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Keine Haftung für Wettbewerbsverstöße weisungsunabhängiger Werbepartner

Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 11.2.2022, Az. 6 U 84/21


Keine Haftung für Wettbewerbsverstöße weisungsunabhängiger Werbepartner

Im Bereich des Onlinemarketings bieten große Online-Marktplätze immer häufiger Werbepartnerprogramme (sogenannte Affiliate-Programme) an. Diese sollen ihnen eine größere Reichweite an potenziellen Käufern bezwecken und den Werbepartnern im Gegenzug eine zusätzliche Einnahmequelle sichern. Hierbei bewerben die Werbepartner Produkte auf ihren Websites, wobei sich durch einfaches Anklicken eines Links (Affiliate-Link) direkt das beworbene Produktangebot auf der Seite des Auftraggebers öffnet. In der zugrundeliegenden Entscheidung hat sich das OLG Köln mit der Frage auseinandergesetzt, wann Amazon als Anbieter eines Affiliate-Programms für Verstöße Dritter haften muss. Das Gericht hat klargestellt, dass ein Handeln der Werbepartner im Rahmen von Affiliate-Programmen dem Auftraggeber bei fehlender Einflussnahme nicht zugerechnet werden kann, da erstgenannzer kein Mitarbeiter oder Beauftragter i.S.d. § 8 Abs. 2 UWG ist. Dies ist stets dann der Fall, wenn es an einer notwendigen Eingliederung in die Organisation sowie an einem bestimmenden Einfluss auf die Werbung fehlt.

Eigenständige und weisungsfreie Werbepartner
Die Beklagte betreibt Affiliate-Programme zur Bewerbung von Matratzen und hat an dem Partnerprogramm des Online-Marktplatzes Amazon teilgenommen. Hierbei war es ihr gestattet, Affiliate-Links auf ihrer Internetseite zu platzieren, welche den Nutzer direkt zu den Angebot-Seiten auf Amazon weitergeleitet haben. Für jeden Klick, der später zu einem Kauf geführt hat, erhielt die Affiliate-Partnerin eine Provisionszahlung. Zur Teilnahme an dem Programm war eine einfache Registrierung erforderlich. Der beklagten Werbepartnerin war es erlaubt, eigenständig und weisungsfrei die Links zu setzen.

Amazon als mithaftende?
Die beklagte Werbepartnerin hat auf ihrer Internetseite unter anderem eine Matratze beworben, wobei sie den Namen einer Matratze der Klägerin, einer Matratzenherstellerin, im Zusammenhang mit einem Link zu einem anderen Produkt auf Amazon verwendete. Deshalb hat die Klägerin die Auffassung vertreten, die konkrete Darstellung der Werbung sei wettbewerbswidrig. Sie klagte mithin auch gegen Amazon als für die Werbung mithaftende und begehrte Unterlassung von Wettbewerbsverstößen auf der Website eines Dritten sowie Erstattung der Abmahnkosten. Nach der klägerischen Auffassung fördere Amazon durch das Partnerprogramm die jeweiligen Werbepartner und stünde deshalb mit der Klägerin in einem mittelbaren Wettbewerbsverhältnis. Im Ergebnis sei das Verhalten der Werbepartnerin als „Beauftragte“ im Sinne des § 8 Abs. 2 UWG Amazon zuzurechnen.

Haftung für Mitarbeiter oder Beauftragte
Das OLG Köln hat klargestellt, dass an eine Haftung nach § 8 Abs. 2 UWG gewissen Voraussetzungen geknüpft sind, die gegeben sein müssen. Zwar kann ein Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch auch dadurch begründet sein, dass eine Zuwiderhandlung in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen worden ist. In diesem Fall sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet. Erforderlich ist dafür allerdings, dass die Werbepartnerin im gegebenen Fall auch als „Beauftragte“ handelt. Eine derartige Beauftragung müsse mittels eines Rechtsverhältnisses zustande kommen und eine Eingliederung in den Betriebsorganismus zur Folge haben, so der Senat. Weiter müsse durch die Eingliederung sichergestellt sein, dass der Betriebsinhaber von den Folgen der Handlungen des Beauftragten profitiere und dass er die Möglichkeit habe, einen entscheidenden Einfluss auszuüben. So könne als Beauftragter auch ein selbständiger Betreiber einer Internetseite handeln, sofern diese Voraussetzungen gegeben sind.

Zurechnung, wenn Einflussnahme auf den Werbepartner
Überdies muss die Handlungen des Beauftragten dem Unternehmensorganismus des beauftragenden Betriebs zugeordnet werden können. Neben Handlungen im Zusammenhang mit der Vertriebsorganisation ist hiervon auch die Werbung umfasst. Deshalb kann nach Auffassung des OLG eine Haftung des beauftragenden Betriebsinhabers im Rahmen eines Werbepartnerprogramms nur dann angenommen werden, wenn dieser Vorgaben hinsichtlich der Werbemittel macht und dadurch Einfluss auf den Werbepartner ausübt. Derartige Vorgaben müssen etwa festsetzen, ob der Link gesetzt werden darf und auf welche vertraglich festgesetzte Website der Link weiterleitet.

„Ob und Wie“ war bei Amazon Werbepartnerprogramm nicht bestimmt
Kurzgefasst müssen die werbenden Unternehmen im Rahmen eines Werbepartnerprogramms Vorgaben zum „Ob und Wie“ der Werbung gemacht haben. Im vorliegenden Fall hat Amazon der Werbepartnerin allerdings erlaubt, eigenständig und weisungsfrei die Links zu setzen. Damit war eine erforderliche Einflussnahme im zugrunde liegenden Fall nicht gegeben. Insbesondere hat es das Gericht nicht als ausreichend angesehen, dass dem Werbepartner für den Werbeerfolg ein Entgelt angeboten worden ist. Dies allein begründe noch nicht die Eingliederung in den Betrieb, sodass Amazon als Anbieter eines Werbepartnerprogramms nicht für die Wettbewerbsverstöße einzustehen hatte.

Fazit
Im vorliegenden Fall konnte Amazon nachweisen, dass keine die Haftung begründende Eingliederung in ein Unternehmen mangels Einflussnahme auf die Werbung sowie konkreter Vorgaben hinsichtlich dessen Ausgestaltung (des „Ob und Wie“) gegeben waren. Das OLG Köln hat sich mit der Entscheidung der Ansicht anderer Oberlandesgerichte in vergleichbaren Fällen angeschlossen, bei denen Amazon als Anbieterin eines Werbepartnerprogramms ebenfalls keiner Haftung ausgesetzt worden ist. Nutzern derartiger Werbepartnerprogramme ist allerdings anzuraten, stets einen Acht auf das Werben der Dienstleister zu haben, wenn es um mögliche Wettbewerbsverstöße geht, denn wer eine fehlende Einflussnahme nicht nachweisen kann, der wird der Haftung nach  § 8 Abs. 1, Abs. 2 UWG möglicherweise nicht entkommen und setzt sich so teuren Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen aus.


Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 11.2.2022, Az. 6 U 84/21


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