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Haftung des GbR-Gesellschafters für Wettbewerbsverstöße

OLG FFM, 6 U 107/13


Haftung des GbR-Gesellschafters für Wettbewerbsverstöße

Der Gesellschafter einer GbR haftet persönlich für Schadenersatz, der sich aus einem Wettbewerbsverstoß der Gesellschaft herleitet. Darüber hinaus ist er gegenüber der Klägerin auskunftspflichtig. In diesem Zusammenhang ist für die Rechtsprechung nicht von Belang, ob er selbst Täter oder nur Teilnehmer an der Verletzungshandlung ist, oder ob ihm überhaupt der Verstoß gegen eine wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht vorzuhalten ist. In diesem Fall besteht nur die Möglichkeit, ihn von einem Unterlassungsanspruch freizustellen. Im Gegensatz zu vertraglichen Verbindlichkeiten erfordern gesetzliche Verbindlichkeiten jedoch die Haftung des Gesellschafters mit seinem Privatvermögen. In diesem Fall stellt die Auskunftserteilung, an wie viele Personen das Rundschreiben verschickt wurde, die mildere Alternative gegenüber der vollständigen Auskunftsverweigerung dar.

Die Parteien streiten nach teilweiser Klagerücknahme vor dem Oberlandesgericht Frankfurt. Die Klägerin A e. V. ist Herstellerin des Vitaminpräparates X. Auf Basis einer vertraglichen Vereinbarung vertreibt die Klägerin A e. V. ihr Produkt durch die B GbR. Die Beklagten sind Gesellschafter der B GbR. Die Beklagten vertreiben die Produkte der Klägerin an die Mitglieder des A e. V. Für ihre Vertriebsleistungen gewährte die Klägerin den Beklagten einen Naturalrabatt in Höhe von 5 Prozent und 3,5 Prozent Skonto. Darüber hinaus erhielten die Beklagten eine Rückvergütung in Höhe von 5 Prozent auf den Einkaufspreis. Diese Rückvergütung kam jedoch nicht den Beklagten in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter der B GbR zugute, sondern einer Gesellschaft, die zu je 50 Prozent einem der Beklagten und der Klägerin als Inhaberin der A e. V. gehörte.

In der zweiten Jahreshälfte 2011 strich die Klägerin den Beklagten die Rückvergütung und kündigte die Senkung des Skontobetrages von 3,5 Prozent auf 2 Prozent an. Ferner tat sie ihre Absicht kund, den Naturalrabatt zu streichen. Die Beklagten wandten sich auf diese Ankündigung hin im Namen ihrer Gesellschaft mit einem Rundschreiben vom 22.11.2011 an verschiedene Ärzte als ihre Kunden. Man sei leider gezwungen, aufgrund einer Preiserhöhung von 12 Prozent durch den Lieferanten eine entsprechende Preisanpassung der X-Präparate vorzunehmen. Man bedauere, diese Preiserhöhung an die Kunden weitergeben zu müssen.

Die Klägerin wertete den Sachverhalt anders und teilte mit, man habe nie eine Preiserhöhung in dem von den Beklagten genannten Umfang angekündigt. In der ersten Instanz erwirkte die Klägerin eine einstweilige Verfügung gegen die Beklagten und klagte auf vollständige Auskunftserteilung, an welchen Personenkreis das Rundschreiben der Beklagten betreffend die Preiserhöhung verschickt worden war. Später wurde die Auskunftserteilung auf einen Wirtschaftsprüfervorbehalt reduziert. Die Beklagten sollten sich zur Auskunft an einen vereidigten Sachverständigen verpflichten. Der Klägerin sollte lediglich die Anzahl der Rundschreiben mitgeteilt werden, nicht jedoch die Namen der Adressaten. Diese Einschränkung hat ihren Grund darin, dass die Richter eine vollständige Auskunftserteilung an die Klägerin als unverhältnismäßig einstufen. Die Kundendatei der Beklagten falle unter das Geschäftsgeheimnis. Ferner beantragte die Klägerin, die Beklagten zu verurteilen, die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben an Eides statt zu versichern. Außerdem begehrte sie die Festsetzung der Höhe ihrer Schadenersatzansprüche.

