Getarnte Werbung eines Immobilienmaklers
Wer plant, seine Immobilie zu verkaufen und sich dazu Annoncen in einer Tageszeitung anschaut, hat ein Recht darauf, zu erfahren, ob eine Suchannonce von einer Privatperson oder von einem Makler geschaltet worden ist. Das Landgericht Berlin hat am 25.01.2016 zum Aktenzeichen 16 O 38/16 einen Beschluss erlassen, der die Praktik eines Maklers, zunächst als Privatperson zu inserieren und sich erst auf Nachfrage des Kunden hin als Immobilienmakler zu erkennen zu geben, für irreführend und deshalb für wettbewerbswidrig nach den Vorschriften des UWG erklärt. Die Wettbewerbszentrale hatte in der bezeichneten Angelegenheit den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt. Der Beklagte, der als Makler tätig ist, hatte Zeitungsannoncen geschaltet und diese so formuliert, als ob einer seiner Kunden, ein „Orthopäde der Charité“ in Berlin selbstständig für sich und seine Familie eine Villa suchte. Zur Kontaktaufnahme war eine Mobilfunknummer angegeben, die dem Beklagten, der kein Arzt, sondern Immobilienmakler war, gehörte. Über dieses Vorgehen hatten sich Mitbewerber aus der Immobilienwirtschaft bei der Wettbewerbszentrale beschwert.
Private Verkäufer sollten durch die Verschleierung der Maklertätigkeit dazu angeregt werden, den angeblich interessierten privaten Kunden spontan anzurufen. Weil informierte Grundeigentümer wissen, das Maklerverträge formlos und auch durch schlüssiges Verhalten, beispielsweise durch konkrete Anfrage, abgeschlossen werden können und dass Makler grundsätzlich nicht kostenlos arbeiten, sind sie bei von Maklern geschalteten Annoncen eher zurückhaltend. Direkter Kontakt mit einem Kaufinteressenten verspricht dagegen unkostenfreie Vermittlung. Für die Entscheidung des Immobilieneigners, den Inserenten anzurufen, ist es wichtig, ob tatsächlich der im Interesse der eigenen Familie handelnde „Orthopäde aus der Charité“ inseriert hat oder ob es ein gewerblich tätiger Immobilienmakler war, der auf der Suche nach einem für ihn lukrativen Geschäftsabschluss ist. Neben der Gefahr, unbemerkt in rechtliche Verpflichtungen verstrickt zu werden, dürfte auch das eher geringe Ansehen, dass Immobilienmakler zur Zeit in der Gesellschaft genießen, ein Grund dafür sein, dass Interessenten lieber mit den Kaufinteressierten selbst in Kontakt treten wollen als mit einem gewerbsmäßig tätigen Makler. Gerade in den als eher konservativ einzuschätzenden Bereichen der Gesellschaft, in denen sich die Mehrzahl der Villeneigentümer vermutlich bewegt, dürfte einem hochspezialisierten Arzt mehr Hochachtung entgegengebracht werden als einem Immobilienmakler, der Villen für seine Kundschaft sucht.. Unterstrichen wird die besondere gesellschaftliche Stellung des in der Annonce erwähnten Arztes noch dadurch, dass er an einem traditionsreichen Krankenhaus mit bestem internationalen Ruf tätig ist.
Die Voraussetzungen des § 5 Absatz 1 Satz 1 UWG können also dadurch erfüllt werden, dass ein Makler seine Annoncen in einem fremden Namen veröffentlicht, um seine Beteiligung zunächst zu verdecken und von dem besonderen Vertrauensvorschuss zu profitieren, die dem vorgeschobenen Inserenten entgegengebracht wird. Hat der Kaufinteressent erst einmal die Handynummer des Maklers gewählt und ist er mit ihm oder einem seiner Mitarbeiter verbunden, fällt es dem möglichen Kunden schwerer, das Gespräch zu beenden, ohne nähere Informationen über das möglicherweise abzugebende Objekt zu hinterlassen. Der Villeneigentümer befindet sich in einer psychischen Drucksituation, die der Anspannung des durch den Anreiz eines „Lockvogelangebots“ zum Betreten eines Geschäfts veranlassten Verbrauchers entspricht. Gerade Menschen, die Wert auf Erziehung und kultiviertes Benehmen legen, tun sich schwer damit, einen solchen Kontakt schnell und unmissverständlich wieder abzubrechen. Das gilt auch dann, wenn der Kontakt durch das Vorspiegeln falscher Tatsachen erst möglich gemacht worden ist. Der Ärger kommt häufig erst nach dem Gespräch und entlädt sich dem nächsten Immobilienmakler gegenüber, der ehrlich annonciert. Eigentümer von Villengrundstücken könnten sich dazu veranlasst fühlen, dem Makler, der plötzlich und unerwartet am Telefon ist, konkrete Erläuterungen dazu zu geben, unter welchen Umständen sie zu einem Verkauf bereit wären. Makler, die ordnungsgemäß im eigenen Namen inserieren und ihre Berufsbezeichnung sowie ihre Kontaktdaten vollständig angeben, werden durch die wettbewerbswidrigen Handlungen der verdeckt inserierten Berufskollegen geschäftlich benachteiligt.
LG Berlin, Beschluss vom 25.01.2016, Az. 16 O 38/16