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Irreführende Werbung bei gekauften Top-Platzierungen

LG München I, Urteil vom 18.03.2015, Az. 37 O 19570/14


Irreführende Werbung bei gekauften Top-Platzierungen

In Arztempfehlungs- und Bewertungsportalen ist es nicht zulässig, Einträge von Ärzten, die von der kostenpflichtigen Zusatzoption „Top-Platzierung Fachgebiete“ Gebrauch gemacht haben, an erster Stelle der Suchergebnisse zu platzieren, ohne dies als Werbeanzeige zu kennzeichnen.
Nach Auffassung des Landgerichts München muss der Portalbetreiber künftig den Charakter einer Eintragsplatzierung als gekaufte Werbeanzeige deutlich machen, da gekaufte Top-Platzierungen für Nutzer, die im Internet einen gut bewerteten Arzt suchen, nicht so ohne weiteres erkennbar sind.

Gekaufte Zusatzoption für Ärztebewertung

Im Streitfall erstellte der Portalbetreiber anhand von Patientenbewertungen Arztlisten, die nach Fachrichtungen sortiert waren. Mit der Eingabe von Suchparametern wurde dem Nutzer dabei eine gezielte Suche ermöglicht, bei der die Sortierung der Ergebnisse anhand verschiedener Kriterien wie „Relevanz“, „Entfernung“, „nur Note“, „nur Anzahl Bewertungen“, „Umkreissuche“ oder durch eine Kombination einzelner Kriterien erfolgte.
Ohne Eingabe von Suchparametern wurde die Ergebnisliste anhand einer Kombination der Kriterien „Note“ und „Bewertung“ zusammengestellt.
Der Portalbetreiber bot Ärzten den Erwerb von „Premium-Paketen“ unterschiedlicher Kategorien an. Zu den Premium-Paketen Gold und Platin konnten Ärzte die kostenpflichtige Zusatzoption „Top-Platzierung Fachgebiete“ buchen, was dazu führte, dass diese Zusatzoption den Ärzten ermöglichte, sich mit ihren Tätigkeitsschwerpunkten bzw. Fachgebieten über allen anderen Ärzten in der Ergebnisliste des Portalbetreibers zu präsentieren.

Die entsprechende Werbeanzeige eines diese Zusatzoption erwerbenden Arztes wurde jedoch nur dann eingeblendet, wenn der Nutzer über die beiden Suchfelder „Was“ und „Wo“ auf der Plattform nach einem Arzt einer bestimmten Fachrichtung und einem bestimmten Ort ohne weitere Differenzierung suchte. Bei einer gezielten Suche des Nutzers unter Verwendung von weiteren Suchparametern wurde die Werbeanzeige nicht eingeblendet. In diesem Fall richtete sich die Reihenfolge der Ergebnisliste dann ausschließlich nach „Note“ und „Anzahl der Bewertungen“ des jeweiligen Arztes.

Die Frankfurter Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hatte gegen diese Form der Hervorhebung geklagt und argumentiert, dass der Erwerb von Top-Platzierungen, unabhängig von der bewerteten Leistung, beim Nutzer ein unzutreffendes Bild über die Qualität des jeweiligen Arztes hervorrufe. Der Nutzer werde auf diese Weise in die Irre geführt.
Der Portalbetreiber wiederum berief sich darauf, dass die käuflich erworbene Zusatzoption ohne Einfluss auf die Reihenfolge der eigentlichen Ergebnisliste sei. Außerdem würden Patienten in erster Linie Ärzte in einem gewünschten Umkreis suchen und deshalb nicht ausschließlich nach den Topplatzierten schauen.

Irreführung des Nutzers

Die Münchener Richter sehen in der Praxis des Portalbetreibers eine irreführende Geschäftspraktik, da die Internetseite aufgrund ihrer Gestaltung und Funktionsweise bei den angesprochenen Verkehrskreisen der irrigen Vorstellung herrufe, dass diejenigen Ärzte, die unerkannter Weise die Zusatzoption „Top-Platzierung Fachgebiete“ gebucht haben, die Ergebnisliste anführen, weil sie nach dem für alle gelisteten Ärzte geltenden Algorithmus (Kombination aus Note und Anzahl der Bewertungen) das beste Ergebnis erzielt haben und nicht, weil das Ergebnis maßgeblich durch die kostenpflichtig gebuchte Zusatzoption „Top- Platzierung“ zustande gekommen sei.
Der Kunde habe nicht das Verständnis, dass der an oberster Stelle des jeweiligen Rankings geführte Arzt vielmehr derjenige sei, der die Zusatzoption „Top-Platzierung Fachgebiete“ kostenpflichtig erworben habe.

Außerdem sei der Begriff des Premium-Partners zumindest mehrdeutig. Die angesprochenen Nutzer werden ihn nicht zwingend als ein Hinweis auf eine bezahlte Werbeanzeige auffassen. Es sei nicht fernliegend, dass der Begriff zumindest von zahlreichen Nutzern als eine Bezeichnung für einen besonders guten Arzt aufgefasst werde.

Die durch die unzureichende Kenntlichmachung der Werbung hervorgerufene Vorstellung des Nutzers ist nach Auffassung des LG München auch wettbewerbsrechtlich relevant, weil bei einem großen Teil der umworbenen Verkehrskreise die irrige Vorstellung erweckt werde, dass sich die Ergebnisliste insgesamt ausschließlich nach objektiven Kriterien richtet und nicht durch käuflich erworbene Anzeigen zusammensetzt. Die angesprochenen Nutzer messen Bestplatzierungen in einem Empfehlungsportal besondere Bedeutung bei, die sich auf die Entscheidung, welcher bestimmte Arzt aufgesucht wird, auswirkt.

LG München I, Urteil vom 18.03.2015, Az. 37 O 19570/14


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