Impressumsverstoß kann unter Bagatellgrenze fallen
Das Oberlandesgericht Hamburg hat am 03.04.2007 durch Beschluss zum Aktenzeichen 3 W 64/07 in einer wettbewerbsrechtlichen Angelegenheit entschieden. Dieser in der Rechtsmittelinstanz getroffenen Entscheidung liegt ein Beschluss des Landgerichts Hamburg zugrunde, durch welchen die Richter den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung zurückgewiesen hatten. Antragsteller und Antragsgegnerin waren im Internet als Immobilienvermittler tätig. Der Antragsteller bemängelte, dass das auf der Internetseite der Antragsgegnerin vorhandene Impressum nicht vollständig gewesen sei und deshalb einen Verstoß gegen die Vorschriften des Telemediengesetzes vorgelegen habe. Die Gerichte hatten darüber zu entscheiden, wann ein formaler Verstoß gegen die im Telemediengesetz enthaltenen Vorschriften über die Impressumspflicht bei professionellen Webangeboten dazu ausreicht, eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung zu rechtfertigen.
Für beide Parteien gilt nach § 34 c GewO die Verpflichtung, eine behördliche Erlaubnis dafür einzuholen, im Internet im Rahmen gewerblicher Geschäftstätigkeit Immobilien anzubieten. Die notwendige Erlaubnis wird nach einer Überprüfung der allgemeinen Eignung von der zuständigen Behörde, im vorliegenden Fall vom Verbraucherschutzamt des Bezirksamts Altona, erteilt. Mit der Erteilung der beantragten Erlaubnis wird das handelnde Verbraucherschutzamt automatisch auch zur Aufsichtsbehörde gemäß § 5 Absatz 1 Satz 3 TMG. In dieser Funktion erhält das Handeln der Behörde einen über den Bereich der Gewerbeerlaubnis hinausgehenden, direkten Bezug zu den Interessen des Verbrauchers. Durch die im Telemediengesetz festgeschriebene Verpflichtung, eine Aufsichtsbehörde, falls eine solche besteht, im Impressum zu benennen, soll der Verbraucher eine Möglichkeit bekommen, sich über den Anbieter zu informieren oder sich bei Schwierigkeiten auch über ihn zu beschweren. Unbestritten hatte die Antragsgegnerin es versäumt, im Impressum ihrer Internetseite Bezeichnung und Kontaktdaten der zuständigen Aufsichtsbehörde zu nennen. Hierdurch hat sie gegen die Vorschriften des Telemediengesetzes verstoßen. Der Antragsteller fühlte sich als Mitbewerber aufgrund dieser Unterlassung dazu berechtigt, der Antragsgegnerin eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung wegen Verstoßes gegen ein Gesetz mit verbraucherschützender Wirkung zu erteilen. Die Antragsgegnerin wehrte sich gegen die Abmahnung und weigerte sich, die von ihr verlangte Unterlassungserklärung abzugeben. Der an das Landgericht Hamburg gerichtete Antrag auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung gegen die Antragsgegnerin wurde durch Beschluss zurückgewiesen. Gegen den Beschluss des Landgerichts reichte der Antragsteller Sofortige Beschwerde bei dem Oberlandesgericht Hamburg ein. Die sofortige Beschwerde wurde ebenfalls abgewiesen.
Die Richter des 3. Senats am Oberlandesgericht Hamburg stellten fest, dass die Voraussetzungen des § 4 Nr. 11 UWG erfüllt waren, weil die Antragsgegnerin durch die Veröffentlichung eines unvollständigen Impressums für ihre gewerblich benutzte Internetseite gegen Vorschriften des Telemediengesetzes verstoßen hatte, die zumindest auch marktregulierende und verbraucherschützende Ziele verfolgten. In bis zu dieser Entscheidung noch ungewohnter Intensität beschäftigte sich das Oberlandesgericht Hamburg dann jedoch mit dem zusätzlich zu erfüllenden Erfordernis einer „wettbewerbsrechtlichen Erheblichkeit“ des Verstoßes gemäß § 3 UWG. Das Oberlandesgericht Hamburg schloss sich der Entscheidung der Richter des Landgerichts Hamburg an und führte in den Entscheidungsgründen aus, dass nicht jedem Verstoß gegen ein Schutzgesetz grundsätzlich die notwendige wettbewerbsrechtliche Erheblichkeit zukommen müsse, die eine Abmahnung durch einen Mitbewerber rechtfertigen würde. Sei der Gesetzesverstoß lediglich auf einen formalen Fehler zurückzuführen, könne diese Erheblichkeit bezweifelt werden. Im vorliegenden Fall sei keine Tendenz der Antragsgegnerin, sich gezielt in die „Anonymität des Internets“ zurückzuziehen, um sich einer kritischen Prüfung durch den Verbraucher zu entziehen, erkennbar. Die Richter wiesen in diesem Zusammenhang besonders darauf hin, dass die zum Schutz der Verbraucher bezweckte Überprüfbarkeit von Gewerbetreibenden, deren konkrete Tätigkeit einem behördlichen Erlaubnisvorbehalt unterliegt, nicht nur durch Nachfrage bei der Aufsichtsbehörde, sondern auch durch Nachfrage beim Handelsregister gewährleistet sei. Fehlende Angaben zur Handelsregistereintragung waren vom Antragsteller im vorliegend zu entscheidenden Einzelfall jedoch nicht gerügt worden. Vom Gesamteindruck her ging das Oberlandesgericht Hamburg davon aus, dass sie die Antragsgegnerin um die Erstellung eines vollständigen Impressums bemüht habe. Die vom Antragsteller zu Recht bemängelte Unvollständigkeit führte deshalb nicht zur Zulässigkeit einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung.
OLG Hamburg, Beschluss vom 03.04.2007, Aktenzeichen 3 W 64/07