Grundpreis bei Nespresso-Kapseln
Mit Urteil vom 28.03.2019, Az. I ZR 85/18 entschied der Bundesgerichtshof, dass ein Angebot für Kaffeekapseln auch den Preis je 100 Gramm oder je Kilogramm des in den Kapseln enthaltenen Kaffees enthalten muss. Es genüge seitens des Verkäufers somit nicht, nur die jeweilige Art der Kapseln, die Stückzahl einer jeder Packung, den Preis pro Packung sowie das Füllgewicht aller in einer Packung enthaltenen Kapseln anzugeben.
Aufsteller mit Angaben zu Kaffeekapseln
Streitgegenstand des Verfahrens waren Kaffeekapseln verschiedener Hersteller für das Kapsel-System „Nespresso“ in Packungen zu je zehn Stück. Die Beklagte, Betreiberin eines Elektromarktes, bot diese unter Verwendung eines Aufstellers, auf welchem die jeweilige Art der Kapseln, die Menge von zehn Stück je Packung und der Preis pro Packung angegeben waren, an. Auf den Packungen selbst fand sich das Füllgewicht aller in einer Packung enthaltenen Kapseln.
Kläger beanstandete Angebot
Der Kläger, der Verband Sozialer Wettbewerb e.V., hielt die besagten Angaben allerdings nicht für ausreichend, weshalb er das Angebot der Beklagten beanstandete. Er brachte vor, dass dem Verbraucher neben den vorzufindenden Informationen auch der Grundpreis für das in den Kapseln enthaltene Kaffeepulver mitgeteilt werden müsse. Diese Pflicht ergebe sich aus § 2 Abs. 1 S. 1 der Preisangabenverordnung (PAngV). Indem der Beklagte hiergegen verstoße, handele er nach Ansicht des Klägers wettbewerbswidrig im Sinne des UWG.
Landgericht verurteilte die Beklagte zur Grundpreisangabe
Das Landgericht Koblenz pflichtete dem Kläger in seinem Vortrag mit Urteil vom 24.10.2017, Az. 4 HKO 4/17 bei und verurteilte den Beklagten es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Kaffeekapseln in Fertigpackungen unter Preisangaben anzubieten, ohne dabei neben dem Endpreis für die Packung auch den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) in unmittelbarer Nähe des Endpreises anzugeben. Dies bedeutete, dass der Beklagte nach Meinung des Gerichts auch den Preis je 100 Gramm oder je Kilogramm des in den Kapseln enthaltenen Kaffees für den Verbraucher ersichtlich zu machen hat.
Oberlandesgericht teilte Meinung des Landgerichts
Zu keinem anderen Ergebnis kam das Oberlandesgericht Koblenz innerhalb der Berufung. Nach den Ausführungen des Gerichts habe die Beklagte die Kaffeekapseln, welche Fertigpackungen darstellen, nach Gewicht angeboten (vgl. § 2 Abs. 1 S.1 PAngV). Mithin seien diese auch zwingend nach dem Gewicht zu kennzeichnen. Es handele sich bei den Kapseln gerade nicht um ein zusammengesetztes Angebot, was eine Ausnahme von dieser Pflichtangabe rechtfertige. Die Grundpreisangabe bezwecke eine Vergleichbarkeit der Preise verschiedener Kaffeekapseln. Es gehe den Verbrauchern nicht um die Preise für die Kapsel und deren Inhalt, sondern um den im Hinblick auf die Gesamtmenge des in den Kapseln enthaltenen Kaffeepulvers zugehörigen Grundpreis.
Bundesgerichtshof kam zu gleichem Ergebnis
Letztlich hatte auch die von der Beklagten gegen diese Beurteilung gerichtete Revision keinen Erfolg.
Der Bundesgerichtshof kam nämlich zu dem Ergebnis, dass das Oberlandesgericht zu Recht einen Verstoß gegen § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV angenommen habe. Das oberste Zivilgericht hielt fest, dass die Anforderungen der Vorschrift vorliegen, welche die Beklagte allerdings nicht eingehalten habe. Dies rechtfertige deren Verurteilung zur Angabe des Grundpreises, das heißt den Preis je 100 Gramm oder je Kilogramm des in den Kapseln enthaltenen Kaffees.
