen erbracht werden. Am Ende des Buchungsvorgangs wird der Betrag für diese Zusatzleistungen in den Endpreis für die Flugreise eingerechnet, wenn der Kunde diese hinzubucht.

EuGH, Urt. v. 19.07.2012, Az: C-112/11


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