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Irreführende Vectoring-Werbung

OLG Köln, Urteil vom 27.03.2015, Aktenzeichen 6 U 134/14


Irreführende Vectoring-Werbung

Das Oberlandesgericht Köln hat durch Urteil vom 27.03.2015 unter dem Aktenzeichen 6 U 134/14 einen wettbewerbsrechtlichen Berufungsrechtsstreit entschieden. Sowohl die Antragstellerin als auch die Antragsgegnerin waren Netzbetreibergesellschaften, die zumindest auf dem Gebiet von Nordrhein-Westfalen miteinander konkurrierten. Die Antragstellerin wurde auf ein Video der Antragsgegnerin aufmerksam, in dem diese in für technische Laien verständlicher Weise Ausbaupläne für ihr Netz vorstellte. Einen besonderen Raum nahm dabei die Darstellung der „Vectoring“-Technik ein, mit deren Hilfe mehr Haushalte mit schnelleren Internetverbindungen ausgestattet werden sollten. Es wurden Datenübertragungsraten bis zu 200 MBit/s im Bereich von Glasfaserkabeln und bis zu 150 MBit/s bei LTE-Ausstattung in Aussicht gestellt. Die Antragstellerin wirbt ebenfalls mit schnellen Internetverbindungen um Kunden und bietet Übertragungsraten von bis zu 150 MBit/s zum zügigen Download von Daten an.

Am zu Werbezwecken verwendeten Video der Antragsgegnerin beanstandete die Antragstellerin das Fehlen von Hinweisen auf die Tatsache, dass es sich bei den in Aussicht gestellten schnellen Übertragungsgeschwindigkeiten tatsächlich nur um Maximalwerte handeln kann, die nicht unbedingt immer erreicht werden und die möglicherweise nicht über längere Zeit gehalten werden können. Rahmenbedingungen wie technische Ausstattung oder Netzauslastung wirken sich nämlich regelmäßig auf die zu erreichende Übertragungsgeschwindigkeit aus, auch, wenn diese durch „Vectoring“ erreicht wird. Außerdem bemängelte die Antragstellerin, dass die Antragsgegnerin im Video die „Vectoring“-Technik so hervorhebe, als handele es sich um eine innovative, gerade erst eingeführte Technik. Tatsächlich entspräche die „Vectoring“-Technik schon nicht mehr dem neuesten Entwicklungsstand. Die Antragstellerin warf der Antragsgegnerin unlauteres Werbeverhalten durch Irreführung von möglichen Kunden gemäß § 5 Absatz 1, Ziffer 1 UWG vor. Nachdem die Antragsgegnerin eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung zurückgewiesen hatte, beantragte die Antragstellerin bei dem Landgericht Köln den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Dem Antrag wurde stattgegeben. Im sich anschließenden Hauptsacheverfahren erster Instanz gaben die Richter in Köln der Klage ebenfalls statt. Die Antragsgegnerin reichte bei dem Oberlandesgericht Köln form- und fristgerecht Berufung ein. Die Berufung wurde als unbegründet abgewiesen.

Die Richter am Oberlandesgericht Köln stützten ihre Entscheidung auf einen allgemeinen Lebenssachverhalt, der es nahelege, aus dem Inhalt des Videos auf besondere technische Möglichkeiten zu schließen, mit deren Hilfe die Antragsgegnerin dauerhaft und zuverlässig beschleunigte Internetverbindungen anbieten wolle. Die Behauptung, dies sei durch die Vectoring-Technik möglich, ist nach dem derzeitigen Stand der Technik jedoch falsch. Die Verwendung von Glasfiberkabeln, Kupferkabeln und der „Vectoring“-Technik kann nicht verhindern, dass sich örtliche Gegebenheiten auf die jeweilige Netzleistung auswirken. Hohe Datenübertragungsraten können allenfalls als Maximalwerte bei besonders günstigen Umständen zeitweise erreicht werden. Tatsächlich muss immer mit erheblichen Abweichungen gerechnet werden. Dem Argument der Antragsgegnerin, sie habe im Video durch die Darstellung von Messgeräten, deren Zeiger um die angepriesenen Werte einen leichten Ausschlag zeigten, ihre Informationspflicht erfüllt, schlossen sich die Richter nicht an. Die Darstellung sei den tatsächlich zu erwartenden Schwankungen nicht gerecht geworden.

Das Oberlandesgericht Köln wies auch das Vorbringen der Antragsgegnerin zurück, sie habe das beanstandete Video auf ihrer Internetseite so eingebettet, dass aufgrund weiterer, auf der Seite zu findenden Informationen eine Missverstehen der Werbebotschaft ausgeschlossen gewesen sei. Das Oberlandesgericht hat sich diesbezüglich den Ausführungen des Landgerichts in I. Instanz angeschlossen. Es dürfe nicht davon ausgegangen werden, dass die Adressaten der Werbebotschaft auf dem Video selbstständig weitere Informationsquellen auf der Internetseite nutzen um Missverständnisse zu vermeiden. Vielmehr muss die Videobotschaft in sich so gestaltet sein, dass Missverständnisse nicht aufkommen können. Das Video wird durch die Antragstellerin als eigenes Werbemittel unabhängig von dem Umfeld, in das es eingebettet wird, angegriffen. Weil das Video nicht ausschließlich über die Internetseite der Antragsgegnerin, sondern auch durch andere Links zu erreichen ist, geht der Verweis auf zusätzliche Informationen, die auf der Internetseite zu finden sein sollen, grundsätzlich fehl. Ob eine Täuschung verursacht werden kann, wird durch den Empfängerhorizont bestimmt. Es können keine außergewöhnlichen technischen Vorkenntnisse beim Betrachter des Videos vorausgesetzt werden.

OLG Köln, Urteil vom 27.03.2015, Aktenzeichen 6 U 134/14


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