Keine Marktbeobachtungspflicht
Das LG Dortmund hat in seinem Urteil vom April 2013 entschieden, dass ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung maßgeblich von der konkreten Kenntnisnahme abhängig ist. In dem Rechtsstreit hatte der Antragsteller eine Werbemaßnahme beanstandet, die von dem Antragsgegner bereits seit längerer Zeit verwendet wurde. Von der Nutzung hatte der Antragsteller jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt Kenntnis erlangt.
Die Richter erkannten in dem Fall die notwendige Dringlichkeit, die den Verfügungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Verfügung darstellt, an. Letztendlich ist ein Unternehmen nicht dazu verpflichtet, den gesamten Wirtschaftsmarkt ständig zu beobachten. Dies kann schon deswegen nicht von dem Unternehmen verlangt werden, weil wettbewerbswidrige Handlung nicht seinem Verantwortungsbereich zuzuordnen ist. Daher kann auch keine Pflicht dazu bestehen, zu einem möglichst frühen Termin, von der wettbewerbswidrigen Tätigkeit Kenntnis zu erlangen.
In dem konkreten Fall leitet sich der Verfügungsanspruch aus den §§ 3, 4 Nr.10 UWG und §§ 1004 Abs.1, 823 BGB ab. Die Besonderheit des Rechtsstreits lag nunmehr darin, dass der Verfügungsbeklagte dargelegt hat, dass der Antragsteller zu einem früheren Zeitpunkt von dem wettbewerbswidrigen Verhalten hätte erfahren können. In diesem Zusammenhang hat der Antragsgegner dargelegt, dass eine frühzeitige Kenntnisnahme dann erfolgt wäre, wenn das beantragende Unternehmen die allgemeine Marktbeobachtungspflicht erfüllt hätte.
Das LG Dortmund hat hingegen entschieden, dass es ausreichend ist, wenn das Verfahren auf einstweilige Verfügung dann eingeleitet wird, wenn die Zeitspanne zwischen dem Antrag und der Kenntnisnahme der Wettbewerbsverletzung nicht mehr als einen Monat beträgt. Die Monatsfrist entspricht dem Rechtsgedanken des vorläufigen Rechtschutz und begründet sogleich die besondere Dringlichkeit. Die Frist beginnt jedoch erst in dem Moment, in dem der Betroffene von der wettbewerbswidrigen Handlung auch tatsächlich erfährt. Andernfalls ginge es von dem reinen Zufall ab, ob der Antrag auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung überhaupt begründet sein kann. Jedenfalls besteht eine generelle Verpflichtung, den Markt intensiv auf verbotene Handlungen zu untersuchen, gerade nicht. Maßgebliches Kriterium sei nach Ansicht der Dortmunder Richter vielmehr, dass das Unternehmen subjektiv von der Wettbewerbsverletzung Kenntnis erlangt. Für hypothetische Erwägungen sei insofern kein Raum. Die Beobachtungspflicht des Marktes kann sich allerdings daraus ergeben, dass gewisse Verdachtsmomente ein wettbewerbswidriges Verhalten andeuten. In diesem Fall muss das geschädigte Unternehmen durchaus zu einer Überprüfung bereit sein, um sich der subjektiven Kenntnisnahme nicht zu entziehen. Anhaltspunkte, die auf derartige Verdachtsmomente bei dem antragenden Unternehmen hätten schließen können, lagen nicht vor.
In dem Rechtsstreit erkannten die Richter insofern die Dringlichkeit der einstweiligen Verfügung an. Der Antragsteller hatte insbesondere kein schuldhaftes Zögern zu verantworten. Das Verfahren zum Erlass einer einstweiligen Verfügung richtet sich nach § 12 Abs.2 UWG.
LG Dortmund, Urteil vom 17.04.2013, Az. 19 O 114/13