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Irreführende Prospektwerbung ohne Angabe eigener Identität untersagt

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 13.10.2011, Aktenzeichen I-4 W 84/11


Irreführende Prospektwerbung ohne Angabe eigener Identität untersagt

Werbeprospekte, die als Postwurfsendungen oder als Zeitungsbeilagen in die Haushalte kommen, müssen klare Angaben darüber enthalten, wer die Angebote unterbreitet. Dazu gehört die rechtlich Bezeichnung einer Firma ebenso wie die vollständige Geschäftsadresse. Wird in einem Angebotsprospekt eines Möbelhändlers eine Finanzierungsdienstleistung einer dritten Firma so konkret beschrieben, dass der Verbraucher sich anhand dieser Beschreibung zu einem Darlehensvertrag entschließen kann, müssen entsprechende Angaben auch zum Anbieter der Finanzierung gemacht werden. Das Oberlandesgericht Hamm hat durch einen am 13.10.2011 verkündeten Beschluss klargestellt, dass die Pflicht zur Offenlegung, welcher Anbieter hinter welchem Angebot steht, auch für Werbeprospekte gilt. In einem unter dem Aktenzeichen I-4 84/11 geführten Rechtsstreit, der die Beschwerde gegen eine Entscheidung des Landgerichts Essen zum Gegenstand hatte, führten die Richter aus, dass ein Werbeprospekt, der einzelne Angebote so genau beschreibt, dass der Verbraucher allein aufgrund dieser Beschreibung einen Kaufentschluss fassen kann, keine einfache „invitatio ad offerendum“ mehr darstellt, sondern ein konkretes Angebot zum Vertragsabschluss. Das gilt auch dann, wenn nicht direkt bestellt werden kann, sondern ein Geschäft aufgesucht werden soll.

Nach den Vorschriften des „Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb“ (UWG) ist es als rechtsmissbräuchlich anzusehen, wenn der Verbraucher wichtige Daten seines zukünftigen Vertragspartners nicht aus dem Prospekt entnehmen kann, in dem die gewünschte Ware zu Sonderkonditionen angeboten wird. Muss der interessierte Kunde erst ein Ladenlokal aufsuchen, um sich zu vergewissern, von wem das Prospektangebot stammt, stellt dies einen Verstoß gegen Wettbewerbsregeln dar. Auch der Verweis auf eine Internetseite reicht nicht aus. Die Missachtung der Pflicht zur Adressatenbenennung kann dazu führen, dass Mitbewerber Abmahnungen versenden und gegebenenfalls beim zuständigen Gericht Unterlassungsansprüche geltend machen. Wird der interessierte Verbraucher nämlich aufgrund eines Werbeangebotes in das Ladenlokal eines Wettbewerbers gelockt, der, wie sich dann herausstellt, nicht der Herausgeber des Angebotes ist, entsteht für den Verbraucher eine missliche Situation. In vielen Fällen wird er sich dann zu einem Kauf genötigt fühlen, weil es ihm unangenehm ist, den Laden unverrichteter Dinge wieder zu verlassen. Aus diesem Grunde gilt die Bestimmung, die eine eindeutige Identifikation des Anbietenden nicht nur dann, wenn eine direkte Bestellung möglich ist, vorschreibt, auch für Werbeflyer.

Bevor die Richter am Oberlandesgericht Hamm über die Begründetheit des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung entschieden haben, mussten sie sich mit der Frage auseinandersetzen, ob überhaupt die als Voraussetzung für eine einstweilige Verfügung notwendige Eilbedürftigkeit vorhanden gewesen ist. Die Antragsgegnerin wies darauf hin, dass der Antragsteller schon im Jahr 2010 eine wettbewerbsrechtliche Beanstandung geltend gemacht hatte. Das Verfahren hatte einen Flyer betroffen, der hinsichtlich der Absenderbezeichnungen den gleichen Inhalt hatte wie der im vorliegenden Verfahren beanstandete Prospekt. Der Antragsteller trug dazu vor, dass er sich im früheren Verfahren ausschließlich auf den Inhalt eines einzelnen Angebotes konzentriert habe, bei dem eine Täuschung über die Beschaffenheit zu bemängeln gewesen sei. Die Adressatenbezeichnungen und die Angaben über Finanzierungsmöglichkeiten seien dabei für ihn nicht von Interesse gewesen. Er habe den mehrseitigen Prospekt deshalb auch nicht vollständig durchgelesen. Das Oberlandesgericht Hamm führte in den Entscheidungsgründen dazu aus, dass beim Vorliegen eines wettbewerbsrechtlichen Verstoßes grundsätzlich von Eilbedürftigkeit auszugehen sei. Nur dann, wenn ausnahmsweise nachgewiesen werden kann, dass der Antragsteller schon früher von dem Verstoß wusste, aber darauf verzichtet hat, seine Ansprüche geltend zu machen, kann die Eilbedürftigkeit entfallen sein. Im vorliegenden Fall sahen die Richter es als nicht erwiesen an, dass der Antragsteller den ständigen Inhalt der von der Antragsgegnerin versandten Werbebroschüren schon kannte, als er den streitgegenständlichen Werbeflyer erhielt. Auch dann, wenn er es fahrlässig versäumt hätte, sich die Broschüre aus dem Jahr 2010 gründlich anzuschauen, kann ihm daraus kein Vorwurf gemacht werden, der den Wegfall der Eilbedürftigkeit im vorliegenden Fall zur Folge hätte.

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 13.10.2011, Aktenzeichen I-4 W 84/11


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