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Irreführende 'Festpreis'-Stromtarif Werbung untersagt

OLG Hamm, Urteil vom 08.11.2011, Az. I- 4 U 58/11


Irreführende 'Festpreis'-Stromtarif Werbung untersagt

Die Werbung mit einem Festpreis für einen Stromtarif ist dann irreführend, wenn dieser trotz des vermeintlichen Festpreises variable Preisbestandteile hat. Insbesondere dann, wenn die variablen Preisbestandteile wie vorliegend bis zu 40% des Gesamtpreises betreffen können, ist die Werbung mit dem Begriff „Festpreis“ bewusst irreführend und greift wettbewerbswidrig in die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers ein. Ein einfacher Hinweis mit Sternen der zu weiteren Erklärungen führt und über gegebenenfalls notwendige Änderungen des Preises verweist, genügt in diesem Fall nicht.
 
Sachverhalt
Beide Parteien sind Stromversorger und stehen zueinander in Konkurrenz. Die Beklagte hat den Stromtarif ST angeboten. Für diesen Tarif wurde aggressiv geworben. So sollte der „Festpreis bis zu 36 Monate konserviert“ werden. Der Verbraucher könne die „Preissicherheit“ genießen. Hinter dem Angebot befand sich ein Sternchenhinweis. Darin wurde darauf hingewiesen, dass Änderungen durch Umsatz- oder Stromsteuer entstehen oder die EEG-Umlage beeinflusst werden können.
 
Die Klägerin meint nunmehr, dass die Kostenbestandteile, in denen hingewiesen wird, etwa 40 % der Gesamtkosten verursachen. Es sei daher irreführend, wenn die Beklagte mit Preissicherheit und Festpreisen wirbt. Wenn etwa 40 % der Kosten variabel seien, decke sich dies nicht mit den Vorstellungen des Verbrauchers von einem Festpreis. Die Beklagte trägt vor, dass der Verbraucher nicht getäuscht wird, da sämtliche Kostenfaktoren, die von der Beklagten zu beeinflussen sind, festgeschrieben werden. Lediglich die staatlichen Kosten und Steuern können nicht festgeschrieben werden, da diese regelmäßig Änderungen unterliegen und dann entsprechend weitergegeben werden müssten.
 
Entscheidung
Das OLG Hamm hat diese Werbung als irreführend und damit als Verstoß gegen § 5 S. 1 UWG eingestuft. Bei der Werbung mit Angaben über die Art des Preises genügt schon die Gefahr der Irreführung. Die Angabe eines „Festpreises“ ist unklar und bedarf der Aufklärung gegenüber dem Verbraucher. Eine Irreführung ergibt sich dann, wenn sich die Verbraucher aufgrund der verwendeten Begriffe bereits konkrete Vorstellungen machen, die nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen. Entscheidend ist dabei nicht, wie die Beklagte als Stromversorger den Begriff „Festpreis“ interpretiert, sondern wie dieser von den Verbrauchern verstanden wird.
 
Zwar versteht der Verbraucher insbesondere bei einem Strompreis den Begriff „Festpreis“ nicht als Pauschalpreis, in dem für einen bestimmten Zeitraum sämtliche Preise festgeschrieben sind. Insbesondere hält der Verbraucher es für möglich, dass das Unternehmen auf geänderte Rahmenbedingungen reagieren muss und sich daher Änderungen einiger Preisbestandteile vorbehält. Der Verbraucher erwartet aber, dass der weit überwiegende Anteil der Kosten bei Vertragsabschluss fest steht und sich während der Vertragslaufzeit nicht ändert.
 
Als Bezugspunkt geht der geschulte Verbraucher allenfalls von 20-25 % variablen Kosten aus, da sich diese im Bereich der bei täglichen Geschäften anfallenden Mehrwertsteuer bewegen. Variable Bestandteile von mehr als 40 % muss der Verbraucher bei der Angabe eines Festpreises jedoch nicht erwarten. Daran ändert auch der Hinweis nichts, da dort die Größenordnung der dort genannten Preisbestandteile nicht genannt wird. Der Verbraucher hat damit keinerlei Vorstellung, wie hoch die variablen Kosten ausfallen können.
 
Es wäre die Pflicht der Beklagten gewesen, den Begriff Festpreis entsprechend detailliert zu erläutern, um gerade diese Fehlvorstellung des Verbrauches zu vermeiden. Diese Fehlvorstellung birgt die Gefahr einer Irreführung, die sich nicht erst in einem Wechsel des Tarifes tatsächlich zeigen muss. Die Beklagte hat den „Anlockeffekt“ des Begriffes „Festpreis“ wettbewerbswidrig ausgenutzt und hat die weitere derartige Werbung zu unterlassen.
 
Fazit
Die Obergerichte bleiben bei der harten Rechtsprechung gegenüber Unternehmen, um einen weitgehenden Verbraucherschutz und funktionierenden Wettbewerb sicherzustellen. Nur mit einem möglichst weitgehenden Schutz können unzulässige Werbeaussagen verhindert werden und sich nicht auf die Kaufentscheidungen der Verbraucher auswirken. Das Werben mit Festpreisen unterliegt daher höheren Anforderungen. Sternchenhinweise sind dann zumeist nicht ausreichend.
 
OLG Hamm, Urteil vom 08.11.2011, Az. I- 4 U 58/11


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