Der Auskunftsanspruch der Klägerin gegen die Beklagten stützt sich auf die §§ 9, 4 Nr. 8, 5 I S. 2 Nr. 2 UWG in Verbindung mit § 242 BGB. Das Rundschreiben der Beklagten an die Kunden enthält die unwahre Behauptung, die Klägerin habe in ihrer Eigenschaft als Herstellerin und Lieferantin der X-Präparate eine Preiserhöhung in Höhe von 12 Prozent vorgenommen. Fakt ist, die Klägerin strich den Naturalrabatt in Höhe von 5 Prozent und senkte ihre Skontogewährung um 1,5 Prozentpunkte von 3,5 Prozent auf 2 Prozent. Im Ergebnis ist diese Handlung mit einer Preissteigerung von 6,5 Prozent gleichzusetzen. Die Richter konnten jedoch keine Preissteigerung in der Streichung der Rückvergütung in Höhe von 5 Prozent auf den Einkaufspreis feststellen. Die gewährte Rückvergütung kam nicht den Beklagten in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter der B GbR zugute, sondern einer Gesellschaft, die je zur Hälfte der Inhaberin der Klägerin und einem der Beklagten gehört. Aus diesem Grund entstanden den Beklagten durch die Streichung der Rückvergütung keine erhöhten Einkaufskosten.

Das streitgegenständliche Rundschreiben wurde im Namen der B GbR verfasst, jedoch nur von einem der Beklagten unterzeichnet. Auch der Beklagte zu 2 haftet für die aus der Verletzungshandlung resultierenden Auskunftsansprüche der Klägerin, auch wenn er an der wettbewerbsrechtlichen Verletzungshandlung persönlich nicht beteiligt gewesen ist. Jeder Gesellschafter einer GbR haftet grundsätzlich persönlich und unbeschränkt. Die Richter stellen kein fehlendes Verschulden fest, denn mit zumutbaren Kontrollmaßnahmen hätte der Gesellschafter, der das Rundschreiben nicht unterzeichnet hat, von dessen Inhalt frühzeitig Kenntnis erlangen können und die Verletzung der wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht verhindern können. Betreffend den streitgegenständlichen Schadenersatzanspruch der Klägerin kommt es nach der regelmäßigen Rechtsprechung des Bundesgerichthofes nicht auf eine tatsächliche Täterschaft der Beklagten an, da es sich um gesetzliche Verbindlichkeiten handelt (§ 826 BGB, § 128 HGB).

Der Auskunftsanspruch ist nicht wegen der von den Beklagten behaupteten unmöglichen Beibringung erloschen. Sie konnten keinen diesbezüglichen Beweis erbringen. Sie müssen den zumutbaren Beweis erbringen, an welchen Personenkreis ihr Rundschreiben mit der behaupteten Preiserhöhung von 22.11.2011 gegangen ist. Die Klägerin erhält nur Auskunft darüber, an wie viele Kunden das Rundschreiben gegangen ist. Anhand dieser Anzahl in Verbindung mit Umsatzzahlen und weiteren Informationen ist es der Klägerin möglich, die Höhe ihres Schadenersatzanspruches zu beziffern. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Klägerin durch das Rundschreiben der Beklagten allenfalls ein geringer Schaden entstanden ist, da eine tatsächliche Preiserhöhung durch die Beklagten vorliegt, nur nicht in der genannten Höhe. Das Interesse der Klägerin an der vollständigen Auskunftserteilung ist nicht als sehr hoch einzustufen. Demgegenüber besteht das beträchtliche Interesse der Beklagten an der Geheimhaltung ihrer Kundendaten. Eine vollständige Auskunftserteilung an die Klägerin würde die Beklagten unverhältnismäßig belasten. Die übrige Klage der Klägerin wird zurückgewiesen.

OLG Frankfurt am Main, Teilurteil vom 11.09.2014, Az. 6 U 107/13


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