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Gewährung einer Garantie erfordert Informationspflichten

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 11.01.2018, Az. 6 U 150/17


Gewährung einer Garantie erfordert Informationspflichten

Mit Urteil vom 11.01.2018, Az. 6 U 150/17 entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main, dass es nicht ausreichend ist, auf einer Verpackung eines Produktes lediglich den Schriftzug „3 Jahre Garantie“ abzudrucken, wenn sich in der Verpackung selbst nicht weitere Hinweise zu der gewährten Garantie befinden oder diese nicht anderweitig mitgeteilt werden. Der Verbraucher werde allein durch die Aufschrift nicht hinreichend über seinen Garantieanspruch aufgeklärt. Es sei für ihn dadurch nämlich nicht erkennbar, wie die Garantieansprüche inhaltlich ausgestaltet seien und an welche Bedingungen sie geknüpft seien.

Verpackung mit Aufschrift „3 Jahre Garantie“
Die Antragstellerin vertreibt Briefkästen mit beleuchteten Hausnummern. Sie behauptete einen Wettbewerbsverstoß einer Herstellerin von Außenleuchten mit Hausnummern (Antragsgegnerin), welche von Baumärkten verkauft wurden. Ihrer Ansicht nach dürfe die Verpackung solcher Produkte nicht mit der Aufschrift „3 Jahre Garantie“ versehen werden, ohne dass in der Verpackung weitere Angaben zu einer solchen Garantie für den Verbraucher zu finden sind. Durch dieses Verhalten werde der Verbraucher nicht hinreichend über einen bestehenden Garantieanspruch informiert. Die Antragstellerin forderte von der Antragsgegnerin mithin es zu unterlassen, solch beschriebene und über den stationären Einzelhandel vertriebene Verpackungen auf den Markt zu bringen.

Oberlandesgericht Frankfurt gab Berufung nur teilweise statt
Das Landgericht Limburg gab dem Antrag der Antragstellerin statt. Die eingelegte Berufung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt änderte das Urteil lediglich in der Hinsicht ab, dass sich das Verbot auf solche Verletzungshandlungen beschränkt, die Außenleuchten mit Hausnummern betreffen. Die Antragstellerin hatte nämlich ursprünglich ein auf Außenleuchten im Allgemeinen bezogenes Verbot angestrebt. Dies habe zur Folge, dass die Antragsgegnerin nun keine Außenleuchten mit Hausnummern mehr über den stationären Einzelhandel vertreiben darf, wenn sich auf deren Umverpackung lediglich die Angabe „3 Jahre Garantie“ befindet, der Verbraucher aber im Weiteren keine weiteren Hinweise auf die Garantie erhält. Anspruchsgrundlage diesbezüglich sei §§ 3, 5a II, 8 III Nr. 1 UWG.

Berufung auf andere Anspruchsgrundlage unschädlich
Zunächst stellte das Oberlandesgericht Frankfurt fest, dass es der hinreichenden Bestimmtheit des von der Antragstellerin formulierten Unterlassungsantrags nicht entgegensteht, dass diese in der Antragsschrift einen Verstoß der Antragsgegnerin gegen § 3a UWG in Verbindung mit § 477 Abs. 1 BGB a.F. anführte und sich nicht auf §§ 3, 5a II UWG berief. Es werde durch den Antrag nämlich deutlich, dass es ihr in der Sache darum geht, der Antragsgegnerin zu untersagen, Außenleuchten in einer Umverpackung mit der lediglich der Aufschrift „3 Jahre Garantie“ zu vertreiben. Es sei berechtigt, das angestrebte Verbot auch auf einen anderen rechtlichen Gesichtspunkt zu stützen, insoweit bestehe Anspruchskonkurrenz.

Verstoß gegen § 5a II UWG
Im Weiteren statuierte das Gericht, dass einem Verbraucher durch die Vorgehensweise der Antragsgegnerin wesentliche Informationen im Sinne von § 5a II UWG vorenthalten werden.
Durch den Verpackungsschriftzug „3 Jahre Garantie“ erwerbe dieser einen Garantieanspruch nach § 443 BGB. Für die Entstehung eines solchen sei es schließlich nicht erforderlich, dass ein expliziter Garantievertrag mit dem Verbraucher geschlossen werden muss. Es genüge vielmehr bereits eine vor oder bei Abschluss eines Kaufvertrages, beispielsweise im Internet „verfügbare“ Erklärung oder einschlägige Werbung, in welcher der Hersteller die fragliche Garantieverpflichtung eingegangen ist.
Für eine sachgerechte Geltendmachung einer solch gewährten Garantie müsse der Verbraucher allerdings wissen, wie die Garantieansprüche inhaltlich ausgestaltet seien und an welche Bedingungen sie geknüpft seien. Mithin bedürfe es hinsichtlich dieser Punkte hinreichender Informationen für den Verbraucher. In Betracht komme hierfür, dass – wie bei technischen Erzeugnissen weitgehend üblich und von Verbrauchern daher auch allgemein erwartet – der Verpackung eine Garantieerklärung in schriftlicher Form beigelegt wird.

