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Haustürwiderrufsgeschäft und der Haustürsituation


Haustürwiderrufsgeschäft und der Haustürsituation

Das Landgericht (LG) in Fulda hat in seinem Urteil vom 08.02.2013 unter dem Aktenzeichen 1 S 138/12 entschieden, dass im Einzelfall ein Vertreter ohne Vertretungsmacht wirksam Verträge schließen und widerrufen kann.

In dem verhandelten Fall hatte die Klägerin den Beklagten als Vertreter ohne Vertretungsvollmacht in Anspruch genommen. Die Klägerin betreibt Firmendatenbanken, der Beklagte ist Heilpraktiker, dessen Ehefrau eine ebensolche Tätigkeit in ihrer gemeinsamen Wohnung betreibt und die in der vormaligen Praxis genutzte Telefonnummer weiter nutzt. Das Ehepaar nutzt eine weitere Nummer privat. Dieser Anschluss ist dem Beklagten zugeordnet.

Die Klägerin ließ die Frau des Beklagten wegen eines Vertragsabschlusses hinsichtlich eines Datenbankeintrags auf dem Privatanschluss anrufen, der Beklagte nahm den Anruf entgegen. Der Gesprächsinhalt blieb streitig. Insbesondere herrscht Uneinigkeit darüber, ob in diesem Gespräch bereits ein Vertrag über Werbeleistungen in Form eines Datenbankeintrages durch die Klägerin geschlossen oder nur vorbereitet wurde.

In einem späteren Schreiben an die Klägerin teilte die Ehefrau des Beklagten mit, dass durch sie kein Auftrag erteilt worden sei und sie keine Geschäftsbeziehung mit der Klägerin wünsche. In einem weiteren Schreiben distanzierte sich auch der Beklagte von dem Telefonat und widerrief etwaige Bankeinzugsermächtigungen.

Die Klägerin mahnte vergeblich die Kosten für erbrachte Leistungen an und bemühte hierzu auch ein Inkassounternehmen. Außerdem verklagte sie die Ehefrau des Beklagten auf Vertragserfüllung. Die Klage wurde durch das Amtsgericht Rothenburg abgewiesen, weil es an einer Vertretungsmacht des Beklagten für seine Ehefrau mangelte.

Nunmehr nimmt die Klägerin den Beklagten als Vertreter ohne Vertretungsmacht in Haftung. Sie begehrt einerseits Erfüllung des Vertrages und im Weiteren die Vergütung der bisher erbrachten Leistungen nebst Schadensersatz.

Der Beklagte beantragt Klageabweisung, da er einen Vertragsabschluss bestreitet. Mindestens sei ein etwaiger Vertrag sofort widerrufen worden.

Das Amtsgericht gab der Klage statt, woraus die Klägerin eine Bindungswirkung ableitet. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung. 

Die Klägerin trägt vor, ein Widerrufsrecht des aus ihrer Sicht zustande gekommenen Vertrages stehe dem Beklagten nicht zu. Der falsche Vertreter trete an die Stelle des Vertragspartners (hier: die Ehefrau des Beklagten). 

Das Landgericht Fulda gab der Berufung statt. Denn es ist der Ansicht, dass der Klägerin kein Anspruch gegen den Beklagten als Vertreter ohne Vertretungsmacht zustehe, da er einen (vom Gericht bejahten) Vertragsabschluss wirksam widerrufen habe.

Es bestehe auch keine Bindungswirkung durch das Urteil des Amtsgerichts (AG) Rotenburg. Jedoch sei das AG zu Recht davon ausgegangen, dass ein Vertrag zustande gekommen sei. Jedoch sei dieser wirksam gelöst worden. Hierzu sei die ausdrückliche Verwendung des Wortes "Widerruf" nicht nötig.

Die Frage, ob beim Abschluss von Verträgen mit vollmachtlosen Vertretern auf den Vertretenen abzustellen sei, sei umstritten. Dafür spreche ein schutzwürdiges Vertrauen des Vertragspartners, nicht mit einem Verbraucher zu kontrahieren. Dagegen spreche, dass der Vertreter einer Überrumpelungssituation ausgesetzt sei und ihn die Folgen bei Nichtgenehmigung durch den Vertretenen treffen. 

Die Rechtsprechung des Bundesgerichthofes (BGH) neige zur ersteren Ansicht. Im vorliegenden Fall hält das LG jedoch die Interessen des Vertreters (als Verbraucher) für vorzugswürdig. 

Die Revision zum BGH ist zugelassen worden.

LG Fulda, Urteil vom 08.02.2013, Aktenzeichen 1 S 138/12


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