Irreführung über die geographische Herkunft
Das OLG Frankfurt hat mit Urteil vom 8. November 2012 entschieden, dass eine Irreführung des Verbrauchers nicht vorliegt, wenn auf der Verpackung einer Ware durch Herstellerhinweis auf eine Stadt innerhalb der Bundesrepublik Deutschland verwiesen wird, obwohl das Produkt tatsächlich in Italien gefertigt wurde. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sich aus den sonstigen Merkmalen der Verpackung deutlich ergibt, dass das Produkt nicht im Inland hergestellt wurde. In dem vorliegenden Rechtsstreit oblag einer Firma, die in der Bundesrepublik ansässig ist, die Herstellungsaufsicht. Nach Auffassung des Gerichts stellt der Hinweis somit auch keine unwahre Tatsache dar. Im Kern ging es um die Herstellung von Brot. Das OLG Frankfurt hat in den Entscheidungsgründen argumentiert, dass es ziemlich unwahrscheinlich sei, dass Verbraucher italienisches Brot aus inländischer Herstellung kaufen wollten. Insofern fehlt es an einer relevanten Irreführungsgefahr.
Somit wurde die Klage in der Berufungsinstanz vom OLG Frankfurt zurückgewiesen. Das Gericht führt insofern aus, dass die einstweilige Verfügung, die gegen die Beklagte am 26. März 2009 erlassen wurde, ungerechtfertigt gewesen ist. Der Klägerin stand der Unterlassungsanspruch nicht zu. Durch den Beschluss ist der Beklagten sowohl das Angebot als auch der Vertrieb des Brotes innerhalb der streitgegenständlichen Verpackung untersagt worden. Das LG Frankfurt hat den Vertrieb deswegen untersagt, weil das Produkt in Wirklichkeit nicht in Italien produziert wird. Die Vorinstanz hatte entschieden, dass sich die Irreführung und der damit verbundene Unterlassungsanspruch aus §§ 4 Nr. 11 UWG i.V.m. 11 I Nr. 1 LFGB bzw. § 5 UWG ergibt. Das OLG Frankfurt hielt den Vorwurf dagegen für nicht gerechtfertigt.
In der Berufung hatte die Klägerin noch einmal deutlich gemacht, dass der Verbraucher ihrer Ansicht nach über den verantwortlichen Hersteller des Brotes getäuscht werde. Zudem machte sie geltend, dass der Herstellerhinweis eine deutsche Stadt beinhalte, so dass eine Irreführung vorliegt. Denn durch den Hinweis werde der unzutreffende Gesamteindruck vermittelt, dass das Brot tatsächlich in Deutschland produziert worden sei.
In dem Rechtsstreit hatte die Beklagte vorgetragen, dass das Produkt tatsächlich in Italien gefertigt werde. Auftraggeber sei demnach eine in Deutschland ansässige Firma. Diese überwache und kontrolliere den Herstellungsvorgang. Um ihren Sachvortrag zu stützen, hatte die Beklagte eine eidesstattliche Versicherung zu den Akten eingereicht. Da die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast für den geltend gemachten Anspruch trägt, konnte sie die Aussage der Beklagten nicht substantiiert entkräften. Nach Auffassung des Gerichts reichte es daher nicht aus, dass die Klägerin die Aussage der Beklagten lediglich bestritten hat. Sie hätte vielmehr darlegen müssen, welche Anhaltspunkte für ihren Sachvortrag tatsächlich vorliegen. Daraus hätte sich im Umkehrschluss ergeben, in welcher Hinsicht das Vorbringen der Beklagten unrichtig gewesen ist.
In der Praxis macht sich der Verbraucher regelmäßig keine Gedanken darüber, wo der Auftraggeber seinen Firmensitz hat. Vielmehr ist es nach Auffassung des OLG Frankfurt entscheiden, wo das Produkt hergestellt wird. Wird dementsprechend eine Speise aus einem anderen Kulturkreis angeboten, so ist die Wertschätzung gegenüber dem Fabrikat umso höher, wenn es auch in Wirklichkeit in dem Land produziert wird. Neben dem Herstellerhinweis wird der Verbraucher zudem im Regelfall die Verpackung des Produkts in Augenschein nehmen. In dem konkreten Rechtsstreit beinhaltete die Verpackung gleich mehrere Hinweise, dass das Brot nicht in Deutschland produziert wird. Selbst wenn somit der Herstellerhinweis als auch die Verpackungen in einem Widerspruch zueinander stehen, der von den meisten Verbrauchern wahrscheinlich unzutreffend aufgelöst wird, indem die Produktion gedanklich auf das Inland verschoben wird, fehlt es nach Meinung des OLG Frankfurt nichtsdestotrotz an einer Irreführungsrelevanz.
OLG Frankfurt, Urteil vom 08.11.2012, Az. 6 U 27/11