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Kein Widerruf durch Nichtannahme der Ware

AG Dieburg, Urteil vom 04.11.2015, Az. 20 C 218/15


Kein Widerruf durch Nichtannahme der Ware

Das Amtsgericht (AG) in Dieburg hat mit seinem Urteil vom 04.11.2015 unter dem Az. 20 C 218/15 entschieden, dass das Nichtannehmen einer Ware nicht ausreicht, um dem Verkäufer den Widerruf zu erklären. Der Widerruf muss wörtlich erklärt werden und kann nicht konkludent durch Verweigerung der Annahme geschehen.
Des Weiteren stellte das Gericht fest, dass ein Verbraucher eine Ware schon dann erhalten hat, wenn er imstande ist, die Ware zu prüfen. Das ist bei einem physischen Besitz der Ware der Fall.

Geklagt hatte ein Verbraucher, der bei der Beklagten über die Plattform eBay 480 Packungen eines Erfrischungsgetränks zum Preis von € 45,50 nebst Versandkosten gekauft hatte. Der Kläger bestellte die Getränke, um sie gemeinsam mit seiner 10-köpfigen Wohngemeinschaft zu verbrauchen. Nach der Bestellung erhielt er eine Widerrufsbelehrung, in der es hieß:
"Die Widerrufsfrist beträgt vierzehn Tage ab dem Tag an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die Waren in Besitz genommen haben bzw. hat."
Der Kläger hat die gesamte Summe überwiesen und erhielt die Ware in insgesamt fünf Paketen. Nach dem dritten der fünf Pakete hat der Kläger die Annahme der übrigen zwei Pakete verweigert und forderte per E-Mail die Beklagte ohne Erfolg zur Rückerstattung von 2/5 des Gesamtpreises auf. Er behauptete, den Vertrag widerrufen zu haben durch die verweigerte Annahme von Paketen.

Mit der Klage verlangt der Kläger Rückzahlung. Er ist der Auffassung, dass die Widerrufsfrist nach §§ 355 und 356 BGB nicht zu laufen begonnen habe, weil die beiden nicht angenommenen Sendungen nicht in seinen Besitz gelangt seien. Vielmehr seien diese im Besitz des Beförderers verblieben, da er, der Kläger, zu keiner Zeit eine tatsächliche Sachherrschaft an den Paketen erlangt habe.
Das Gericht hat die Klage mit Versäumnisurteil abgewiesen, hiergegen legte der Kläger Einspruch ein.

Der Einspruch ist zulässig, so das Gericht, hat aber keinen Erfolg. Der Kläger hat auf die Rückzahlung des Teilbetrags keinen Anspruch, weil er den teilweisen Widerruf nicht rechtzeitig erklärt hatte.

Die Ablehnung der beiden Sendungen durch den Kläger stellt keinen Widerruf im gesetzlichen Sinne dar. Gemäß der neuen Regelung der §§ 355 ff. BGB habe der Widerruf in Form einer eindeutigen Erklärung zu erfolgen. Es sei eine bloße Rücksendung nicht mehr ausreichend. Das gelte entsprechend auch für die Annahmeverweigerung.

Die Zahlungsaufforderung des Klägers hingegen sei als Widerruf zu bewerten. Dieser Widerruf sei jedoch unwirksam, da er nach der Widerrufsfrist von 14 Tagen abgesendet wurde.
Nach § 355 BGB beginne die 14-tägige Widerrufsfrist mit Erhalt der Ware. Unter Erhalt der Ware sei der "physische Empfang" zu verstehen. Entscheidend sei, ob der Käufer in der Lage sei, die Ware zu prüfen.
Wenn bei einer Warenlieferung in mehreren Paketen bei einer teilweisen Annahmeverweigerung eine Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnen (mangels Erhalt), könnte der Verbraucher den Sinn der Neuregelung oftmals faktisch ins Leere laufen lassen. Denn er hätte dann nämlich die Möglichkeit, den Vertrag bis zu einem Jahr und 14 Tagen nach Abschluss des Vertrags zu widerrufen. Das käme zumeist vom Ergebnis her einem Widerruf nur durch die Annahmeverweigerung gleich, weil damit jede Erklärung binnen eines Jahres plus 14 Tagen nach Abschluss des Vertrages, den Vertrag nicht bestehen lassen zu wollen, als Widerrufserklärung auszulegen sei. Im Ergebnis stünden gerade kleine Händler ohne standardisiertes Widerrufsverfahren ohne Schutz da. Dies aber liefe dem Sinn der Neuregelung des § 355 BGB entgegen und würde den Verbraucherschutz überspannen.

AG Dieburg, Urteil vom 04.11.2015, Az. 20 C 218/15


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