GWE-Abzocke: Vergütungsklausel wegen überraschenden Charakters unwirksam
Immer wieder versuchen dubiose Geschäftemacher für Einträge in Branchenverzeichnisse horrende Summen abzukassieren. Die Masche: Sie verschicken an Firmen Formulare, die einen amtlichen Charakter aufweisen oder so geschickt gestaltet sind, dass der Adressat schon dreimal hinschauen muss, um das kostenpflichtige Angebot als solches zu erkennen. Vor dem Landgericht Saarbrücken (Urteil vom 06.09.2013, Az. 10 S 185/12) bezog der Initiator eines solchen Geschäftsmodells eine Schlappe. Der Unternehmer, der auf den Trick zunächst hereingefallen war, muss nicht zahlen.
"Allgemeine Branchenauskunft" stand fett als Überschrift auf dem Formular, das dem Unternehmen unaufgefordert ins Haus geflattert war. Einige Daten wie Adresse und Telefonnummer waren bereits vorausgefüllt, zwei Mitarbeiterinnen ergänzten die Angaben zur Branche und zum Firmennamen, unterschrieben das Blatt und schickten es an den Absender zurück. Kurze Zeit darauf staunte ihr Chef über eine Rechnung in Höhe von 1178,10 Euro. Mit der Unterschrift habe er einen Premiumeintrag im Onlineverzeichnis des Anbieters gebucht, hieß es da. Als der Mann nicht zahlte, verklagte ihn die Firma und hatte vor dem Amtsgericht zunächst Erfolg. Das Landgericht als zweite Instanz ließ sie jedoch abblitzen.
Der Kläger hatte die strittige Entgeltforderung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen versteckt. Eine Bestimmung in den AGB, die so ungewöhnlich sei, dass der potenzielle Vertragspartner nicht mit ihr zu rechnen brauche, sei aber unwirksam, so das LG. Das Gericht führte diesbezüglich an, dass es eine Vielzahl von kostenlosen Branchenverzeichnissen im Internet gebe, der Beklagte habe also zunächst nicht davon ausgehen müssen, dass er für einen Eintrag in dieses spezielle Verzeichnis etwas zahlen solle. Die Gestaltung des Formulars sei wiederum nicht dazu geeignet, diesen Eindruck zu korrigieren. Schon die Überschrift "Allgemeine Branchenauskunft Region: Saarbrücken" mache nicht deutlich, dass es sich hier um ein kostenpflichtiges Angebot handele. Die Aufmerksamkeit des Empfängers werde zudem auf seine eigenen Daten gelenkt, die er korrigieren oder ergänzen solle. "Das in dem Formularschreiben enthaltene Angebot auf Abschluss eines kostenpflichtigen Premiumeintrages geht dagegen im Fließtext unter", heißt es wörtlich im Urteil.
Ungewöhnlich fand das Gericht auch eine andere Konstruktion des Versenders: Ohne Unterschrift hätte der Beklagte nur einen "kostenfreien Standardeintrag gebucht", mit seiner Unterschrift dagegen den "kostenpflichtigen Premiumeintrag". Die Gestaltung des Formulars fordere den Empfänger aber geradezu dazu auf, es auf jeden Fall zu unterschreiben und ausgefüllt an den Absender zurückzuschicken", befand das LG. Eine durchschaubare Masche, der das Gericht mit seinem Urteil eine Absage erteilte.
Kommentar
Tricksen, tarnen, täuschen. Mit diesen drei Worten ist das Geschäftsmodell der diversen dubiosen "Branchenverzeichnisse" bereits hinreichend beschrieben. Die einen geben sich bewusst einen behördlichen Anstrich und machen die Empfänger damit Glauben, es handele sich bei ihnen um eine staatliche Stelle, das Ausfüllen und die Rücksendung ihrer Formulare sei gar eine Pflicht. Die anderen machen sich viel Mühe, ihre wahren Ziele (nämlich sich das Geld ihrer unfreiwilligen Kundschaft unter den Nagel zu reißen) zu verschleiern. Im aktuellen Fall hatte der Versender im kleingedruckten Fließtext sogar darauf hingewiesen, dass es sich bei seinem Formular nicht um einen Korrekturabzug handele - wohl wissend, dass beim Empfänger genau dieser Eindruck erweckt wird. All diese gestalterischen und inhaltlichen Nebelkerzen geben Aufschluss über den tatsächlichen Charakter der angebotenen Leistung: sie ist schlicht wertlos. Ein seriöses Unternehmen, das einen tatsächlichen Gegenwert zu einem angemessenen Preis anzubieten hat, hat solche Manöver wie die Erfinder der obskuren Onlineverzeichnisse gar nicht nötig. Deren größte unternehmerische Aufgabe besteht dagegen nicht darin, ihre Plattformen zu auszugestalten, dass sich ein Eintrag für den Kunden tatsächlich einmal auszahlen könnte. Sie verwenden ihre ganze Energie für geschickte Formulierungen, um möglichst rechtssicher ihren Opfern das Geld aus der Tasche ziehen zu können. Was hier - wieder einmal - nicht funktioniert hat.
LG Saarbrücken, Urteil vom 06.09.2013, Az. 10 S 185/12