Getrennte Abmahnungen aller Media-Märkte nicht zu beanstanden
Das Oberlandesgericht (OLG) in Brandenburg hat sich mit seinem Urteil vom 29.04.2014 unter dem Az. 6 U 201/12 zu der Frage geäußert, welche Kriterien erfüllt sein müssen, um eine Abmahnung als rechtsmissbräuchlich zu klassifizieren. Rechtsmissbräuchlich sei es nicht, Beteiligte einer Firmengruppe einzeln abzumahnen.
Geklagt hatte ein Verein zur Wahrung gewerblicher Interessen gegen eine Verbundgruppe, die aus über 100 als GmbH betriebenen Einzelhandelsfirmen besteht. Begehrt wird die Unterlassung einer gemeinschaftlichen Werbung und Ersatz von Abmahnkosten.
Die Beklagten haben mit einem Werbeprospekt für eine Waschmaschine geworben und haben dabei ein Testurteil der Stiftung Warentest wiedergegeben. Die Fundstellenangabe wurde dazu nur in einer minimalen Schriftgröße wiedergegeben. Unter der Anzeige waren die Namen und Adressen der insgesamt 16 zur Gruppe gehörenden Firmen genannt, auch die der Beklagten.
Der Kläger mahnte die in der Anzeige genannten Gesellschaften ab, auch die der Beklagten, und forderte diese zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Für jede Zuwiderhandlung sollte eine Strafe in Höhe von 5100 € gezahlt werden, außerdem rund 167 Euro Erstattung der Aufwendungen.
Die Beklagten haben den Anspruch zurückgewiesen.
Der Kläger hat daraufhin Klage vor dem Landgericht Berlin gegen die 10 Beklagten erhoben.
Diese beantragen Klageabweisung und führen aus, der Kläger verfolge sein Anliegen rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), da er von jedem Beklagten eine volle Abmahnpauschale verlange, obwohl nur kopierte wortgleiche Abmahnschreiben versandt wurden. Außerdem habe der Kläger die 16 Teilnehmer der Werbung in zwei verschiedenen Verfügungs- und Klageverfahren in Anspruch genommen. Damit habe er unnötige Kosten verursacht. Er hätte stattdessen eine Gerichtsstandsbestimmung vornehmen lassen können.
Rechtsmissbräuchlich sei es auch, dass die Unterlassungserklärung ein Strafeversprechen auch für nicht schuldhafte Zuwiderhandlung vorsehe und die Erklärung so weit gefasst sei, dass auch andere Verstöße darunter fallen könnten. Auch sei eine Vertragsstrafe von 5100 € völlig überhöht, da die Wettbewerbsverstöße nur geringfügig seien. Der Kläger versuche damit, Ansprüche von bis zu 81600 € zu kreieren.
Das Landgericht verurteilte die Beklagten gemäß klägerischem Antrag und führte zur Begründung aus, dem Kläger stehe der Unterlassungsanspruch sowie der Anspruch auf die Zahlung der Abmahnpauschalen wegen § 12 UWG zu. Denn die Abmahnungen seien nicht rechtsmissbräuchlich. Vielmehr habe der Kläger alle juristischen Personen abmahnen müssen, da er sonst das Risiko hätte eingehen müssen, bei sofortigem Anerkenntnis die Kosten auferlegt zu bekommen. Er könne daher die volle Abmahnpauschale von jedem Abgemahnten verlangen. Ein milderes Mittel als die Abmahnung habe nicht zur Verfügung gestanden. Auch habe der Kläger keine Gerichtsstandsbestimmung anstrengen müssen, da er sich sonst dem Vorwurf hätte ausgesetzt sehen können, dass keine Dringlichkeit vorliege. Vielmehr sei die Rüge der Beklagten rechtsmissbräuchlich.
Gegen das Urteil legten die Beklagten Berufung ein und vertieften ihren Einwand der Rechtsmissbräuchlichkeit.
Die Beklagten seien unselbstständige Filialen, der Kläger hätte eine einzige Abmahnung vornehmen können. Bereits daher sei sein Begehren missbräuchlich.
Doch die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Denn auch das OLG urteilt, dem Kläger stehe der Unterlassungsanspruch und die Abmahnkosten zu.
Der Einwand der Rechtsmissbräuchlichkeit greife nicht durch und führe nicht zur Unzulässigkeit der Klage.
Ein Missbrauch liege dann vor, wenn ein Anspruchsberechtigter mit der Geltendmachung seines Anspruchs vor allem sachfremde und an sich nicht schutzwürdige Interessen verfolgt und diese das vorherrschende Motiv der Prozessführung seien. Diese müssen nicht das einzige Motiv sein. Ausreichend sei es, dass das sachfremde Motiv überwiege. Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Vorgehen können vorliegen, wenn dem Anspruchssteller schonendere Möglichkeiten zur Verfügung gestanden hätten, diese aber nicht nutzt.
Ein Indiz könne auch sein, wenn der Abmahnende überhöhte Abmahnkosten oder Strafen und diese unabhängig von einem Verschulden fordere.
All das lasse sich im streitigen Fall nicht erkennen.
OLG Brandenburg, Urteil vom 29.04.2014, Az. 6 U 201/12