Kapseln sind Fertigpackungen
Zunächst handele es sich bei den angebotenen Kaffeekapseln um Fertigpackungen im Sinne der Norm, so das Gericht. Schließlich werden diese in Abwesenheit des Käufers abgepackt und verschlossen, wobei die Menge des darin enthaltenen Erzeugnisses, also der Kaffee, ohne Öffnen oder merkliche Änderung der Verpackung nicht verändert werden kann.
Angebot erfolgte nach Gewicht
Außerdem habe die Beklagte das Kaffeepulver in den Kaffeekapseln im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV nach Gewicht angeboten (Füllgewicht aller in einer Packung enthaltenen Kapseln), was auch dem unionsrechtlichen Erfordernis entspreche, so der Gerichtshof weiter.
Gemäß der Lebensmittelinformationsverordnung müsse grundsätzlich bei jedem Lebensmittel, wozu auch Kaffeepulver gehört, die Nettofüllmenge nach dem Gewicht angegeben werden. Zwar sei die Angabe der Nettofüllmenge nicht verpflichtend bei Lebensmitteln, die normalerweise nach Stückzahlen in den Verkehr gebracht werden, sofern die Stückzahl nach außen leicht zu sehen und einfach zu zählen oder andernfalls in der Kennzeichnung angegeben ist. Allerdings habe nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofs das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass jene Ausnahmeregelung nur Lebensmittel und damit im Streitfall nur das Kaffeepulver betreffe, nicht hingegen die Kaffeekapseln. Kaffeepulver werde schließlich im Gegensatz zu Kaffeekapseln nicht nach Stückzahlen in den Verkehr gebracht. Es komme infolge dieser speziell geregelten Kennzeichnungspflicht sodann nicht darauf an, ob die fraglichen Erzeugnisse lediglich nach Stückzahl verkauft werden.
Gesamtfüllgewicht, Gesamtpackungszahl und Grundpreisangabe
Vielmehr sei nach Ansicht des obersten Zivilgerichts eine andere Regelung der Lebensmittelinformationsverordnung anwendbar. So sei in Fällen, in denen eine Vorverpackung aus zwei oder mehr Einzelverpackungen besteht, die nicht als Verkaufseinheiten anzusehen sind, die Nettofüllmenge in der Weise anzugeben, dass der Verbraucher die Gesamtnettofüllmenge und die Gesamtzahl der Einzelpackungen wahrnehme. Da die in der Packung (Vorverpackung) enthaltenen Kaffeekapseln (Einzelverpackungen) nicht einzeln angeboten werden würden und deshalb nicht als Verkaufseinheiten anzusehen seien, sei somit das Gesamtfüllgewicht und die Gesamtzahl der Kaffeekapseln anzugeben. Dieser Verpflichtung werde im Streitfall zwar nachgekommen, allerdings reiche dies nicht aus. Die hieran anknüpfende Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV zur Angabe des Grundpreises des Kaffees erfülle die Beklagten nämlich zeitgleich nicht.
§ 9 Abs. 4 Nr. 2 PAngV nicht anwendbar
Ferner kam der Bundesgerichtshof zu dem Ergebnis, dass der Tatbestand des § 9 Abs. 4 Nr. 2 PAngV als Ausnahme zur Pflicht der Grundpreisangabe nicht zum Tragen komme. Dies sei dem Umstand geschuldet, dass es sich bei den Kaffeekapseln nicht um eine Ware, die verschiedenartige nicht miteinander vermischte oder vermengte Erzeugnisse enthält, also kein zusammengesetztes Angebot, handele. Begründen lasse sich dies mit dem gesetzlich verfolgten Zweck der Grundpreisangabe. Es gehe dem Verbraucher um die Vergleichbarkeit der Preise verschiedener Kaffeekapseln und nicht um die Preise für die Kapsel und deren Inhalt. Diese Vergleichbarkeit lasse sich letztendlich aber gerade durch einen auf eine leicht vergleichbare Größe der Verkaufseinheit umgerechneten Preis (je 100 Gramm oder je ein Kilogramm) erzielen.
Tatbestand des § 3a UWG erfüllt
Insgesamt verstoße die Beklagte mithin gegen § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV. Da sich diese Vorschrift als Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG darstelle und der Verstoß gegen die besagte Norm weiterhin auch geeignet sei, die Interessen von Verbrauchern und Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen, sei das Verhalten damit als wettbewerbswidrig einzuordnen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.03.2019, Az. I ZR 85/18
von Sabrina Schmidbaur, Dipl.Jur.-Univ.