Informationen über Herstellergarantie im Onlinehandel
Der Bundesgerichtshof entschied am 10.11.2022 zu den Informationspflichten über Herstellergarantien. Danach müsse ein Online-Händler nur dann die Verbraucher vor Verkaufsabschluss über das Bestehen und die Bedingungen einer Herstellergarantie informieren, wenn diese ein zentrales Verkaufsargument darstellt. Sei die Garantie hingegen kein zentrales Merkmal des Angebotes, müsse auch nicht näher darauf eingegangen werden.
Wann ist über eine Herstellergarantie zu informieren?
Die Parteien waren Mitbewerber beim Vertrieb von Taschenmessern im Onlinehandel. Die Beklagte bot Taschenmesser eines Schweizer Herstellers an. Die Internetseite selbst enthielt keine Angaben zu einer Garantie. Unter der Zwischenüberschrift „Weitere technische Informationen“ allerdings befand sich ein Link mit der Bezeichnung „Betriebsanleitung“. Beim Anklicken öffnete sich ein Produktinformationsblatt. Darin enthalten waren auch Hinweise zur Pflege des Messers sowie auf eine Herstellergarantie mit folgenden Wortlauft: „Die Garantie erstreckt sich zeitlich unbeschränkt auf jeden Material- und Fabrikationsfehler (für Elektronik 2 Jahre). Schäden, die durch normalen Verschleiß oder durch unsachgemäßen Gebrauch entstehen, sind durch die Garantie nicht gedeckt.“. Die Klägerin meinte, die Beklagte habe damit keine ausreichenden Angaben zu der für das Messer gewährten Garantie gemacht und klagte daher. Die 1. Instanz wies die Klage ab; die 2. Instanz verurteilte die Beklagte antragsgemäß. Mit der von ihr eingelegten Revision strebte die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils an. Der BGH wiederum setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH zunächst mehrere Fragen zur Auslegung vor. Nachdem der EuGH diese beantwortet hatte, entschied darauf basierend der BGH.
Kein Verstoß gegen vorvertragliche Informationspflichten
Der Bundesgerichtshof lehnte die Klage ab, hob das Berufungsurteil auf und stellte das Urteil der 1. Instanz wieder her. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Denn die Beklagte habe keine unlautere geschäftliche Handlung begangen, indem sie in ihrem Internetangebot keine näheren Angaben zur im verlinkten Produktinformationsblatt erwähnten Herstellergarantie gemacht hat. Sie habe dadurch nicht gegen eine vorvertragliche Informationspflicht verstoßen. Auch habe sie keine Informationspflicht bei vertraglicher Übernahme einer Garantie verletzt.
Zwischenzeitliche Novellierung spielt keine Rolle
Der klägerseitige Anspruch bestehe nur, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme unlauter war als auch zum Zeitpunkt des Revisionsurteils, so das Gericht. Zwar seien die maßgeblichen Bestimmungen des § 5a UWG und die Vorschrift zu den vorvertraglichen Informationspflichten eines Unternehmers nach § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB inzwischen novelliert worden. Eine für den Streitfall maßgebliche Änderung der Rechtslage folge daraus aber nicht.