Reicht auch Verweis auf Garantieerklärung?
Das Gericht ließ es dahinstehen, ob es zur Erfüllung der Informationspflicht womöglich schon ausreiche, wenn sich auf der Verpackung ein eindeutiger Hinweis befinde, wo – etwa im Internet – die Garantieerklärung eingesehen werden könne. Grund hierfür sei, dass auf den streitgegenständlichen Verpackungen lediglich die allgemeine Internet-Domain der Antragsgegnerin angegeben war. Dieser Umstand allein genüge jedoch nach Ansicht des Gerichts noch nicht.

Konkreter Vertrieb in Baumärkten relevant
Aufgrund der Tatsache, dass die besagten vorenthaltenen Informationen für die Geltendmachung etwaiger Garantieansprüche benötigt werden und solche nachvertraglichen Rechte zu dem Begriff der geschäftlichen Handlung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 9 UWG zählen, könne der Tatbestand des § 5a II UWG abschließend bejaht werden. Das Vorenthalten der Informationen zur Garantie durch die Antragsgegnerin sei damit als unlauteres Verhalten im Hinblick auf den Wettbewerb zu beurteilen.
Das Gericht hob allerdings hervor, dass sich der Verstoß gegen § 5a II UWG nicht zwingend aus der Verpackungsaufmachung selbst, sondern aus den im vorliegenden Fall konkreten Vertrieb im stationären Einzelhandel (Baumarkt) ergibt. Bei einem Online-Vertrieb sei es durchaus denkbar, dass die Umverpackung unverändert verwendet werden kann, wenn dem Käufer die Garantieerklärung bei der Bestellung in anderer Weise – auf Wunsch auch in Textform (vgl. § 477 II BGB a.F.) – zugänglich gemacht werde. Zwar könne auch im Einzelhandel eine solche Mitteilung unabhängig von der Verpackung erfolgen. Allerdings entspreche im Streitfall die Art und Weise, wie die Verpackung einem Verbraucher im Baumarkt präsentiert wurde, dem vorhersehbaren Regelfall. Als Herstellerin hafte die Antragsgegnerin daher als mittelbare Täterin oder Mittäterin.

Antragstellerin kann Anspruch selbst geltend machen
Im Hinblick auf den Streitpunkt der Mitbewerbereigenschaft kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass ein konkretes Wettbewerbsverhältnis insoweit gegeben ist, als der Unterlassungsanspruch gegen den Vertrieb von Außenleuchten mit Hausnummern gerichtet sei. Bezüglich Außenleuchten im Allgemeinen könne hingegen entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht ausgegangen werden. Insgesamt sei die Antragstellerin daher nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG dazu berechtigt, den Unterlassungsanspruch gegen den Vertrieb von Außenleuchten mit Hausnummern mit der beschriebenen Verpackung im Einzelhandel ohne weitere Hinweise zur Garantie geltend zu machen.

Missbrauchsverbot ist abzulehnen
Vom Gericht zu klären galt es zudem, ob der von der Antragsgegnerin erhobene Vorwurf missbräuchlichen Verhaltens gemäß § 8 Abs. 4 UWG berechtigt war. Nach Ansicht der Antragsgegnerin liege ein solcher Missbrauch darin, dass die Antragstellerin ihr Vorgehen jüngst strategisch neu ausgerichtet habe. Hierbei verzichte sie auf eine Vielzahl von Einzelabmahnungen und versuche stattdessen die Antragsgegnerin als Herstellerin auf den wichtigsten Vertriebskanälen am Absatz zu hindern und sie zu einer „Lösegeldzahlung“ zu erpressen. Nach Auffassung des Gerichts könne der erhobene Vorwurf der „Erpressung“ von „Lösegeldzahlungen“ zwar den Tatbestand des § 8 Abs. 4 UWG rechtfertigen. Allerdings setze dies voraus, dass die Antragstellerin zumindest angeboten hat, sich den ihr zustehenden Unterlassungsanspruch „abkaufen zu lassen“. Sie hätte also zu erkennen geben müssen, dass sie gegen eine entsprechende Gegenleistung gewillt ist, das von ihr als unlauter erkannten Verhaltens zu dulden. Hierfür seien allerdings keine Anhaltspunkte erkennbar. Die Formulierungen des Antragstellervertreters würden in dem vorgelegten Schriftwechsel zwischen den Parteien nicht über eine allgemeine Vergleichsbereitschaft hinausgehen. Es sei zu keinem Zeitpunkt erkennbar, dass die Antragstellerin im Falle einer größeren Zahlung bereit war, ihren Angriff gegen das beanstandete Verhalten fallen zu lassen. Die vom Antragsgegner aufgestellte Behauptung, dass das Angebot mündlich unterbreitet wurde, habe dieser nach Meinung des Gerichts nicht glaubhaft machen können.     

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 11.01.2018, Az. 6 U 150/17

von Sabrina Schmidbaur


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