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Irreführende Werbung wegen Preis-Beschränkung

OLG Hamburg, Urteil v. 09.05.2019, Az. 3 U 150/18


Irreführende Werbung wegen Preis-Beschränkung

Kästchen zum Anklicken, die auf einer Landingpage das Preisangebot auf bestimmte Personengruppen beschränken, können irreführend sein, wenn sie bereits vorausgewählt und noch dazu klein und blass gestaltet sind. Aber es sei an sich zulässig, über eine Banner-Werbung mit „Sternchen-Preis“ auf eine Landingpage zu verlinken. So entschied das OLG Hamburg, weil Verbraucher mit so etwas rechnen würden.

Andere Preise für andere Personengruppen
Zwei Anbieterinnen von Mobilfunktelefonen und Mobilfunkverträgen stritten um die „Irreführung“ einer Werbung im Internet. Klickte ein Verbraucher auf die Banner-Werbung, in der der monatliche Preis von € 29,99 mit Sternchen-Hinweis angegeben war, gelangte er auf eine Landingpage der Anbieterin. Auf dieser Seite waren kleine Kästchen zum Anklicken zu finden. Diese dienten dazu, für unterschiedliche Personengruppe verschiedene Preise auswählen zu können. Zum Zeitpunkt der Weiterleitung von der Banner-Werbung auf die Landingpage war das Kästchen neben der Angabe „Junge Leute“ bereits mit einem Häkchen vorausgewählt. Der Preis für den Mobilfunktarif einschließlich Handy wurde mit „monatlich € 29,99“ sowie Einmalkosten von € 1,00 und Anschlusspreis in Höhe von € 29,99 angegeben.

Konkrete Info erst durch „mouse-over“
Rechts daneben befand sich ein kleines „i“ in einem Kreis. Durch mouse-over (Bewegen der Maus über den Kreis) erschien ein kleines Info-Fenster. Darin wurde die Personengruppe „Junge Leute“ konkretisiert: umfasst waren Schüler, Azubis, Studenten und alle Personen unter 28 Jahren. Erst bei aktiver Entfernung des Häkchens aus dem Kästchen erhöhte sich der Preis auf € 34,99. Die Antragstellerin rügte eine Irreführung durch die Werbung gleich aus zwei Gründen. Zum einen sei der Preis auf der Banner-Werbung mit einem Sternchen-Hinweis versehen, der nicht geeignet sei, den Verkehr über die eingeschränkte Preis-Geltung nur „für Junge Leute“ zu informieren. Der Verkehr erwarte eine solche Personengruppen-Einschränkung nicht. Deshalb müsse die Aufklärung bereits in der Banner-Werbung erfolgen.

Sternchen-Hinweis und Landingpage seien irreführend
Zum anderen werde der Verbraucher auf der Landingpage durch das voreingestellte „Junge Leute“-Kästchen in die Irre geführt. Diese Einstellung werde leicht übersehen. Die Antragstellerin begehrte die Unterlassung dieser Werbung im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens. Nachdem das Landgericht Hamburg eine unbefriedigende einstweilige Verfügung nach dem Hilfsantrag erließ, legte die Antragstellerin erst sofortige Beschwerde und anschließend Widerspruch dagegen ein. Daraufhin hob das Landgericht wider Erwarten der Antragstellerin die Verfügung ganz auf. Als Begründung gab es an, die Werbung mit Blick auf den Sternchenhinweis sei nicht irreführend. Der Verkehr erwarte bei einem „Preis mit * “weitere Angaben zu den Bedingungen des Angebots. Dem Begehren nach dem Hilfsantrag fehle es indes an einem Rechtsschutzbedürfnis, da es hierzu bereits ein Verbot gebe.

Vorausgewähltes „Junge-Leute“-Kästchen sei zu verbieten
Gegen diese Entscheidung des LG Hamburg legte die Antragstellerin Berufung ein. Sie war weiterhin der Meinung, die Werbung mit dem Sternchen-Hinweis sei irreführend. Der Verbraucher erwarte weitere Preisbestandteile, aber keine Beschränkung des Preisangebots auf bestimmte Personen. Die Antragstellerin beantragte, der Antragsgegnerin die Werbung mit einer Grundgebühr zu untersagen, wenn dabei nicht klar und deutlich auf die Bedingungen der Inanspruchnahme hingewiesen werde – so wie in der Banner-Werbung geschehen. Hilfsweise beantragte sie das Verbot der Werbung auf der Landingpage in Verbindung mit der vorhergehenden Banner-Werbung. Das OLG Hamburg entschied, dass die Berufung nur bezüglich des Hilfsantrags begründet sei.

