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Kosten für geduldete Überziehungen

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 04.12.2014, Az. 1 U 170/13


Kosten für geduldete Überziehungen

Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main hat pauschale Kontoüberziehungsgebühren für unzulässig erklärt. Die Deutsche Bank ist nicht berechtigt, ihren Kunden eine pauschale Gebühr von mindestens 6,90 Euro im Fall einer Kontoüberziehung in Rechnung zu stellen.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hatte gegen die Deutsche Bank geklagt, die ihren Kunden laut ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen für jeden Fall der Kontoüberziehung eine pauschale Überziehungsgebühr von mindestens 6,90 Euro pro Quartal in Rechnung gestellt hatte, wenn die anfallenden Überziehungszinsen diese Gebühr nicht übersteigen. Der Kläger hat vor dem Gericht zweiter Instanz (Vorinstanz LG Frankfurt a. M. - 2-12 O 345/12) Recht bekommen, die Deutsche Bank hat gegen das Berufungsurteil Revision eingelegt. Das Berufungsgericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Kunden im Fall einer nur kurzzeitigen und geringen Kontoüberziehung eine exorbitant hohe Gegenleistung mit der Entrichtung der streitgegenständlichen Überziehungsgebühr erbringen müssten. Die Höhe der von der Beklagten geforderten Überziehungsgebühr lasse sich auf keinen Fall rechtfertigen. Die Beklagte stellte ihren Kunden diesen unverhältnismäßig hohen Überziehungszins auch dann in Rechnung, wenn sie ihr Konto nur kurzzeitig um einen Betrag von wenigen Cent überzogen. Diese Gebühr fällt nicht an, wenn die anfallenden Sollzinsen die Kosten für diese Überziehungsgebühr übersteigen. Es handelt sich demzufolge um eine Mindestgebühr. Die Richter werteten diesen Betrag als unangemessene Benachteiligung der Verbraucher, mit dem die Bank im Fall der kurzfristigen Überziehung auch mit niedrigen Summen in Extremfällen einen Zinssatz weit über 1.000 Prozent berechnen würde.

Die Robenträger wendeten sich gegen das Argument der Deutschen Bank, mit der Pauschale sei gleichzeitig die Gebühr für den erhöhten administrativen Arbeitsaufwand hinsichtlich der Bonitätsprüfung abgegolten. Da die Beklagte diese Leistung jedoch ausschließlich in ihrem eigenen Interesse erbringe, sei sie nicht berechtigt, ihren Kunden die hierfür anfallenden Gebühren in Rechnung zu stellen. Die Entgelte für Kredite dürfe grundsätzlich und ausschließlich von deren Laufzeit abhängig gemacht werden. Bucht ein Kunde trotz seines erschöpften Dispositionskredites weiterhin Beträge von seinem Konto ab, liegt eine geduldete Überziehung vor. Die Vertragsparteien vereinbaren vorab die Höhe des Dispokredites. Die über diesen Dispokredit hinausgehenden beanspruchten Beträge sind eine freiwillige Leistung der Bank, die sie ihren Kunden als Extrapuffer zur Verfügung stellt, auf die sie jedoch keinen rechtlichen Anspruch haben. Für diese freiwillige Leistung sind die Banken berechtigt, ihren Kunden Überziehungszinsen in Rechnung zu stellen, jedoch müssen diese gegenüber dem beanspruchten Geldbetrag angemessen sein. Die streitgegenständliche Gebühr der Deutschen Bank ist inakzeptabel. Die Beklagte weicht mit der Höhe ihrer in Rechnung gestellten Überziehungsgebühr von dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab und benachteiligt ihre Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Diese gesetzliche Regelung legt fest, dass es sich bei der Gewährung eines Darlehns um einen gegenseitigen Gebrauchsüberlassungsvertrag handelt, aus dem folgt, dass die darlehensvertraglichen Gebühren im Interesse eines angemessenen Verhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung stets laufzeitabhängig zu berechnen sind. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der von ihr erbrachten Leistung, der Zurverfügungstellung des gewährten freiwilligen Überziehungskredites, und der Gegenleistung der Kunden mit der Zahlung einer unangemessen hohen Überziehungsgebühr liegt nicht vor.

Die von der Beklagten in Rechnung gestellte Kostenpauschale liegt jedoch erheblich über dem Sollzins von derzeit 16,5 % p. a. Den angesprochenen Verkehrskreisen wird nicht klar, dass diese Überziehungspauschale den Sollzins maßgeblich übersteigt. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen Bank enthalten keinen Hinweis darüber, dass eine entgeltpflichtige geduldete Überziehung nur dann vorliegt, wenn sie die Bagatellgrenze für die Annahme eines Verbraucherdarlehens von 200 Euro überschreitet (§ 491 BGB). Die streitgegenständliche Überziehungsgebühr verstößt gegen § 138 BGB (Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts wegen Verstoß gegen die guten Sitten), da eine Form der sittenwidrigen Kreditverträge vorliegt und die Beklagte im Vergleich zum Marktzins eine überhöhte Verzinsung fordert. Der Kläger hat gemäß § 2 UKlaG einen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte, mit dem es ihr untersagt ist, den genannten Überziehungsbetrag von 6,90 Euro pro Quartal rein faktisch zu verlangen.

Die streitgegenständliche Mindestgebühr stellt einen Verstoß gegen das Umgehungsverbot des § 306 a BGB dar. Die Vorschriften über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen finden dann Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen, wie von der Beklagten vorgenommen, umgangen werden. Sie wendet eine unwirksame Regelung bei gleicher Interessenlage an, durch die sie ihren Kunden gegenüber in den Genuss rechtlicher und finanzieller Vorteile gelangt. Die von der Beklagten angewendete Regelung verfolgt ausschließlich den Zweck, dem gesetzlichen Verbot von § 306 a BGB zu entgehen. Einer besonderen Umgehungsabsicht bedarf es nicht, es genügt alleine das Vorliegen der objektiven Voraussetzungen. Die Richter sehen die Wiederholungsgefahr für den Verstoß gegen beide Unterlassungsansprüche als gegeben an. Dem Kläger steht darüber hinaus der Anspruch zu, der sich aus seinen Aufwendungen für die Abmahnung ableitet. Die Beklagte wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung mit einem Ordnungsgeld in Höhe von 250.000 Euro belegt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Revision zugelassen.

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 04.12.2014, Az. 1 U 170/13


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