Kein negativer Kontostand bei Prepaid-Handy
Die Nutzer sogenannter Prepaid-Angebote müssen künftig nicht mehr damit rechnen, einen negativen Kontostand beim Mobilfunkanbieter aufzuweisen und zu dessen umgehendem Ausgleich vertraglich gebunden zu sein. Derartige Fälle landeten in den letzten Monaten vermehrt vor deutschen Richtern – ein vorläufig abschließendes Urteil fällte das Landgericht München I Mitte Februar 2013.
Die Kostenkontrolle verloren
Prepaid-Angebote beruhen auf dem Grundsatz, dass der Verbraucher zunächst einen gewissen Betrag auf das Konto des Mobilfunkanbieters einzahlt. Meist erfolgt das über den Erwerb entsprechender Gebührenkarten, die sodann in das Handy eingelegt werden. Die Abrechnung der in Anspruch genommenen Serviceleistungen geschieht wiederum in Sekundenschnelle: Sobald der Nutzer telefoniert, Kurzmitteilungen verschickt oder im Internet surft, wird der entsprechende Betrag von seinem Guthaben abgezogen. Das geht so lange gut, bis der Nullstand erreicht ist und weitere Leistungen nicht genutzt werden können. In einigen wenigen Fällen, zu denen etwa der Anruf auf Sondernummern sowie das Datenroaming zählten, kam es jedoch zu einer verzögerten Abrechnung, wodurch das Anwenderkonto durchaus ins Minus rutschen und einen negativen Betrag aufweisen konnte.
Der Verbraucherschutz klagt
Wies das Konto einen negativen Saldo auf, mussten die Kunden des Mobilfunkunternehmens diesen umgehend ausgleichen. Dazu waren sie laut standardisierter Vertragsbedingungen mit dem Konzern verpflichtet. Dieses Vorgehen rief indes eine Organisation auf den Plan, die sich zum Zwecke des Verbraucherschutzes gegründet hatte. Ihrer Ansicht nach kam der Anbieter seinem Versprechen nicht nach – so köderte er die Kunden mit der Aussicht auf eine volle Kostenkontrolle. Genau diese kam aber abhanden, wenn die Abrechnung einiger bestimmter Dienstleistungen nur verzögert erfolgte und sich dadurch sehr wohl ein Zahlungsrückstand ergeben konnte. Die einst garantierte Freiheit wird damit schnell zur Zwangslage, muss die Summe doch sofort ausgeglichen werden, da sie bereits bei ihrer Entstehung den Zustand der Fälligkeit erreicht.
Die Besonderheiten beachten
Das Landgericht München I hat für den vorliegenden Fall entschieden, dass sowohl die Entstehung des Minusbetrages auf dem Konto als auch die umgehende Einforderung dieses Betrages nicht rechtmäßig waren. Beide Erfordernisse laufen den Eigenarten der Prepaid-Produkte zuwider. Für diese entscheidet sich der Nutzer ganz bewusst. Einerseits, um besagte Kostenkontrolle stets zu besitzen. Genau das war hier aber nicht der Fall. Andererseits, um sämtliche in Anspruch genommene Leistungen bereits vorab zu bezahlen. Auch davon konnte vorliegend nicht gesprochen werden, musste der Nutzer doch stets mit einer verzögerten Abrechnung und dem daraus resultierenden Negativsaldo rechnen. In beiden Situationen hatte sich der Mobilfunkanbieter nach Ansicht des Spruchkörpers gesetzesbrüchig verhalten und den Verbraucher gemäß § 307 Absatz 1, Sätze 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches benachteiligt.
Neue Vertragsinhalte erarbeiten
Im Ergebnis dieses Urteils rückt der Schutz des Verbrauchers gegenüber dem wirtschaftlichen Interesse des Mobilfunkunternehmens einmal mehr in den Mittelpunkt. Es ist folglich davon auszugehen, dass viele Anbieter solcher Prepaid-Verträge ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen zunächst überarbeiten, da die bisher genutzten Klauseln nunmehr unwirksam sind. Das Nutzerkonto darf sodann nicht mehr ungewollt in einen negativen Saldo abrutschen – die versprochene Kostenkontrolle muss also jederzeit gewahrt bleiben. Wird daneben ein Sonderservice genutzt, muss dieser separat abgerechnet werden und als solcher für den Nutzer stets erkennbar sein. Bricht ein Unternehmen dennoch diese Grundsätze, sollten Betroffene den Verbraucherschutz informieren.
LG München I, Urteil vom 14.02.2013, Az. 12 O 16908/12
Siehe hierzu auch Landgericht Frankfurt (a.M.), Urteil vom 21.3.13, Aktenzeichen 2-24 O 231/12