OLG Hamburg: Sternchen-Hinweis selbst nicht irreführend
Prinzipiell sei es so, dass man bei dem in der Banner-Werbung erkennbaren Sternchen damit rechne, dass der Preis von € 29,99 noch nicht vollständig sei. Der Verkehr gehe davon aus, dass sich der Gesamtpreis noch aus weiteren Kosten zusammensetze und er hierüber auf der verlinkten Seite aufgeklärt werde. Über diese grundsätzliche Annahme hatten die Parteien auch nicht gestritten. Allerdings treffe die weitere Ansicht der Antragstellerin hierüber nicht zu. Der Verbraucher stelle sich nicht vor, dass der Preis für alle Personen gleichermaßen gelte. Er erwarte lediglich, dass der angegeben Preis noch irgendeine Art von Einschränkung oder Bedingung enthalte. Jedenfalls gehe er gerade nicht davon aus, dass er das Produkt in jedem Fall für € 29,99 und frei von sonstigen Bedingungen kaufen könne. Ein Sonderpreis für junge Leute liege zumindest nicht so sehr außerhalb der erwarteten Bedingungen, dass die „Sternchenpreiswerbung“ an sich schon irreführend wäre.

„Junge-Leute“-Kästchen ist dagegen leicht übersehbar
Außerdem sei es ausreichend, die weiteren Bedingungen auf der verlinkten Seite anzugeben. Auf der Landingpage dürfe die Information jedoch nicht untergehen. Die Bedingung für den Preis müsse hinreichend deutlich sein. In der Gesamtheit der weiteren Preisbestandteile, die auf der verlinkten Landingpage angegeben werden, dürfe die Preisbedingung eben nicht übersehen werden. Genau deshalb sei die vorliegende Werbung mit dem vorausgewählten „Junge-Leute“-Kästchen für die angelockten Personen irreführend. Die Einschränkung des Angebots auf junge Leute sei grafisch sehr zurückhaltend gestaltet worden. Ein erheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs könne diese Information leicht übersehen.

Grafisch zu sehr hervorgehoben: „% - 29,99 € - einmalig 1 €“
Auch das „i“ im Kreis mit der mouse-over-Funktion ändere daran nichts. Die Erläuterungen in dem Fenster könne der Verbraucher nicht wahrnehmen, wenn ihm das „i“ bzw. das Kästchen gar nicht erst auffällt. Bemerkt er die vorausgewählte Einschränkung durch das Kästchen nicht, kann er auch nicht auf die Idee kommen, noch weitere Informationen dazu zu erhalten, was mit dem Angebot für „Junge Leute“ genau gemeint ist. Auf der Landingpage seien die einzelnen Preisbestandteile und Leistungen grafisch deutlich hervorgehoben. Im Kopf der Seite sei der fettgedruckte Preis von € 29,99, ein „%-Zeichen“ sowie der Einmalbetrag von € 1,00 hervorgehoben. Ob der darunter angeführte Anschlusspreis in Höhe von € 29,99 hinreichend deutlich dargestellt sei, könne dahingestellt bleiben. Hierzu wollte sich das OLG Hamburg nicht äußern, weil es nicht Gegenstand des Rechtsstreits sei.

Zu blass und zu klein dargestellt: die Einschränkung auf „Junge Leute“
Jedenfalls seien dann noch weitere Leistungsmerkmale in Fettdruck hervorgehoben. Darunter das zur Verfügung gestellte Datenvolumen von 15 GB, die Telefon- und SMS-Flatrate und der „zusätzlich eingesparte“ Betrag in Höhe von 120 €. Wesentlich kleiner und größtenteils blasser seien die Angaben zu den auswählbaren Personenkreisen gestaltet worden. Diese unauffällige Darstellung könne leicht übersehen werden. Vor allem müsse der Kunde nicht erst aktiv seinen Personenkreis auswählen, weil das Kästchen für „Junge Leute“ bereits vorausgewählt ist. Dadurch bestehe die Gefahr, dass der Kunde auf das Angebot eingeht, ohne die Einschränkung wahrgenommen zu haben. Er nehme dann an, das Angebot gelte unabhängig vom Alter für alle Personen – was nicht zutrifft. Dadurch werde er in die Irre geführt. Die Werbung auf der Landingpage sei in Verbindung mit der Banner-Werbung daher unzulässig und rechtfertige das wettbewerbsrechtliche Verbot.

Rechtsschutzbedürfnis trotz ähnlichem Verbot
Abschließend stellte das OLG noch fest, dass die Antragstellerin bezüglich des konkreten Verbots auch ein Rechtsschutzbedürfnis habe. Zwar habe sie bereits zu einer ähnlichen Werbung ein Verbot erwirkt. In dem anderen Fall sei es aber um hintereinander verlinkte Sternchenhinweise und damit zwei Landingpages gegangen – ein anderer Sachverhalt. Die vorliegende Werbung könne daher nicht wegen dem bereits bestehenden Verbot bestraft werden. Darum sei der Rechtsschutz im Wege einer weiteren einstweiligen Verfügung gegeben.

OLG Hamburg, Urteil v. 09.05.2019, Az. 3 U 150/18


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