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Irreführende Bezeichnung "Produziert in Deutschland"

OLG Düsseldorf, Urteil v. 05.04.2011, Az. I-20 U 110/10


Irreführende Bezeichnung "Produziert in Deutschland"

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat entschieden, dass ein Hersteller, der ein Produkt zu 75 Prozent in Deutschland herstellen, den Rest jedoch in China fertigen lässt, nicht mit der Deklaration „Made in Germany“ werben darf. Es komme alleine auf die Erwartungshaltung der angesprochenen Verkehrskreise an.

Ein Mitbewerber nahm die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch, weil diese ein Besteckset mit der Aussage „Made in Germany“ und der deutschen Nationalflagge bewarb. Die Löffel, Kaffeelöffel und Gabeln des Bestecksets werden in Deutschland gefertigt, die Messer dagegen in China. Die Richter hatten die Frage zu klären, ob die Beklagte angesichts der teilweisen Fertigung in China berechtigt ist, ihre Produkte mit der Aussage „Made in Germany“ zu deklarieren. Zu beachten ist, dass nur die Endfertigung der Messer, also die Politur, in Deutschland erfolgt. Es spielt keine Rolle, dass die Messer mit einer in Deutschland entwickelten und nach China exportierten Maschinentechnologie hergestellt werden. Das Landgericht bestätigte den Unterlassungsanspruch der Klägerin und verurteilte die Beklagte, es zu unterlassen, ihre Bestecksets mit dem Hinweis „Made in Germany“ zu bewerben.

Die Beklagte ging gegen dieses Urteil in Berufung und wies darauf hin, dass 75 Prozent des Bestecksets in Deutschland gefertigt wird, außerdem zitierte sie den entsprechenden Zollkodex, gemäß dem der Ort maßgeblich ist, an dem die Produkte ihre letzte wirtschaftliche Endbearbeitung erhalten. Die streitgegenständlichen Messer wiesen zudem die gleichen Eigenschaften wie in Deutschland gefertigte Produkte auf. Das Berufungsgericht bestätigt den Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß §§ 128, 127 MarkenG und § 8 Abs. 1, Abs. 3, § 3 Abs. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Bei der Frage, ob eine irreführende Benutzung des Hinweises „Made in Germany“ erfolgt oder nicht, kommt es alleine auf die Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise an. Der Senat ist berechtigt, diese Verkehrsauffassung selbst zu definieren, da auch er zu den angesprochenen Verkehrskreisen zählt. Er sieht eine Irreführung als gegeben an, da die Beklagte das Herstellungsland durch den Hinweis „Made in Germany“ und die deutsche Nationalflagge in besonderer Weise in den Vordergrund stellt. Die angesprochenen Verkehrskreise erwarten bei dieser expliziten Betonung des Herstellungslandes, dass das Besteckset zu 100 Prozent in Deutschland gefertigt wird. Auf den Zollkodex, nachdem der Ort als Herstellungsort anzusehen ist, wo der letzte wirtschaftliche Bearbeitungsschritt erfolgt, kann als obsolet angesehen werden, da es alleine auf die Auffassung der Verbraucher ankommt. Die Richter räumen ein, dass die Verbraucher durch eine jahrelang angewendete Geschäftspraxis entsprechend geprägt werden können. Dabei sind die Produktionsbedingungen im In- oder Ausland bei bestimmten Zusammenhängen als bekannt anzusehen. Diese Konstellation kann der Senat im vorliegenden Fall jedoch nicht feststellen. Die Motivation der Verbraucher kann dahingehend bestehen, sich ganz bewusst für ein in Deutschland hergestelltes Produkt zu entscheiden, wobei es nicht alleine auf die Qualität ankommt. Die Qualitätserwartung der Verbraucher, die sich ganz wesentlich auch auf die Messer bezieht, ist in dieser Fallkonstellation unerheblich.

Die Behauptung „produziert in Deutschland“ indiziert, dass alle wesentlichen und wirtschaftlichen Arbeitsschritte zur Herstellung des entsprechenden Produktes in Deutschland erfolgen. Anderenfalls wären die Begriffe „made“ und „produziert“ falsch und irreführend. Selbst, wenn man den nicht unwesentlichen Arbeitsschritt der Messerpolierung in Deutschland vorne anstellt, kommt die Rechtsprechung zu keinem anderen Entschluss. Auch die durch die Beklagte angeführten hohen Qualitäts- und Hygienestandards waren nicht ausreichend, um den Senat zu einer für die Beklagte günstigen Entscheidung kommen zu lassen.

OLG Düsseldorf, Urteil v. 05.04.2011, Az. I-20 U 110/10


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