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Ist YouTube-Video von Unfallopfer eine Persönlichkeitsrechtsverletzung?

LG Essen, 4 O 157/14


Ist YouTube-Video von Unfallopfer eine Persönlichkeitsrechtsverletzung?

Das Landgericht Essen hat mit Urteil vom 10. Juli 2014 entschieden, dass es nicht zulässig ist, wenn auf einer Videoplattform Körperteile von einem Unfallopfer veröffentlicht werden, wobei das Opfer in dem konkreten Fall bewusstlos gewesen ist. Die Publikation ist insbesondere dann unzulässig, wenn eine Gesamtschau des konkreten Einzelfalls den Schluss zulässt, dass der Geschädigte aufgrund persönlicher Merkmale von einem mehr oder weniger großen Personenkreis identifiziert werden könnte. Eine eindeutige Identifizierung ist jedenfalls dann wahrscheinlich, wenn über das Video das Kfz-Kennzeichen sowie der Fahrzeugtyp veröffentlicht werden. Zudem war in dem Begleittext sowohl das Alter als auch der Wohnort des Geschädigten genannt worden.

Videoportale, wie zum Beispiel YouTube, genießen weltweit eine große Beliebtheit. Videos können erstellt und mit anderen Usern geteilt werden. Dabei dürfen die hochgeladenen Videos nicht gegen Rechte Dritter verstoßen. Dies ist aufgrund der Masse jedoch vielfach zu bejahen, wenn beispielsweise in die Persönlichkeitsrechte eines gefilmten Dritten eingegriffen wird. Einen derartigen Fall hatte das LG Essen im Juli 2014 zu entscheiden. In dem konkreten Fall musste der durch einen Unfall Geschädigte aus seinem Auto von der Feuerwehr befreit werden. Die Rettungsaktion wurde von einem Zuschauer mithilfe seines Handys aufgezeichnet. Eine Einwilligung für die Videoaufnahme hatte er nicht. Nachdem das Opfer den Unfallort verlassen hatte, lud der Zuschauer das erstellte Material auf YouTube hoch. In dem Video war das Opfer selbst nicht eindeutig zu erkennen gewesen. Der Zuschauer hatte das Gesicht nicht gefilmt bzw. es war über die Plattform nicht wahrnehmbar. Aus dem privaten Film konnten jedoch einzelne Körperteile des Geschädigten eindeutig erkannt werden. Zu diesen Körperteilen zählten die linke Hand, das Bein und die linke Wange des Opfers. Darüber hinaus waren der Haaransatz und das Ohr deutlich erkennbar. Außerdem zeigte die Aufnahme das Kfz sowie das Kennzeichen des beschädigten Autos. Bei dem Pkw handelte es sich um ein Modell der Marke "Range Rover". Nach seiner Genesung nahm der Geschädigte von dem Video Kenntnis. Er forderte den Uploader auf, das Video umgehend zu löschen, und es in Zukunft zu unterlassen, es weiter zu verbreiten. Der Aufforderung war eine strafbewehrte Unterlassungserklärung beigefügt. Auf dieses Schreiben reagierte der Hochlader jedoch nicht, so dass das Opfer eine einstweilige Verfügung vor dem LG Essen erwirkte.

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass der Kläger durch das Video auf YouTube in seinem Recht am eigenen Bild verletzt worden ist. Dadurch ist von den Richtern auch die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts anerkannt worden. Ein unzulässiges Video von einem Unfallopfer liege nicht nur dann vor, wenn das Gesicht des Geschädigten auf dem Bildmaterial eindeutig zu erkennen ist. Es reiche vielmehr aus, wenn das Zusammensetzen einzelner Bilder die Identifikation des Betroffenen wahrscheinlich macht. In dem konkreten Fall hatte der Zuschauer körperliche Merkmale gezeigt, die möglicherweise noch nicht geeignet gewesen wären, Rückschlüsse auf das Unfallopfer zuzulassen. Allerdings war eine Identifizierung aufgrund des- Kfz-Kennzeichens sowie des besonderen Pkw möglich. Da der Uploader zudem den Namen und das Alter auf der Videoplattform verraten hat, war eine Verwechslung der Person geradezu ausgeschlossen. Dies zeigt, dass die Veröffentlichung von Unfällen und ihren Folgen auf Videoplattformen wie YouTube behutsam vorgenommen werden sollten. Zu bewerten ist nach Ansicht des LG Essen der konkrete Einzelfall, um eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu prüfen.

Das Urteil zeigt, welche Bedeutung die Persönlichkeit des Einzelnen hat. Es ist deswegen eine wichtige Entscheidung, weil in dem konkreten Fall das Gesicht des Opfers nicht zu sehen gewesen ist. Eine weite Auslegung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist folglich geboten. Voraussetzung kann somit nicht alleine sein, dass eine eindeutige Identifizierbarkeit aufgrund der Darstellung möglich ist. Es ist vielmehr ausreichend, wenn sich aus der Gesamtschau Rückschlüsse auf die Person ziehen lassen. Zu bedenken ist gerade bei Videos von Unfallgeschehen, dass derartige Bildaufnahmen ohne Einwilligung generell nicht zulässig sind. Das Aufzeichnen von Bildmaterial am Unfallort stellt folglich immer eine Persönlichkeitsverletzung dar. Dadurch wird deutlich, dass Nutzer von Videoplattformen vorab die rechtliche Lage überschauen sollten, da neben Unterlassungsansprüchen in der Regel auch Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können. In extremen Fällen sind sogar Strafanzeigen nicht auszuschließen.

LG Essen, Urteil vom 10.07.2014, Az. 4 O 157/14


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