Kondome mehrfach verwenden?!
Das Landgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 26. November 2015 entschieden, dass es wettbewerbswidrig ist, wenn Kondome mit dem Werbeslogan "1 Tüte a 7 Stück entspricht bis zu 21 Orgasmen" beworben werden.
Bei der Antragstellerin handelte es sich um die Verkäuferin von verschiedenen Waren aus dem fairen Handel. Unter anderem vertreibt sie Kondome, ebenso wie die Antragsgegnerin, die ihr Sortiment über einen Internetshop bundesweit verkauft. Diese werden von ihr jedoch nicht in einer klassischen Faltschachtel versendet, sondern in speziell hergestellten Folienbeuteln. Auf der Rückseite befindet sich der streitige Hinweis "1 Tüte a 7 Stück entspricht bis zu 21 Orgasmen.".
Am 30. Juli 2015 wurde die Antragsgegnerin von der Antragstellerin abgemahnt, wobei sie zugleich dazu aufgefordert worden ist, die beigefügte strafbewehrte Unterlassungserklärung bis spätestens zum 10. August 2015 abzugeben. Auf dieses Schreiben reagierte die Antragsgegnerin jedoch nicht. Mit Beschluss vom 24. August 2015 wurde die Antragsgegnerin dazu aufgefordert, den Hinweis in Zukunft nicht mehr auf der Folienverpackung anzubringen. Gegen die Beschlussverfügung legte die Antragsgegnerin sodann am 4. September 2015 Widerspruch ein.
Die Antragstellerin begründete ihren Antrag damit, dass der Verbraucher durch die streitige Aussage, die auf den Folienverpackung angegeben ist, über eine entscheidende Tatsache getäuscht wird. Wenn es entstehe dadurch der Eindruck, dass jedes verpackte Kondom mehrfach genutzt werden darf. Durch die Botschaft werde insbesondere bei jungen Käufern der Eindruck erweckt, dass die Kondome bis zu dreimal wiederverwendet werden könnten. Die Antragsgegnerin habe es auch unterlassen, die Werbung durch einen entsprechenden Hinweis klarzustellen. Dies geschehe insbesondere nicht durch den Zusatz: „Einmal ist keinmal? Stimmt oft, aber nicht beim Sex. Ein Einhorn verlangt volle Aufmerksamkeit - wechsle daher das Kondom wenn die zweite Runde ansteht...". Denn durch die Verklausulierung könne die Botschaft nicht von jedem verstanden werden. Zudem sei er teilweise auch aufgrund der Folienstruktur versteckt.
Darüber hinaus werde beim Verbraucher auch der Eindruck hinterlassen, dass durch die Kondome Mehrfachorgasmen möglich sind.
Demgegenüber war die Antragsgegnerin der Ansicht, dass der Anspruch auf Unterlassung nicht begründet sei. Sie mache auf der Produktverpackung keinerlei Angabe dazu, dass die Kondome vom Verbraucher häufiger verwendet werden könnten. Dafür spreche auch das Einmalgebrauchsymbol der Europäischen Gemeinschaft, das gut sichtbar auf der Verpackung angebracht ist. Die im Innenteil befindliche Packungsbeilage kläre den Verbraucher mit den zwingenden Informationen auf, was zwischen den Parteien aber letztendlich auch unstreitig gewesen ist. Der Hinweis der multiplen Orgasmen sei auch nicht auf den man bezogen, sondern vielmehr auf die weiblichen Sexualpartner. Letztendlich sei die Aussage aber auch so zu verstehen, dass der Orgasmus von Mann und Frau gefördert werden kann. Es entspreche der gängigen Praxis von Kondomherstellern, mit multiplen Höhepunkten zu werben.
Das Landgericht Düsseldorf bestätigte die Beschlussverfügung vom 24. August 2015 und erkannte dementsprechend den notwendigen Verfügungsgrund sowie -anspruch an. Die Eilbedürftigkeit des Verfahrens ergebe sich vorliegend aus § 12 Abs. 2 UWG, wonach dies gesetzlich vermutet wird. Der Antragsgegnerin sei es hingegen nicht gelungen, diese Vermutung durch ihren Vortrag zu widerlegen. Dies setze voraus, dass sich der Antragsteller in dem Verfahren so verhält, dass der Eindruck entsteht, dass ihm gerade nicht an der Eilbedürftigkeit gelegen ist.
Der Verfügungsanspruch der Antragstellerin ergebe sich aus §§ 3, 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 1, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §4 Abs. 2 Nr. 3 MPG. Bei Kondomen handle es sich um medizinische Produkte im Sinne von § 3 Abs. 1 d) MPG. Sie dürfen lediglich einmalig genutzt werden. Durch ihre Werbung auf der Verpackung führe die Antragsgegnerin den Verbraucher jedoch in die Irre. Abzustellen sei hier auf den durchschnittlich informierten Verkehrskreis, der sich am Wortlaut der Aussage orientiert. Gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 3 MPG sei bereits die Gefahr für eine Irreführung oder eine Täuschung ausreichend.
Dies sei vorliegend anzunehmen, da insbesondere junge Menschen, die erste Erfahrungen mit Kondomen sammeln, die Werbung dahingehend missverstehen könnten, dass die von der Antragsgegnerin vertriebenen Kondome tatsächlich mehrfach genutzt werden könnten. Dadurch bestehe die Gefahr einer fehlerhaften Interpretation der Aussage.
LG Düsseldorf, Urteil vom 26.11.2015, Az. 14c O 124/15