Irreführende Bewerbung einer KN95-Maske mit „ähnlich einer FFP2-Maske“
Seit Beginn der Pandemie sind Atemschutzmasken zu den absoluten Alltagsbegleitern geworden. Teilweise gelten strenge Pflichten zum Tragen von FFP2 Masken, da diese im Vergleich zu anderen Masken eine besondere Filterleistung und Dichtsitze mit sich bringen. Aufgrund dieses wesentlichen Unterschiedes dürfen KN95- Atemschutzmasken nicht mit der Aussage „ähnlich einer FFP2-Maske“ beworben werden. Dies hat das Landgericht Bonn mit Urteil vom 09.12.2020 entschieden.
Hohe Standards bei Atemschutzmasken in Europa
Die sogenannten „partikelfiltrierenden Halbmasken“ werden im Kampf gegen die Corona-Pandemie zum Schutz vor Aerosolen eingesetzt. Diese werden in Europa in drei Schutzklassen eingeteilt: FFP1, FFP2 und FFP3. Es gilt der Grundsatz: je höher die Schutzklasse, desto effektiver filtert die Maske. Während in Europa vielerorts das Tragen einer FFP2-Maske als verpflichtend vorausgesetzt wird, gelten in China beispielsweise andere Standards, indem dort überwiegend sogenannte KN95- Masken vorgeschrieben sind. Diese haben eine geringere Schutzwirkung als die dem europäischen FFP2-Standard entsprechenden Masken.
Was war geschehen?
Die Verfügungsbeklagte ist Betreiberin eines Online-Shops für Atemschutzmasken. Dort hat sie unter anderem KN95-Masken mit der Angabe beworben, dass diese „ähnlich einer FFP2-Maske“ seien. Hierin sah die Verfügungsklägerin, ebenfalls Anbieterin für Atemschutzmasken, einen Wettbewerbsverstoß, sodass diese die Verfügungsbeklagte wegen der Bewerbung hat abmahnen lassen. Nachdem daraufhin keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben worden ist, zog die Verfügungsklägerin vor Gericht und erwirkte beim LG Bonn im August 2020 eine einstweilige Verfügung. Hiergegen ging die Verfügungsbeklagte mit Widerspruch vor, sodass das LG Bonn im Rahmen einer mündlichen Verhandlung durch Urteil über die Rechtmäßigkeit des im einstweiligen Rechtsschutz ergangenen gerichtlichen Titels zu entscheiden hatte.
KN95 ist weder gleich noch ähnlich FFP2
Die Richter folgten der Auffassung der Verfügungsklägerin, die glaubhaft gemacht habe, dass die KN95-Atemschutzmasken nicht den europäischen Anforderungen der DIN EN 149:2009-08 entsprechen. Entgegen der dortigen Vorgaben sei der Maskentyp nicht in der Lage, ölhaltige Aerosole (Paraffinnebel) zu filtern. Überdies fehle es ihm an der erforderlichen Dichtsitze. Dies ergebe sich auch aus den vorgelegten Warnhinweisen der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik. Daher sei auch nicht davon auszugehen, dass die Masken „ähnlich FFP2“ seien. Gegenteiliges habe die Verfügungsbeklagte zudem nicht vortragen können, so die Kammer. Bereits aus diesem Grund war die Bewerbung der KN95-Maske mit der Aussage „ähnlich einer FFP2-Maske“ als irreführend und wettbewerbswidrig zu werten. Hiervon ist in jedem Fall dann auszugehen, wenn für diese ein Konformitätsbewertungsverfahren gemäß PSA-Verordnung (EU) 2016/425 unter Einschaltung einer benannten Stelle und Vornahme einer Baumusterprüfung nicht durchgeführt worden ist und die Anforderungen der Norm DIN EN 149:2009-08 nicht erfüllt sind.
Verstoß in mehreren Punkten
Die Parteien stritten darüber hinaus auch noch darum, ob eine KN95-Maske überhaupt mit einem „CE-Zeichen“ versehen werden darf bzw. über die Verwendung der Bezeichnung „Atemschutzmaske“, sofern das Produkt nicht die europäische Schutzklasse (FFP 1 bis 3) einhält. Beanstandet wurde auch mangels Verkehrsfähigkeit die Abgabe von KN95-Masken an Dritte, die keine Gesundheitseinrichtung oder „systemrelevante“ Einrichtung (wie Polizei, Feuerwehr etc.) sind. Darüber hinaus war Streitthema, dass keine Marktverkehrsfähigkeitsbescheinigung den Masken beigefügt worden war. So hat der Verbraucher keine Auskunft darüber, dass es sich um persönliche Schutzausrüstung handelt, die nicht wie die FFP2-Masken nach der PSA-Verordnung (EU) 2016/425 bereitgestellt werden. Im Ergebnis bestätigte das LG Bonn die zuvor ergangene einstweilige Verfügung als rechtmäßig.
Fazit
Das Urteil war eindeutig, denn das LG Bonn gab der Verfügungsklägerin in allen Punkten Recht. Damit hielt die einstweilige Verfügung auch dem Widerspruch der Verfügungsbeklagten stand und wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom Gericht als rechtmäßig bestätigt. Insbesondere aufgrund der besonderen Relevanz sind die rechtlichen Voraussetzungen an Atemschutzmasken hochkomplex. Es ist stets Vorsicht geboten bei der korrekten Einstufung und Kennzeichnung der Masken. Den Händlern ist anzuraten, die Produkte stets auf ihre Konformität und auf ihre korrekte Bezeichnung zu überprüfen. Denn mangelnde Sorgsamkeit kann hier aufgrund der besonderen Relevanz der Masken in der Pandemie nicht nur wettbewerbsrechtliche Probleme bereiten.
Landgericht Bonn, Urteil vom 09.12.2020, Az. 1 O 275/20