Irreführende Werbung durch Sternebewertung
Das Landgericht Berlin entschied am 23.09.2021, dass die Produktmarkierung mit fünf Sternen in einem Online-Shop ohne eine tatsächlich existierende Bewertung irreführende Werbung darstelle.
Sterne oder keine Sterne?
Kläger war der Verbraucherzentrale Bundesverband, welcher gegen einen Onlineshop für Fahrräder und Radzubehör vorging. Auf dessen Übersichtsseite waren die Fahrradmodelle mit einer Sternebewertung versehen. Vielfach zeigten die Modelle fünf leuchtend gelbe Sterne an. Nach Anklicken des entsprechenden Modells erschien auf der Produktseite erneut eine Sternebewertung, diesmal aber mit dem Zusatz „(0)“. Weiter unten hieß es unter der Überschrift „Kundenbewertungen“ in kleiner Schrift „Leider ist noch kein Eintrag vorhanden“, gefolgt von einem Button „Bewertung schreiben“. Der Kläger hielt das für irreführend und verlangte Unterlassung.
Spitzenprodukt ohne tatsächliche Kundenbewertung
Das Landgericht Berlin entschied, dem Kläger stehe ein Unterlassungsanspruch zu. Die Beklagte täusche Verbraucher über tatsächlich nicht abgegebene Bewertungen. Die fünf Sterne seien so zu verstehen, dass die Räder nach Kundenmeinung sehr positiv eingeschätzt werden. Der Gebrauch von „Sternen“ analog zu Hotelbewertungen sei im Internet üblich und werde von den Verbrauchern auch so verstanden. Tatsächlich werde der Kaufinteressierte aber in seiner Erwartung enttäuscht, wenn er die Produktseite aufrufe und dort keinerlei Kundenrezension vorfinde. Er werde dadurch zu einer geschäftlichen Entscheidung verleitet, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Weite Auslegung
Diese Einschätzung gelte nicht nur bei einem tatsächlichen Fahrraderwerb, so das Gericht weiter. Vielmehr werde der Kunde auch verleitet, wenn er sich aufgrund des Irrtums näher mit dem Angebot beschäftigt. Der Begriff „geschäftliche Entscheidung“ sei weit auszulegen. Er erfasse nicht nur Erwerb und Nichterwerb von Produkten, sondern auch damit im Zusammenhang stehende Entscheidungen wie das Betreten eines Geschäfts oder das Aufrufen eines Verkaufsportals im Internet.
Irrtum wird nicht aufgeklärt
Das LG war der Ansicht, dass der Irrtum auch nicht auf der Übersichtsseite aufgeklärt werde. Denn es sei nicht davon auszugehen, dass ein von der positiven Bewertung überzeugter Verbraucher der tatsächlich fehlenden Bewertung Aufmerksamkeit schenke. Aus seiner Sicht habe er die gewünschten Informationen über das Spitzenprodukt bereits erhalten. Die Aufklärung eines bereits eingetretenen Irrtums erfordere einen klaren und unmissverständlichen Hinweis. Dieser fehle aber vorliegend. Die Zahl „0“ sei so klein gehalten, dass diese leicht zu übersehen sei. Gleiches gelte für den Satz „Leider ist noch kein Eintrag vorhanden“.
Landgericht Berlin, Urteil vom 23.09.2021, Az. 16 O 139/21