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Irreführung durch unzutreffende Werbeangaben

"Für Sie ändert sich im Übrigen nichts" ist irreführend


Irreführung durch unzutreffende Werbeangaben

Mit Urteil vom 30.06.2016, Az. 6 U 26/13 hat das Oberlandesgericht Frankfurt entschieden, dass die Werbeaussage "Für Sie ändert sich im Übrigen nichts" irreführend ist, insbesondere dann, wenn Veränderungen mit erheblichen Nachteilen für den Betroffenen eintreten.

Diesem Urteil liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Mit dem Ziel, neue Teilhaber zu gewinnen, hat ein Unternehmen im Rahmen von Akquisitionsbemühungen ein Informationsblatt gegenüber Aktionären der A AG vorgelegt. Dieses Informationsblatt enthielt die Werbeaussage "Für Sie ändert sich im Übrigen nichts". Damit wollte das Unternehmen erreichen, dass die Aktionäre der A AG als Teilhaber im Unternehmen einsteigen. Gegenüber der Rechtsposition als Teilhaber der A AG enthielt der neue Gesellschaftsvertrag erhebliche Nachteile für die Teilhaber. So hatten die Teilhaber mehr Informationspflichten gegenüber den Komplementären. Ebenso veränderten sich bestimmte Kündigungsfristen im neuen Gesellschaftsvertrag.

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Darmstadt vom 19.01.2016 zurückgewiesen. Das OLG stufte diese Werbeaussage als irreführend ein und bejahte einen Wettbewerbsverstoß.

Entscheidungsgründe:
1. Die Werbeaussage "Für Sie ändert sich im Übrigen nichts" wird von den betroffenen Aktionären so verstanden, dass sich ihre Rechtsposition und ihr wirtschaftlicher Spielraum durch eine Annahme des Angebotes nicht verändert. Insbesondere da in den fünf vorhergehenden Info-Blöcken hervorgehoben wird, welche Angebote den Aktionären gemacht werden und welche langfristigen Vorteile sie daraus ziehen können.

2. Zudem ergeben sich aus dem neuen Gesellschaftsvertrag folgende Nachteile für die betroffenen Aktionäre:
- In § 15 des Gesellschaftsvertrag werden entsprechende Informationspflichten für den Kommanditisten gegenüber der Komplementärin festgesetzt, um das Einkaufsverhalten der Kommanditisten zu beeinflussen.
- Nimmt ein Kommanditist nicht an der Zentralregulierung mit Delkredere teil, sieht § 7 Abs. 3 lit. e des Gesellschaftsvertrages ein außerordentliches Kündigungsrecht der Komplementärin vor.
3. Die im Informationsblatt hervorgerufene Fehlvorstellung veranlasst eine erhebliche Anzahl von Aktionären zu einer geschäftlichen Entscheidung, wie der nähere Kontakt zur Antragsgegnerin und die Entgegennahme von weiterem Informationsmaterial (BGH GRUR 2015, 698, Tz. 20 - Schlafzimmer komplett).

Das Argument der Antragsgegnerin, dass bei der Hauptversammlung weitere Unterlagen  übergeben wurden, konnte die hervorgerufene Irreführung nicht ausräumen. Der Senat konnte diesem Argument auch nicht inhaltlich folgen, da ein erheblicher Teil der angesprochenen Aktionäre, unter anderem Handwerker und Kleinunternehmer, durch die Angabe im falschen Vertrauen lag, es bliebe "alles beim Alten" und aus diesem Grund die genannten Passagen nicht zur Kenntnis genommen oder missinterpretiert haben.
4. Da es sich um Informationsblatt für die Akquise von Aktionären handelt, ist es unerheblich, ob die Informationsblätter ohne vorherige Absprache mit der Komplementärin der Antragsgegnerin auf der Hauptversammlung der Fa. A AG im Oktober 2015 verteilt wurden. Die Antragsgegnerin haftet für die Verteilung der Informationsblätter. Es spielt auch keine Rolle, dass das Informationsblatt von der Komplementärin der Antragsgegnerin erstellt worden ist, dass das Angebot von der Antragsgegnerin im Einvernehmen mit der Komplementärin erarbeitet wurde. Da sich die Antragsgegnerin die Kenntnis und das Verhalten ihrer Komplementärin zurechnen lassen muss, führt dies zu einer mittäterschaflichen Haftung (§§ 31, 89, 830 BGB).

Besonders bei Werbung für höherwertige Angebote müssen Teilhaber diese mit gesteigerter Aufmerksamkeit ansehen. Dennoch kann man von ihnen nicht verlangen, den gesamten Inhalt des Gesellschaftsvertrages vor Kontaktaufnahme durchzulesen. Schon allein die Aussage "Für Sie ändert sich im Übrigen nichts" kann dazu führen, dass die Passagen aus der Satzung des Gesellschaftsvertrags gar nicht mehr zur Kenntnis genommen oder missinterpretiert werden.

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 30.06.2016, Az. 6 U 26/13


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