• Anwaltskanzlei Weiß & Partner

    Katharinenstraße 16
    73728 Esslingen

    0711 - 88 241 006
    0711 - 88 241 009
    Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Haftung auch bei falscher Beratung durch Rechtsanwalt

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 19.03.2019, Az. 5 W 33/19


Haftung auch bei falscher Beratung durch Rechtsanwalt

Mit Datum 19.03.2019 entschied das Kammergericht Berlin, dass auch bei Wiederholung eines nur ähnlichen ursprünglich untersagten Werbetextes ein Verstoß gegen die gerichtliche Verfügung vorliegen könne. Dass dabei der Rechtsanwalt einen falschen Rat gegeben habe, spiele keine Rolle, wenn der Werbende dies selbst aufgrund seiner Sachkunde hätte erkennen können.

Wie ähnlich darf ein untersagter Werbetext später sein?
Der Schuldner betrieb eine Praxis, in der er u.a. Magnetfeldtherapie anbot. Auf Antrag des Gläubigers wurde ihm gerichtlich untersagt, im geschäftlichen Verkehr für die Magnetfeldtherapie mit dem Anwendungsgebiet “Arthrose” zu werben. Der ursprüngliche Text lautete: „Anwendungsgebiete für die Magnetfeldtherapie sind: Vor allem Abnutzungserscheinungen des Knorpels und der Knochen. So wird die Arthrose und Osteoarthrose positiv beeinflusst.”. Einige Jahre später verbreitete er im Internet einen Text, der dem untersagte Werbetext ähnelte (“Wir setzen die Magnetfeldtherapie seit Jahren bei vielen Beschwerden des Bewegungsapparates ein. Auch nach Auffassung der Stiftung Warentest ist die Wirksamkeit der Magnetfeldtherapie bei Osteoarthrose … belegt, …”). Aufgrund dessen beantragte der Gläubiger, wegen Zuwiderhandlung gegen das Verbot ein Ordnungsgeld in Höhe von 3.000 EUR festzusetzen. Dagegen ging der Schuldner vor.

Auch ähnliche Verletzungshandlungen sind von Verbot umfasst
Das Kammergericht Berlin entschied, dass es Ordnungsgeld nicht entgegenstehe, wenn der Schuldner die Werbeaussage nicht exakt wiederholt habe. Denn der Unterlassungsanspruch sei nicht auf ein genau entsprechendes Verhalten beschränkt. Vielmehr erstrecke er sich auch auf kerngleiche Verletzungshandlungen. Daher seien bei der Formulierung eines Unterlassungsantrages gewisse Verallgemeinerungen zulässig, wenn in ihnen das Charakteristische der Verletzungshandlung zum Ausdruck komme. Vorliegend habe das Landgericht beim ausgesprochenen Verbot keine konkrete Verletzungsform verwendet und offenbar eine derartige Verallgemeinerung auch für unbedenklich gehalten.

Ursprünglich war nicht allgemein die Werbung für die Magnetfeldtherapie verboten
Das Gericht befand, dass die Reichweite des Unterlassungsgebots per Auslegung zu ermitteln sei. Bei einer Verbotsformel seien hierfür Tatbestand, Entscheidungsgründe und ggf. auch das Parteivorbringen heranzuziehen. Der Gläubiger habe ursprünglich nicht die Werbung für eine Magnetfeldtherapie zum Gegenstand gemacht. Vielmehr habe er einzelne Aussagen herausgegriffen und aus ihrem Kontext gelöst zum Gegenstand mehrerer (Unter-)Anträge bzw. (Unter-)Verbote gemacht. Diese Auslegung werde auch durch rechtliche Würdigung des Landgerichts bestätigt, die sich auf die isolierten (Unter-)Verbote beziehe. Zudem habe das Gericht bei jedem isolierten Verbot und damit bei jeder isolierten Aussage einen bestimmten Verfahrenswert festgesetzt.

Täuschung über Wirksamkeit der Magnetfeldtherapie stand im Mittelpunkt
Grundsätzlich habe das vorinstanzliche Gericht untersagt, der Magnetfeldtherapie eine therapeutische Wirkung zuzuschreiben, die sie nicht habe. Denn dadurch werde der Verbraucher über die Wirksamkeit der Magnetfeldtherapie bei Arthrose getäuscht. Der später verwendete Text mit Bezug auf die Magnetfeldtherapie bei Beschwerden des Bewegungsapparates nehme jedenfalls auf eines der Anwendungsgebiete Bezug. Denn zu den Beschwerden des Bewegungsapparates zähle für den medizinisch nicht gebildeten Laien u.a. auch die explizit genannte Osteoarthrose. Der neue Werbetext werde durch den Hinweis auf wissenschaftliche Belege auch nicht abgeschwächt oder relativiert. Der Schuldner könne sich auch nicht darauf berufen, lediglich die Sichtweise der Stiftung Warentest und damit eine fremde Meinung wiederzugeben. Denn die Wendung “Auch nach Auffassung der Stiftung Warentest” drücke aus, dass es zumindest noch eine weitere Person gebe, die diese Sichtweise teilt. Dabei dränge sich auf, dass es sich dabei um den Schuldner selbst handele.

Falscher Rechtsrat durch Anwalt spielt keine Rolle
Das Kammergericht stellte zudem fest, dass der Schuldner schuldhaft gehandelt habe. Er könne sich dabei nicht auf die falsche rechtliche Beratung durch seinen Rechtsanwalt berufen. Denn der Schuldner hätte aufgrund hinreichender Sorgfalt selbst erkennen können, dass die neue Werbung rechtlich bedenklich sei. Es sei nicht nachvollziehbar, warum ein Mediziner den klaren Aussagegehalt des Verbotes (im geschäftlichen Verkehr für eine “Magnetfeldtherapie” mit dem Anwendungsgebiet “Arthrose” zu werben) nicht habe verstehen können. Denn als Arzt habe er schwerlich die Bedeutung der Begriffe “Anwendungsgebiet” und “Arthrose” missverstehen können. Beide Begriffe begegnen ihm in seinem Beruf regelmäßig. Somit sei zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen.

3.000 EUR als Ordnungsgeld angemessen
Das Ordnungsgeld in Höhe von 3.000 EUR sei angemessen und keinesfalls überhöht, so das Gericht weiter. Denn bei der Festsetzung seien insbesondere Art, Umfang und Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad, der Vorteil des Verletzers aus der Verletzungshandlung und die Gefährlichkeit der Verletzungshandlungen zu berücksichtigen. Hierbei sei insbesondere auch die Bedeutung des Irreführungsgebots im Gesundheitsbereich einzubeziehen. Hinzu komme der lange Zeitraum, im dem der Schuldner gegen das Verbot verstoßen habe und mit der Anwendung von Magnetfeldtherapien nicht unerhebliche Umsätze generiert habe. Ein geringeres Ordnungsgeld erscheine nicht ausreichend, um deutlich zu machen, dass sich ein Verstoß nicht lohne.

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 19.03.2019, Az. 5 W 33/19


Ihr Ansprechpartner

Bitte Kommentar schreiben

Sie kommentieren als Gast.

E-Mail: kanzlei@ratgeberrecht.eu, Telefon: 004971188241006
Katharinenstraße 16, 73728, Esslingen, Baden-Württemberg, Deutschland