Herstellergarantie als zentrales Verkaufsargument
Der BGH befand, das verlinkte Produktinformationsblatt des Herstellers inkl. der darin enthaltenen Garantie begründe keine vorvertraglichen Informationspflichten der Beklagten über die Herstellergarantie. Nach den zugrundeliegenden europäischen Vorgaben bestehe die Informationspflicht nur „gegebenenfalls“. Nach Vorlage des Senats habe der EuGH (Urteil vom 5.5.2022, Az. C-179/21) entschieden, dass die vorvertragliche Informationspflicht nur dann ausgelöst werde, wenn der Verbraucher ein berechtigtes Interesse an den Informationen über die Garantie habe. Ein solches berechtigte Interesse liege insbesondere dann vor, wenn der Unternehmer die gewerbliche Herstellergarantie zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots macht. In einem solchen Fall werde die Aufmerksamkeit des Verbrauchers ausdrücklich auf die gewerbliche Herstellergarantie gelenkt. Es werde daraus ein Verkaufs- oder Werbeargument gemacht, und damit die Wettbewerbsfähigkeit oder die Attraktivität des Angebots verbessert. Außerdem sei es aus Gründen des Verbraucherschutzes zu vermeiden, dass sie durch unklare, mehrdeutige oder unvollständige Informationen über verschiedene bestehende Garantien und deren Zusammenspiel in die Irre geführt werden. Erwähne das Angebot die Herstellergarantie hingegen nur beiläufig oder in belangloser oder vernachlässigender Weise, könne sie weder als Geschäftsargument angesehen werden noch könne sie einen Irrtum beim Verbraucher hervorrufen. In einem solchen Fall sei der Unternehmer nicht schon aufgrund dieser bloßen Erwähnung verpflichtet, dem Verbraucher vorvertragliche Informationen über die Garantie zur Verfügung zu stellen.
Herstellergarantie in beiläufiger und vernachlässigbarer Weise
Vorliegend habe die Herstellergarantie kein zentrales oder entscheidendes Merkmal der Internetpräsentation dargestellt, so das Gericht weiter. Auch seien keine Fehlvorstellungen von Verbrauchern über den Garantiegeber zu befürchten. Damit sei auch keine Pflicht zur vorvertraglichen Information über die Garantiebedingungen entstanden. Die Herstellergarantie sei auf der Angebotsseite selbst nicht erwähnt worden; sie habe sich lediglich in dem angefügten Produktinformationsblatt des Herstellers befunden. Auf dieses Produktinformationsblatt habe der Verbraucher nur zugreifen können, wenn er den als „Betriebsanleitung“ bezeichneten Link angeklickt habe. In dem verlinkten Produktinformationsblatt habe sich die Garantieerklärung außerdem erst im Anschluss an Erläuterungen zu den Funktionen und der Pflege des Taschenmessers befunden. Dabei sei außerdem erkennbar gewesen, dass es sich nicht um eine Garantie der Beklagten, sondern des Herstellers gehandelt habe.
Kein Angebot auf Abschluss eines Garantievertrages
Der BGH entschied außerdem, dass auch kein Verstoß gegen die Marktverhaltensregelung des § 479 Abs. 1 BGB vorliege. Denn die dort geregelte Informationspflicht greife erst dann ein, wenn der Unternehmer dem Verbraucher ein verbindliches Angebot auf Abschluss eines Garantievertrags unterbreitet. Im Streitfall habe der Link auf das Produktinformationsblatt mit der Herstellergarantie jedoch noch kein verbindliches Garantieversprechen enthalten. Denn eine durch das Internet übermittelte Aufforderung zur Bestellung sei im Zweifel als bloße invitatio ad offerendum aufzufassen. Die Erwähnung der Herstellergarantie habe lediglich einen werblichen Hinweis auf ein mögliches künftiges Angebot des Herstellers auf Abschluss eines Garantievertrags dargestellt. Damit habe die Internetpräsentation der Beklagten gerade keine Garantieerklärung enthalten. Der beklagtenseitige Internetauftritt lasse auch sonst nicht erkennen, dass den Kunden ein Angebot auf Abschluss eines Garantievertrags mit dem Hersteller unterbreitet wurde. Gegen das verbindliche Versprechen einer Herstellergarantie spreche, dass die Zwischenüberschrift „Weitere technische Informationen“ und die für den Link gewählte Bezeichnung „Betriebsanleitung“ eher auf technisch-funktionale Erläuterungen zu dem vorgestellten Produkt und nicht auf die Abgabe oder Übermittlung einer rechtsgeschäftlichen Garantieerklärung hindeuten.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.11.2022, Az. I ZR 241/19