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Irreführende Werbung für “pflanzliches” Antibiotikum

OLG Celle, Urteil vom 09.07.2015, Az. 13 U 17/15


Irreführende Werbung für “pflanzliches” Antibiotikum

Das Oberlandesgericht Celle hat im Juli 2015 geurteilt, dass ein rezeptfreies Medikament nicht als „das pflanzliche Antibiotikum gegen Bakterien und Viren“ beworben werden darf, weil damit suggeriert wird, es sei ähnlich wirksam wie ein klassisches Antibiotikum. Auch eine „vorbeugende Wirkung“ dürfe nicht behauptet werden, da mit dieser Formulierung eine prophylaktische Wirkung gegen Infektionen behauptet würde.

Das von der beklagten Herstellerin produzierte, apothekenpflichtige aber rezeptfreie Medikament dient der Besserung der Symptome akuter entzündlicher Erkrankungen der Bronchien, Nebenhöhlen und ableitenden Harnwege und wurde beworben als „pflanzliches Antibiotikum“, das gegen Bakterien und Viren helfe. Auf der Internetseite des Unternehmens wurde zudem die vorbeugende Wirkung des Medikaments gegen Infekte angepriesen. Ein Selbstkontrollorgan der pharmazeutischen Industrie klagte daraufhin auf Unterlassung. Die auf der Webseite aufgestellten Behauptungen seien irreführend. Der Verbraucher könne den Eindruck erhalten, dass die im Medikament enthaltenen Wirkstoffe aus Kapuzinerkresse und Meerrettich eine Wirkung hätten wie „klassische“ Antibiotika. Das Medikament sei aber nur zur Behandlung der Symptome zugelassen und habe keine kausale, auf die Erreger der Krankheit wirkende Funktion.

Der Kläger beantragte, dem Medikamentenhersteller zu untersagen, weiter mit den kritisierten Behauptungen zu werben. Das beklagte Unternehmen beantragte, den Antrag zurückzuweisen. Zur Begründung erklärte das Unternehmen, dass der Begriff „pflanzliches Antibiotikum“ in der Wissenschaft etabliert sei. Zudem würde im allgemeinen Sprachgebrauch der Begriff Antibiotikum ganz allgemein alle Medikamente zur Behandlung bakterieller Infekte bezeichnen. Außerdem betone die Werbung, dass das Medikament nur für unkomplizierte Infektionen gedacht sei. Die vorbeugende Wirkung des Medikaments sei anerkannt und könne daher auch werbend hervorgehoben werden.

Das Landgericht der Vorinstanz hatte dem Antragsteller zugestimmt und die einstweilige Verfügung erlassen. Insbesondere sei der werbende Text „das pflanzliche Antibiotikum gegen Bakterien und Viren“ unzulässig, weil darin keine Begrenzung der Anwendungsgebiete formuliert würde. Der Verbraucher könne also den Eindruck erhalten, das Medikament helfe bei bakteriellen und viralen Infekten jeder Art. Deshalb bedürfe es auch keiner Klärung der Frage, ob der Begriff „pflanzliches Antibiotikum“ wissenschaftlich etabliert sei oder nicht. Es sei entscheidend, dass der Eindruck vermittelt würde, das Medikament wirke genauso wie ein „klassisches“ verschreibungspflichtiges Antibiotikum.

In der Berufung vor dem OLG Celle beharrte der Hersteller des Medikaments auf seiner Argumentation. Der Begriff „pflanzliches Antibiotikum“ sei etabliert, die vorbeugende Wirkung des Medikaments belegt und daher die Werbung mit diesen Eigenschaften zulässig. Das Oberlandesgericht stimmte der Vorinstanz in allen Hauptpunkten zu. Die Bewerbung des Medikaments als „pflanzliches Antibiotikum gegen Bakterien und Viren” könne bei einem erheblichen Teil der Verbraucher zu der Vorstellung führen, das Medikament wirke wie klassische verschreibungspflichtige Antibiotika und bekämpfe Infekte wie diese. Dadurch sei die Gefahr gegeben, dass diese Verbraucher sich auch in Fällen mit dem Medikament therapieren, in denen dies falsch oder gar gefährlich sei. Außerdem könne der Verbraucher die Einschränkungen der Wirksamkeit auf dem Beipackzettel erst zur Kenntnis nehmen, wenn er das Medikament aufgrund der irreführenden Werbung bereits gekauft habe. Das Medikament sei eben kein Antibiotikum, ohne dass der durchschnittliche Verbraucher die Chance habe, dies zu erkennen. Außerdem sei das Medikament nicht zur Prophylaxe zugelassen und dürfe auch nicht damit beworben werden. Zwar sei es prinzipiell möglich, nicht in der sogenannten Fachinformation aufgeführte Wirkungen eines Medikaments zu bewerben, dies dürfe aber nicht in einer so pauschalen Form geschehen wie hier.

Damit machte das Gericht unmissverständlich klar, dass Werbung für Medikamente sich auf die tatsächlichen Anwendungsgebiete eines Medikamentes zu beschränken hat und keine zusätzlichen Versprechungen machen darf. Die Verwendung des Begriffs „Antibiotikum“ lädt auch dann noch zu Irrtümern ein, wenn das Wort „pflanzlich“ vorangestellt wurde. Ein Medikament, das rezeptfrei zu erhalten ist, darf auf keinen Fall so beworben werden, dass man es mit sehr viel wirkungsvolleren verschreibungspflichtigen Medikamenten verwechseln kann.

OLG Celle, Urteil vom 09.07.2015, Az. 13 U 17/15


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