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Guthabenkarten kein zumutbares und gängiges Zahlungsmittel

LG Hamburg, Urteil v. 18.11.2016, Az. 315 O 28/16


Guthabenkarten kein zumutbares und gängiges Zahlungsmittel

Durch sein Urteil vom 18.11.2016 hat das Landgericht Hamburg entschieden, dass sogenannte Guthabenkarten kein zumutbares und gängiges Zahlungsmittel darstellen und es somit einen Verstoß gegen Wettbewerbsrecht darstellt, wenn diese Guthabenkarten in einem Online-Shop als einziges kostenloses Zahlungsmittel angeboten werden.
 
Mit diesem Urteil orientiert sich das LG Hamburg an weiteren Urteilen zu einem kostenlosen und gängigen Zahlungsmittel bei Online-Shops, die durch andere Gerichte bereits ergangen sind. Alle diese Urteile dienen der Ausgestaltung der EU-Verbraucherrichtlinien für Online-Shop Betreiber gemäß § 312 a Abs. 4 BGB. Nach dieser EU-Richtlinie sind Online-Händler und Online-Shop-Betreiber gesetzlich verpflichtet, mindestens ein kostenloses Zahlungsmittel anzubieten. Die deutsche Rechtsumsetzung im BGB ist zwar durchaus noch strenger als die EU-Richtlinie, weil in § 312 a Abs. 4 BGB auch vorgeschrieben wird, dass ein kostenloses Zahlungsmittel "gängig" sein muss. Das wird aber nach klarer Auffassung der deutschen Gerichte als kein Widerspruch zur europäischen Dienstleistungsfreiheit angesehen.
 
Im vorliegenden Fall wurde ein Anbieter im Bereich Portale für Flugreisen im Internet verklagt, weil in dem Online-Shop für Flugreisen nur die Verwendung von Guthabenkarten der Marken Visa Entropay und Viabuy Prepaid MasterCard als kostenloses Zahlungsmittel angeboten wurde. Allerdings haben die Überprüfungen des erkennenden LG Hamburg unter anderem bei der Deutschen Bundesbank ergeben, dass diese beiden Guthabenkarten in der Zahlungspraxis in Deutschland praktisch ohne Bedeutung sind. Somit können diese beiden Zahlungssysteme keinesfalls das Kriterium der Gängigkeit erfüllen und sind mithin auch in keinem Fall dadurch zumutbar. Dagegen spricht auch schon die sehr geringe Verbreitung der Karten in Deutschland. Bei der Verwendung von gängigen klassischen gebräuchlichen Kreditkarten von VISA und Master Card wären Kosten für Gebühren zusätzlich zum Flugpreis angefallen. Der Inhalt der Entscheidung lässt sich daher im Zweifel auch generell auf andere Guthabenkarten in Deutschland übertragen.
 
Das LG Frankfurt hatte vorher bereits das Zahlungsmittel Sofortüberweisung, wenn auch teilweise mit anderen Gründen, als nicht akzeptabel im Sinne von § 312 a Abs. 4 BGB und der EU-Verbraucherrichtlinie angesehen. Sehr wichtig an allen zu problematischen und in Folge der Urteile als gängige und zumutbare kostenlose Zahlungsmittel abgelehnte Bezahlarten ergangenen Urteilen ist die Rechtsauffassung, dass die Norm des § 312 a Abs. 4 BGB eine marktschützende Funktion hat. Diese Einstufung eröffnet die Möglichkeit zum Beispiel für Verbraucherschutzverbände bei Verstößen gegen den § 312 a Abs. 4 BGB die Unternehmen auf Basis des Wettbewerbsrechts abzumahnen. Diese Abmahnmöglichkeit dürfte sich für Anbieter, die nur diese angegriffenen Bezahlarten als kostenloses und vorgeblich gängiges und zumutbares Zahlungsmittel anbieten, als unkalkulierbar erweisen, weil erhebliche Abmahnkosten drohen. Auch Wettbewerbern steht dieses Recht zur Abmahnung zu. Angesichts von Kosten wie dem vom LG Hamburg in diesem Fall akzeptierten Gegenstandswert von 200.000 EUR dürfte es sich für Online-Anbieter nicht rechnen, keine wirklich gängigen und zumutbaren kostenlosen Zahlungsmittel im Online-Handel für ihre Kunden anzubieten.

LG Hamburg, Urteil v. 18.11.2016, Az. 315 O 28/16


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