Haftung des Marketplace-Händlers für Fehler von Amazon
Das Landgericht Bochum hat durch Urteil vom 26.11.2014 einen unter dem Aktenzeichen I-13 O 129/14 geführten Rechtsstreit entschieden. Die Streitparteien waren Internet-Händler, die Uhren auf verschiedenen Online-Plattformen angeboten hatten. Der Beklagte bot seine Uhren auf der Amazon-Internet-Plattform an. Die Klägerin nutzte dafür die eBay-Internet-Plattform und betrieb einen eigenen Online-Shop.
Die Klägerin hatte bei einem konkreten Uhren-Angebot des Beklagten einen Verstoß gegen wettbewerbsrechtliche Pflichten festgestellt. Die Uhr „Case Collection unisex Armbanduhr Multi Task Gear“ war vom Beklagten zu einem Kaufpreis von 89,90 € angeboten worden. Dieser Kaufpreis entsprach tatsächlich der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers. Auf der Internet-Handelsplattform von Amazon wurde der Preis jedoch als Sonderangebot dargestellt. Der vom Hersteller empfohlene Verkaufspreis wurde zu diesem Zweck unrichtig mit „130 €“ angegeben. Der Beklagte erklärte, dass die Angabe der „unverbindlichen Preisempfehlung“ nicht von ihm gemacht worden sei, sondern vom Plattformbetreiber Amazon aufgrund einer generell erteilten Erlaubnis zur Abänderung von eingestellten Angeboten nachträglich hinzugefügt worden wäre. Die Abgabe einer solchen Erklärung werde von allen Nutzern verlangt.
Die Klägerin ließ dem Beklagten eine Abmahnung zukommen. Der Beklagte leistete auf die dabei geltend gemachten Forderungen eine Zahlung in Höhe von 300,-- € und gab die verlangte strafbewehrte Unterlassungserklärung der Klägerin gegenüber ab. Die Klägerin reichte daraufhin Klage bei dem zuständigen Landgericht Bochum mit dem Ziel ein, vom Beklagten eine weitere Zahlung von 891,40 € nebst Zinsen zu erlangen. Nach Angaben der Klägerin handelte es sich dabei um die vollständigen Kosten der Abmahnung, die sie an einem Gegenstandswert von 30.000 € berechnet hatte.
Obwohl der Beklagte durch sein eigenes Verhalten die Begründetheit der Abmahnung anerkannte, indem er nicht nur eine Zahlung in Höhe von 300,00 € leistete, sondern auch eine strafbewährte Unterlassungserklärung abgab, berief er sich dem Landgericht Bochum gegenüber darauf, dass die ihm von der Klägerin erteilte Abmahnung rechtsmissbräuchlich gemäß § 8 Absatz 4 UWG gewesen sei. Als Anhaltspunkte für den Rechtsmissbrauch gab der Beklagte an, dass eine Vielzahl von Anbietern wegen des gleichen Vorwurfes abgemahnt wurden, dass er die dem Abmahnschreiben vorformuliert beigelegte strafbewährte Unterlassungserklärung als zu weitreichend empfunden habe und dass bei der Vertragsstrafe der „Neue Hamburger Brauch“ unrechtmäßig eingeschränkt worden sei. Darüber hinaus berief sich der Beklagte in der Sache darauf, dass nicht er selbst, sondern der Plattform-Betreiber Amazon die falsche Preisempfehlungssumme angegeben habe. Die Klägerin habe außerdem durch widerspruchsloses Entgegennehmen seiner Teilzahlung nach der Abmahnung einem Teilerlass der ursprünglich geltend gemachten Forderung zugestimmt.
Das Landgericht Bochum gab der Klage größtenteils statt. Nach Korrektur eines Rechenfehlers sprachen die Richter der Klägerin insgesamt 744,40 € nebst Zinsen zu. In der Urteilsbegründung weist das Landgericht die Argumentation des Beklagten zu einem angeblichen Rechtsmissbrauch beim Versenden der Abmahnung durch die Klägerin mit kurzen Worten zurück. In Anbetracht der Tatsache, dass ein wettbewerbswidriges Verhalten vorliegt, das in seiner Klarheit auch vom Beklagten ganz unzweifelhaft als solches erkannt worden ist, hat das erkennende Gericht damit zum Ausdruck gebracht, dass es sehr viel stichhaltigere und überzeugendere Argumente bräuchte, um über das Vorliegen einer rechtsmissbräuchlichen Abmahnung auch nur nachzudenken. Zur Frage der Verantwortlichkeit des Beklagten für die wettbewerbswidrige Handlung, die er nicht persönlich vorgenommen hat, weil sie unstreitige durch den Plattform-Betreiber Amazon verursacht wurde, verweist das Landgericht Bochum auf die Rechtsprechung des OLG Hamm. Danach hat ein Online-Händler, der eine Plattform nutzt, auch wettbewerbsrechtlich unzulässige Maßnahmen des Plattformbetreibers zu vertreten, zu denen er diesen durch allgemeine Erklärung ermächtigt hat. Auch der Versuch des Beklagten, der Verurteilung durch die Behauptung, dass die Klägerin keine klageberechtigte Konkurrentin sei, weil sie ihre Geschäfte nicht über die Amazon-Plattform, sondern über eBay und einen eigenen Online-Shop abwickele, zu entgehen, wurde vom Landgericht Bochum nicht akzeptiert. Wettbewerbsverhältnisse im Internet beschränken sich nicht auf einzelne Handelsplattformen.
LG Bochum, Urteil vom 26.11.2014, Aktenzeichen I-13 O 129/14