Keine Direktvermarktung von Rohmilch mittels Automaten
Selbst erzeugte Rohmilch darf nur in einem Bereich vertrieben werden, der räumlich zum jeweiligen Milcherzeugungsbetrieb gehört. Anderenfalls ist nicht gewährleistet, dass die hohen Anforderungen in hygienischer und prüftechnischer Art erfüllt werden. Dies gilt auch dann, wenn sich der räumlich darüber hinausgehende Betrieb im Zugriff des eigentlichen Milcherzeugers befinde. Dieser kann nicht in gleicher Weise die Vertriebswege überwachen und die Qualität sicherstellen, wie dies bei einem Vertrieb im räumlichen Zusammenhang mit dem Milcherzeugerbetrieb möglich wäre. Aus Aspekten des Gesundheitsschutzes ist daher ein strenge Auslegung der Lebensmittelverordnungen notwendig.
Sachverhalt
Der Kläger ist Bauer und betreibt einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb im Bereich der Milcherzeugung. In etwa zwei Kilometer Entfernung hat der Kläger einen Milchautomaten aufgestellt. Über diesen wird Rohmilch an den Verbraucher abgegeben. Dieses Vorgehen wurde untersagt. Als Begründung wurde angeführt, dass die Abgabe der Rohmilch nicht, wie vorgeschrieben, im Betrieb selbst erfolgt, sondern in einiger Entfernung. So könne ein kontrollierter Vertrieb der Rohmilch nicht gewährleistet werden.
Der Kläger trägt vor, dass sein Betrieb seit Generationen bestehe. Es sei schon in den 90er Jahren Milch auf dem Hof verkauft worden. Die beiden vorhandenen Betriebsstätten mit dem Haupt- und Nebenbetrieb sei unabdingbar für das Fortbestehen seines Gesamtbetriebes. In beiden Betrieben werden alle Hygienevorschriften erfüllt. Eine Gefährdung der Rohmilch vom Kuheuter bis zum Milchautomaten sei nahezu ausgeschlossen. Zudem sei der Automat auf dem neuesten Stand und sehr kostenintensiv gewesen. Auch viele seiner Kunden haben sich schriftlich für einen Weitervertrieb der Rohmilch ausgesprochen. Zuletzt sei Rohmilch allenfalls für Schwangere und Kleinkinder gesundheitsgefährdend. Alle anderen Kundengruppen können bedenkenlos Rohmilch konsumieren.
Entscheidungsgründe
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe wies die Klage ab und verwies darauf, dass der Bescheid den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Ausgangspunkt ist, dass Rohmilch grundsätzlich nicht direkt an den Verbraucher vertrieben werden darf. Lediglich für die Abgabe direkt auf dem Hof gelten Ausnahmen. Die Abgabe der Milch am etwas entfernten Milchautomaten verstößt gegen § 17 Tier-LMHV. Die Abgabe durch einen Milchautomaten stellt sich nicht als Abgabe von Rohmilch direkt im Milcherzeugungsbetrieb dar. Diese Ausnahme ist, aufgrund der insoweit auch europarechtlich existierenden Gesundheits- und Tierschutznormen, sehr eng auszulegen. Rohmilch enthält tendenziell mehr Krankheitserreger als industriell behandelte Milch. Dies kann, in Einzelfällen, zu schwerwiegenden Infektionen führen.
Nach Maßgabe des Gesetzgebers kommt daher eine Liberalisierung der Rohmilchabgabe nicht in Betracht. Die Abgabe von Rohmilch ist daher ausschließlich auf den engen räumlichen Zusammenhang zum jeweiligen Milcherzeugerbetrieb zulässig. Dies liegt bei einer 2 km entfernten Betriebsstätte nicht vor. Zumal sich beim Milchautomaten allenfalls Nebengebäude befinden, die eigentliche Milcherzeugung aber unstreitig woanders erfolgt. Darauf, dass der Kläger innerhalb kurzer Zeit vor Ort sein kann und der Milchautomat grundsätzlich unter seiner dauerhaften Verfügungsgewalt steht, kommt es nicht an. Selbst wenn hier von einer flächendeckenden und zeitlich umfassenden Aufsicht über die enthaltene Rohmilch und die jeweiligen Kunden auszugehen wäre, würde dies nicht ausreichend Gewähr dafür bieten, dass die Hygienevorschriften und die weiteren Normen eingehalten werden. Dafür spricht auch, dass die unberechtigte Abgabe von Rohmilch an Verbraucher einen Straftatbestand mit einer Strafandrohung von bis zu drei Jahren darstellt. Letztlich wird der Kläger auch nicht benachteiligt. Es steht ihm frei, den Milchautomaten auf seinem Hauptbetrieb anzubringen.
Fazit
Die Rechtsprechung gibt nachvollziehbar dem allgemeinen Gesundheits- und Tierschutz den Vorrang vor den Individualinteressen. Anders lässt sich ein umfassender Schutz nicht gewährleisten. Mit Krankheitserregern belastete Rohmilch kann eine erhebliche Gesundheitsgefährdung begründen. Demgegenüber können rein kommerzielle Kosten-Nutzen Erwägungen des Milchbauern nicht überwiegen. Letztlich hat auch der Bauer selbst ein Interesse daran, nur kontrollierte und einwandfreie Milch an seine Kunden zu verkaufen.
VG Karlsruhe, Urteil vom 16.11.2011, Az. 5 K 1869/10